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Für atomfreies Österreich

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In der Woche vom 3. bis 10. November 1980 wird unser Anti-Atomvolksbegehren für die Verschärfung des Atomsperrgesetzes und den Umbau von Zwentendorf zur Unterschrift aufliegen.

Mehr „direkte Demokratie" in Österreich? Im Gegenteil! Eine Verhöhnung der „direkten Demokratie", eine Frotzelei des Volkes, ein Wortbruch am Wähler, dem Herr Bundeskanzler Kreisky vor den Nationalratswahlen am 6. Mai 1979 die Verankerung des Atomsperrgesetzes mit parlamentarischer Zweidrittelmehrheit plus zusätzlicher Volksabstimmung versprochen hat.

Gibt es neue Fakten, die eine Aufhebung des Atomsperrgesetzes, das Atomkraftwerke in Österreich generell verbietet, rechtfertigen? Im Gegenteil! Die Reaktorkatastrophe von Harrisburg hat die Gefährlichkeit und Störanfälligkeit dieser Technologie eindringlich unter Beweis gestellt. Wie stünde es um die Bevölkerung von Wien, wenn die Millionen Liter hochradioaktiv verseuchten Wassers, die von Three Mile Island den Susquehana River hinabgeflossen sind, von Zwentendorf do-nauabwärts nach Wien geflossen wären?

Kann ein Bundeskanzler, ein Gewerkschaftsbundpräsident, können Minister oder Abgeordnete „die Sicherheit" von Atomkraftwerken „garantieren"? Können sie Materialermüdung, technische Pannen, Risse im Kühlsystem, menschliches Versagen für immer verhindern? Wird ein erdbebengefährdeter Standort jemals erdbebensicher?

Wurden für den Ernstfall eines Supergau unterirdische Schutzräume für die Bevölkerung angelegt, Alarmpläne und Evakuierungskonzepte ausgearbeitet? Wurde die Frage der Atommüllendlagerung geklärt, die Frage potentieller degenerativer Erbschäden für kommende Generation durch die radioaktive Kontaminationder Biosphäre, das erhöhte Krebs- und Leukämierisiko für Kinder durch die Anreicherung von Strontium 90, Jod 131 und Plutonium in Gras und Gemüse, in der Milch und im Fleisch der Tiere?

Im Gegenteil - die Skepsis der Ärzte und Wissenschaftler, die Proteste der Bevölkerung nehmen zu! „Zwentendorf ist das sicherste (?) Kernkraftwerk der Welt?" sagen Herr Bundeskanzler Kreisky und Herr Präsident Benya. Gerade der Krieg zwischen dem Irak und dem Iran und das Bombardement des Atomforschungszentrums von Bagdad, der blutige Terroranschlag von München beweisen das Gegenteil! '

Übrigens ist unsere Forderung naclv einer Umrüstung von Zwentendorf, die ja bekanntlich vor der Volksabstimmung vom 5. November auch die Volkspartei auf ihren Plakaten propagiert hatte, sogar nach Aussage von Verbund-Generaldirektor Fremuth „die technologisch und ökonomisch günstigste Lösung", da die von ihm in Auftrag gegebene und im Februar dieses Jahres vorgelegte Siemens-Studie die Kosten bei einer Umrüstung auf ein Erdgaskraftwerk auf nur 2—2Vi Milliarden Schilling beziffert, während bekanntlich die Kosten für die Wiederaufbereitung der ausgebrannten Brennelemente und die - technologisch international noch ungelöste Atommüllendlagerung rund 7 Milliarden betragen.

Die Umrüstung auf ein Erdgaskraftwerk wäre auch die ökologisch optimalste Lösung, da es kaum schädliche Emissionen gibt. Abgesehen von der Umweltfreundlichkeit dieses Projekts ließe sich auch die energiepolitische Ostabhängigkeit Österreichs reduzieren, da - laut Generaldirektor Bauer -bei Tiefenbohrungen der ÖMV in 7500 m Tiefe bei Zistersdorf neue, ergiebige Erdgaslager entdeckt wurden, die von Archäologen in aller Welt unter erdölführenden Schichten nachgewiesen werden.

Prof. Thomas Gold von der Universität von Itaka in Maine (USA) vertritt sogar die Ansicht, daß bei der Entstehung der Erde in großen Tiefen von 5 bis 10 km Methangas eingeschlossen wurde, vor allem an den Flanken der Alpen und anderer großer Gebirge. Diese Woche wurden übrigens auch neue riesige Erdgaslager in Norwegen bei Bergen entdeckt, die nach Meinung der Experten bis zu 1 Vi Millionen km3 Erdgas täglich liefern können.

Und was unser Handelsbilanzpassi-vum betrifft, müssen wir Uran genauso importieren wie Erdöl, und auch die Wiederaufbereitung und Atommüllendlagerung erfolgen im Ausland. Das heißt, daß Atomkraftwerke keineswegs eine Entlastung für unser Handelsbilanzdefizit bedeuten. Daher aus ethischen, humanökologischen, volkswirtschaftlichen Überlegungen mein Aufruf, das Anti-Atomvolksbegehren zu unterschreiben.

Dr. Elisabeth Schmitz ist Bundesvorsitzende der Katastrophenhilfe Österreichischer Frauen

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