6872366-1978_29_09.jpg
Digital In Arbeit

Gerechtigkeit - Wächter gegen Kommunismus

Werbung
Werbung
Werbung

Anläßlich der neuen Welle von Verhaftungen junger Katholiken in Südafrika hat die südafrikanische ,;; Bischofskonferenz den Inhalt einest offenen Briefes an Premier-Minister J. B. Vorster veröffentlicht. Darin heißt es: ' *

Wieder und wieder haben wir zusammen mit anderen gesellschaftlichen Kräften unsere Bestürzung über die Härte der Maßregelungen Gefangener im Namen von Recht und Ordnung zum Ausdruck gebracht. Die Weiterführung einer solchen Politik hat uns besonders hart in den vergangenen Wochen durch die Verhaftung ohne Verhandlung so vieler junger Mitglieder unserer Kirche getroffen. Sie sind uns wegen ihrer Treue zu den entscheidenden christlichen Idealen besonders wert. Wir beziehen uns auf die Leiter der jungen christlichen Arbeiter und Studenten.

Diese jungen Leute gehören zu einer weltweiten Bewegung, die eine der bedeutendsten religiösen Entwicklungen des vergangenen halben Jahrhunderts darstellt Ihre Art, Jungen und Mädchen, junge Männer und Frauen entsprechend ihrem wirtschaftlichen Milieu und ihrem Beruf bei der Entdeckung ihrer christlichen Berufung zusammenzuführen und ihr Weg, soziale Probleme unter dem Licht von Gottes Wort in der Bibel anzugehen, stellen eine der großen kreativen Erneuerungen in der modernen Religionsgeschichte dar.

Dies läßt die jungen Menschen ganz praktisch verstehen, daß das göttliche Gesetz der Nächstenliebe nicht nur das individuelle und häusliche Verhalten, sondern darüber hinaus auch die viel schwierigeren Probleme der sozialen und politischen Beziehungen durchdringen muß. Eine Religion, die auf diesen Gebieten keinen Kodex moralischen Verhaltens vorgäbe, wäre wahrhaft eine arme Religion. Die jungen christlichen Arbeiter sind weltweit bekannt für ihre Hingabe an die Sache der Gerechtigkeit innerhalb sozialer Gruppen und zwischen einzelnen sozialen Gruppen.

Herr Premierminister, Sie sind sehr besorgt über die Bedrohung durch den Kommunismus. Das beste Gegenmittel gegen den Kommunismus aber ist nicht Unterdrückung, sondern Gerechtigkeit. Deshalb gehören diese jungen christlichen Arbeiter zu Ihren besten Verbündeten. Dies kann man

jedoch nicht begreifen, solange der Irrglaube andauert, jedes Bestreben, die soziale und politische Lage der Schwarzen in Südafrika zu ve.fjjessej*i, sei mit Kommunismus gleichzusetzen.

Sie wissen, in welchen Zustand der Unterwerfung die schwarze Bevölkerung Südafrikas durch Eroberung, durch Kolonialpolitik, durch Absonderung und Apartheid gezwungen wurde. Als Afrikaander wissen Sie aus der Geschichte ihres eigenen Volkes, wie peinigend eine fremde Herrschaft für ein Volk mit dem Gefühl für Würde und Selbstachtung sein kann. Nach Anerkennung, Freiheit und Gleichheit zu hungern, bedeutet nicht Kommunismus. Im Gegenteil: Solche Attribute sind beste Wächter gegen den Kommunismus. Es ist eine heilige menschliche Pflicht, dafür zu sorgen, daß jedermann an ihnen teilhaben kann, und es ist das Merkmal wahrer Religion, das Bemühen dafür zu segnen. /

Nochmals setzen wir uns dafür ein, daß Sie die Härte ihrer Politik, mit der sich unser Land schon viel zu lange eingelassen hat, überdenken. Wir appellieren an Sie im Namen des christlichen Glaubens, den wir mit Ihnen teilen, über die sozialen und politischen Dimensionen des Gottesgesetzes der Liebe nachzudenken. Vergessen Sie nicht, daß Christus, als er eine erregende Illustration dieses Gesetzes geben wollte, eine Situation wählte, bei der eine ethnische Grenze überschritten werden mußte, indem er das Gleichnis vom guten Samariter erzählte.

Herr Premierminister, wir setzen uns dafür ein, daß Sie die kompromißlose Politik aufgeben, die Südafrika weltweit einen so unglücklichen Namen eingebracht hat Wir setzen uns dafür ein, daß Sie die jungen christlichen Arbeiter freilassen ebenso wie alle anderen, die ohne Verfahren festgenommen wurden. Da es keine normale Gerichtsbarkeit gibt, müssen wir annehmen, daß das einzige Verbrechen, dessen man die jungen christlichen Arbeiter anklagen kann, dasjenige ist, daß sie Arbeiter auf die minimalen Rechte hingewiesen haben, die sie nach den Paragraphen der jetzigen südafrikanischen Gesetzgebung haben.

Deshalb appellieren wir an Sie, diese Leute entweder vor einem Gericht anzuklagen oder sie im Namen der christlichen Gerechtigkeit freizulassen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung