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Energiesparen - aber wie?

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In den USA setzt Präsident Carter sein ganzes Prestige aufs Spiel, um sein Energiesparprogramm durchzusetzen, denn er weiß, daß ohne Reduktion des Energieverbrauchs eine nachhaltige Sanierung der amerikanischen Wirtschaft unmöglich ist. Auch Österreich hat - in entsprechend modifizierten Dimensionen - sein Energieproblem, von dessen Lösung unsere Zukunft in vielleicht noch höherem Maße abhängt als diejenige der USA.

Bundeskanzler Bruno Kreisky -energisch und entschlußfreudig wie immer - hat die Sache in die Hand genommen und beglückt uns mit der Installierung einer Energieverwertungsagentur, also mit neuen Schreibtischen und neuem Papierverschleiß. Dabei ist das Daß und Wie des Energiesparens längst bekannt, es existiert seit Jahren ein Energiebeirat im Handelsministerium, welcher zum Teil sehr vernünftige und praktikable Vorschläge gemacht hat. Woran es mangelt, ist deren Realisierung, deren praktische politische Durchsetzung.

Um diese Aufgabe drückt sich aber die Regierung ebenso wie um eine definitive Entscheidung in Sachen Atomkraftwerk Zwentendorf. Als Alibi wird eine neue Organisation geboten. Aber der gelernte Österreicher ist es bereits zu gewohnt, daß bei unssiehe „Zehnjahresinvestitionspro-gramm“ als neuester Streich — mit Absichtserklärungen, Installierung neuer Entscheidungsgremien (deren Zweck es ist, die Entscheidung zu vertagen) und vagen oder unrealistischen Programmen Probleme „gelöst“ werden.

Dabei fehlt es nicht an konkreten Energiesparmöglichkeiten - allerdings auch nicht an Pressure-Groups, welche diese konterkarieren. Sicherlich kann durch Sparen allein das Energieproblem nicht gelöst werden, aber ohne Sparen ist es garantiert unlösbar.

Die größte Position in der Energieverbrauchsbilanz stellt nicht - wie man vielleicht glauben sollte - die Wirtschaft dar, die nur 37 Prozent der verwertbaren Energie beansprucht, sondern sie wird von den Haushalten mit 43 Prozent des Energieverbrauchs gebildet. Dabei sind hier die Energieverluste - die Energieverschwendung noch nicht mit eingerechnet - mit über 50 Prozent der eingesetzten Energiemenge besonders hoch.

Es kommt daher auf die Sparsamkeit von jedem einzelnen von uns an, wobei sich vielfach minimale Einsparungen summieren und die Energiebilanz in relevanter Weise entlasten könnten. Naturgemäß muß der individuelle Verbraucher auch zum Energiesparen motiviert werden; es müssen die Voraussetzungen für einen sparsamen Konsum geschaffen werden. |

• Problem Nummer 1: Die ungenügende Wärmeisolierung in den Häusern, wobei die Situation in den Neubauten noch entschieden schlechter als in den Altbauten ist. Zumindest für künftige Bauten müßte daher durch entsprechende Änderungen der önormen die Verpflichtung zu ausreichender Wärmeisolierung fixiert werden. Diese Notwendigkeit ist längst bekannt, geschehen ist nichts. Die -zumeist regierungsnahen - „gemeinnützigen“ Wohnbaugenossenschaften opponieren: Sie wollen mit einer möglichst großen Bauleistung brillieren und sie scheuen daher die - per saldo nicht einmal besonders hohen - Mehrkosten für Isolierungen. Daß sich diese durch Reduktion der Heizkosten

für den Wohnungserwerber binnen kurzer Zeit amortisieren würden, ist den „Baulöwen“ offenbar gleichgültig.

• Nachträgliche Isolierungen sind schwieriger und kostspieliger, aber durchaus möglich. Allerdings fehlt es häufig an entsprechenden Angeboten seitens der Produzenten - beispielsweise was wirklich gut isolierende Fenster zu erschwinglichen Preisen betrifft.

• Enorme Verschwendungsimpulse gehen auch von der pauschalen, an der Wohnungsgröße orientierten Verrechnung der Heizkosten in zentralbeheizten Gebäuden aus. Hier könnte durch wohnungsindividuelle Meßapparate, ' welche den effektiven Verbrauch des einzelnen Mieters feststellen, eine starke Motivierung zur Sparsamkeit geschaffen werden.

• Bei Etagenheizungen führt häufig die Uberdimensionierung von Heizkörpern und das Fehlen von Thermostaten zur Energieverschwendung.

• Zentrales Anliegen ist aber eine radikale Reform der Tarifgestaltung bei Strom und Gas. Das gegenwärtige System etwa bei den E-Werken - relativ hohe Grundpreise und relativ niedrige Arbeitspreise - provoziert geradezu Verschwendung. Abschaffung der Grundpreise und ein progressiver Tarif, der den Mehrverbrauch in graduell zunehmender Form stärker belastet als den Normverbrauch ist daher primäre Voraussetzung für jedes Energiesparprogramm. Gerade hier zögert aber die Regierung, und auch die Opposition sucht anscheinend auf diesem dafür vollkommen ungeeigneten Gebiet durch negative Einstellung zur Tarifprogression offenbar Popularitätspluspunkte sammeln zu wollen. • Hauptsächlicher Einwand: Die Besitzer energieverbrauchender Haushaltsinstallationen - von der Dusche bis zur Geschirrspülmaschine - würden durch den progressiven Tarif für ihre Anschaffung „bestraft“. Berechtigt ist dieser Einwand nur in bezug auf Gas- und Elektroheizungen. Hier könnte durch an der Wohnungsgröße orientierte Kontingente, welche eine normale Raumtemperatur ermöglichen, Abhilfe geschaffen werden.

Bei allen übrigen Installationen soll ja gerade der progressive Tarif zum überlegten und sinnvollen Einsatz motivieren. Denn Haushaltsgeräte sind ja nicht nur dann nützlich, wenn man sie konstant im Ubermaß beansprucht, sondern erst recht, wenn man sie maßvoll gebraucht. Progressive Tarife wären jedenfalls die sozialste Lösung, weil sie eine billige Basisversorgung garantieren und in gezielter Form die -zumeist gedankenlose - Verschwendung verteuern würden.

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