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Eine hohe Latte
Verhandlungsstrategisch dürfte sich die Führung der Volkspartei eher ungeschickt verhalten haben, als sie vor wenigen Monaten die parlamentarische Zustimmung der Partei zum (Interims-)Abkommen mit der EWG vom Regierungs-Akzept eines Acht-Punkte-Begleitprogramms der ÖVP abhängig machte. Das Entweder-Oder war nicht ernst zu nehmen, da doch jeder wußte, daß ein ÖVP-Nein aus vielen und guten Gründen nicht zur Debatte stand.
Verhandlungsstrategisch dürfte sich die Führung der Volkspartei eher ungeschickt verhalten haben, als sie vor wenigen Monaten die parlamentarische Zustimmung der Partei zum (Interims-)Abkommen mit der EWG vom Regierungs-Akzept eines Acht-Punkte-Begleitprogramms der ÖVP abhängig machte. Das Entweder-Oder war nicht ernst zu nehmen, da doch jeder wußte, daß ein ÖVP-Nein aus vielen und guten Gründen nicht zur Debatte stand.
Ernst zu nehmen aber sind die Forderungen, die die ÖVP im Interesse einer kontinuierlichen Entwicklung der gewerblichen Industrie, der Landwirtschaft und des Arbeitsmarktes erhebt: steuerliche Begünstigungen von Investitionen im In-und Ausland, Ausbau und Verlängerung des Strukturverbesserungsgesetzes, eine höhere Dotation der Arbeitsmarktförderung, die Förderung von landwirtschaftlichen Verarbeitungsbetrieben aus den Importabschöpfungen sowie die mehrjährige Verlängerung der Wirtschafts-lenkungsgesetze.
Noch vor der Schlußrunde der Parteienverhandlungen hatte EWG-Verhandler Minister Staribacher sieben der acht von der ÖVP (Doktor Schleinzer hatte sich vor Verhandlungsbeginn Rückendeckung von FPÖ-Obmann Peter geholt) geforderten Bedingungen in einem durchaus akzeptablen Ausmaß zugestimmt. Dabei dürfte die Regierung erkannt haben, daß es hier nicht um ein politisches Junktim geht, sondern einfach darum, die Chancen der wirtschaftlichen Integration in den EWG-Raum optimal abzusichern. Dafür durfte sie von Dr. Schleinzer das Lob kassieren, „verantwortungsbewußt“ zu handeln, was freilich die Frage aufwirft, ob eine Regierung denn wirklich dann schon verantwortungsbewußt ist, wenn sie von der Wirtschaft formulierte und von der ÖVP vertretene notwendige Bedingungen einer Integration in einem größeren Wirtschaftsraum akzeptiert. Offenbar hat die von der SPÖ gestellte Bundesregierung schon sowenig Kredit in Fragen der Wirtschaftspolitik, daß schon Freude ausbricht, wenn sie Normalhandlungen setzt. Es ist dies eine Seite dei Parteienverhandlungen über die Zustimmung zum Abkommen mit dei EWG, die in der allgemeinen Freud der ÖVP und ihrer Spitze, siel „durchgesetzt“ zu haben, leidei untergehen dürfte, wo sie doch eir so bezeichnendes Licht auf die Arl und Weise, wie hier politische Parteien ökonomische Fragen behandeln, wirft.
Was geschieht mit den Zolleinnahmen?
Ein für die Volkspartei aus interessenpolitischen Erwägungen äußersl wichtiger Punkt, die Frage der Verwendung der Zollbelastung agrarischer Produkte, harrt noch auf die Zustimmung durch die Regierungspartei. Die ÖVP besteht auf einer EWG-konformen Lösung dieser Frage, das heißt, sie verlangt, der Staat müßte die Zolleinnahmen aus diesem Titel für die Förderung vor Verarbeitungsbetrieben landwirtschaftlicher Erzeugnisse verwenden Finanzminister Androsch und Handelsminister Staribacher hingegen wollen diese Abschöpfungsbeträge nur dann EWG-konform ausschütten, wenn dadurch eine Krise in den Verarbeitungsbetrieben landwirtschaftlicher Erzeugnisse verhindert werden kann. Dabei will er definieren, was eine Krise ist, und zudem glaubhaft machen, daß seine und die Pntpnz der Finanz- und Wirtschaftsverwaltung ausreicht, Krisen rechtzeitig zu erkennen und im letzten Moment vorbeugend einzugreifen. Gewiß, die Landwirtschaft ist ein Bereich, wo der Interventionismus dominiert, das aber auf die Spitze zu treiben, wie das die Regierung offenbar beabsichtigt, kann nun wieder auch nicht im Sinne einer vernünftigen Strukturpolitik, von der Regierungsvertreter so gerne schwärmen, liegen.
Die Sachlage transparent zu machen, wäre eine dankbare Aufgabe der ÖVP-Publizistik. Doch die widmet sich offenbar anderen Dingen. Das mag zwar auch wünschenswert sein, hängt aber doch wiederum genau damit zusammen, daß man nun schon selbst bei berechtigten Forderungen der Volkspartei den Eindruck hat, sie wolle die Latte zur Zustimmung zum EWG-Vertrag besonders hoch legen, wo es doch nur darum geht, vernünftige Begleitmaßnahmen, denen sich selbst die SPÖ-Regierung nicht ganz verschließen kann, zu fordern und im Interesse der österreichischen Wirtschaft auch durchzusetzen.
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