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Enqueten ohne Resultat

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Einer der Hauptgründe der SPÖ für die Entscheidung, erst im Herbst zu wählen, war, man möge das Parlament in einer zur Gänze auslaufenden Legislaturperiode in die Lage versetzen, die in großer Zahl vorliegenden Gesetze zu bearbeiten und zu verabschieden. Unter dieser Vielzahl von Gesetzesentwürfen fehlt jedoch ein Vorschlag, nämlich ein Gesetz für Maßnahmen zur Förderung des österreichischen Films.

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Einer der Hauptgründe der SPÖ für die Entscheidung, erst im Herbst zu wählen, war, man möge das Parlament in einer zur Gänze auslaufenden Legislaturperiode in die Lage versetzen, die in großer Zahl vorliegenden Gesetze zu bearbeiten und zu verabschieden. Unter dieser Vielzahl von Gesetzesentwürfen fehlt jedoch ein Vorschlag, nämlich ein Gesetz für Maßnahmen zur Förderung des österreichischen Films.

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Mit 342 neuen Filmen im Jahr 1974 liefen in Österreich erstmals wieder mehr Filme als in den vorangegangenen Jahren an (die Höchstzahl wurde 1960 mit 523 erreicht), was unschwer darauf schließen läßt, daß in der Welt mehr Filme produziert werden. Seit zwei Jahren kommen aus den USA und seit etwa einem Jahr aus England, Frankreich, Italien und der BRD Zahlen, wonach der bis dahin sich abflachende Kinobesuch wieder eine ganz leicht steigende Tendenz aufweist. Nach dem Besuchertiefstand von 24 Millionen im Jahr 1973 konnte man auch für Österreich seither ein leichtes Ansteigen verzeichnen: eine Schätzung spricht von 5 Prozent. Hier muß man allerdings auch die Anzahl der Lichtspieltheater miteinander vergleichen: diese betrug 1960 1283 und 1973 nur noch 700.

Die Bundesländer haben in etwas unterschiedlicher Form in ihrer Mehrheit für prädikatisierte Filme eine Vergnügungssteuerermäßigung gewährt. 1974 wurden von den insgesamt 342 Langfilmen 109 zur Prä- dikatisterung eingereicht, von denen 22 das Prädikat „Besonders wertvoll“, 28 „Wertvoll“ und 27 „Sehens wert“ erhielten. Dies sind 22,5 Prozent des Gesamtangebots; es ragt also rund ein Viertel der in Österreich erstaufgef ührten Filme über den Durchschnitt hinaus.

Schon in der Koalitionszeit, verstärkt während der öVP-All einregie- rung, ging es um die Schaffung eines Filmförderungsgesetzes, weil der österreichische Film etwa mit Beginn der sechziger Jahre immer mehr, auf dem Weltmarkt zurück- gedrängt wurde. Die konkurrierenden Länder hatten zum Teil sehr weitgehende Förderungsmaßnahmen für ihre einheimischen Filme getroffen und konnten Filme günstiger anbieten.

In den letzten Jahren waren etwaige österreichische Produktionen reine Zufallstreffer, die zum Teil im Auftrag des Fernsehens oder mit dessen Mitfinanzierung oder in Koproduktion mit Deutschland entstanden. Manche von diesen liefen überhaupt nur kurzfristig in einem Lichtspieltheater, um die Berechtigung für die Teilnahme an einem internationalen Filmfestival zu erhalten.

Wurde also in den Jahren vor 1970 von der Notwendigkeit einer

Förderung des österreichischen Films zum Zweck der Konkurrenzfähigkeit auf dem Markt nur gesprochen, so sagte erstmals Bundeskanzler Kreisky in der Erklärung der Minderheitsregierung von 1970, man werde ein solches Gesetz schaffen. Da er in der Regierungserklärung im Herbst des nächsten Jahres, als die SPÖ die absolute Mehrheit erhielt, ein Filmförderungsgesetz nicht gesondert erwähnte, wurde bei ihm vom Fachverband der Filmindustrie angefragt und er antwortete umgehend mit der schriftlichen Zusage, dieses Versprechen gelte und ein Filmförderungsgesetz werde in der laufenden Legislaturperiode beschlossen werden.

Bis heute liegt kein Entwurf vor. Die Entwicklung kann als durchaus österreichisch bezeichnet weiden. Im Herbst 1971 nahmen das Handelsund das Unterrichtsministerium mit Einzelpersonen und Organisationen die Verhandlungen auf; parallel dazu lief ein Auftrag an die Filmbeauftragten der verstaatlichten Banken, ebenfalls einen Entwurf auszuarbeiten. Letzterer lag im Jänner 1972 vor.

Das Unterrichtsministerium veranstaltete am 22. März 1972 eine Filmenquete mit allen Beteiligten aus allen Sparten der Fümwirtschaft und Filmkunst und legte dort einen bedauerlicherweise unbrauchbaren Gesetzentwurf vor. Diese Beratung endete mit der Zusage von Minister Sinowatz, spätestens im Herbst desselben Jahres eine neue Enquete abzuhalten, der ein Gesetzentwurf varzuliegen habe, der zwischen den beiden Ressortministerien abzustimmen wäre.

Es fand seither keine Enquete mehr statt. Im Sommer 1973 verzichtete aus offiziell nicht bekanntgewordenen Gründen das Handelsministerium plötzlich auf eine weitere Mitarbeit, und das Unterrichtsministerium entschloß sich bald darauf, durch die Schaffung einer Filmjury, zu einer „objektiveren Vergabe“ der im Budget geringfügig aufgestockten Mittel der Filmförderung. Hiebei konnte es sich selbstverständlich nur um die Unterstützung für kulturell wertvolle Streifen handeln, nicht jedoch — wie in allen westeuropäischen Staaten —

um Maßnahmen zur Ankurbelung der Fümwirtschaft.

Just in diesem Zeitpunkt kommt aus Brüssel die Meldung, daß die EG-Film verbände auf Anregung Frankreichs — nachdem es bereits fünf vereinbarte EG-Filmartikel gibt

— beabsichtigten, ein Euro-Film- sekretariat zu gründen. Es gab vor Jahren noch Fachleute, die hofften, daß — wenn man in Österreich kein Filmförderungsgesetz zustande bringe — man eines Tages ein solches von Brüssel diktiert erhalten werde. Da Österreich als assoziiertes Mitglied

— wie etwa die Gegebenheiten auf dem Agrarmarkt zeigen — alle Nachteile im Export zu tragen hat, ohne in den Genuß der Vorteile der Gemeinschaft zu kommen, dürfte es sich auch hier um ein Wunschdenken handeln.

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