Ich hoffe, also bin ich
Über Zuversicht, die aus dem Glauben schöpft.
Über Zuversicht, die aus dem Glauben schöpft.
Der Koran setzt die Hoffnungslosigkeit mit einer Haltung der Gottferne (15:56) gleich. Denn wer an Gott glaubt, findet immer einen Grund, auf einen guten Ausgang zu hoffen. Alle Prophetenerzählungen des Korans verlaufen nach demselben Muster: Sie alle gerieten in aussichtslose Situationen (zum Beispiel stand Moses vor dem Meer und drohte zu ertrinken, Abrahams Gegner wollten ihn im Feuer verbrennen), sie alle haben viel Leid über sich ergehen lassen. Aber am Ende standen sie mit erhobenem Haupt in Dankbarkeit dafür, dass sie die Hoffnung auf ein gutes Ende nie aufgaben.
Als Corona uns vor etwa drei Jahren überfallsartig aus dem Konzept brachte, dachte ich, dies sei nur eine vorübergehende Ausnahmesituation und bald würde die Normalität zurückkehren. Kurz darauf entflammte der Krieg in der Ukraine mit vielen politischen wie wirtschaftlichen und vor allem sicherheitspolitischen Risiken, unter denen wir bis heute leiden. Und als wäre dies nicht genug, wachten wir am 7. Oktober mit der erschütternden Nachricht von Hamas-Terroranschlägen gegen Israel auf.
Immer wieder höre ich Menschen in meinem Bekanntenkreis, wie sie resigniert vom Weltuntergang sprechen. Der Islam, wie ich ihn verstehe, lädt jedoch dazu ein, immer nach einem Grund zur Hoffnung zu suchen. Hoffnung bedeutet, es lohnt sich immer, Ja zum Leben, Ja zum Wandel zu mehr Humanität und Menschenfreundlichkeit zu sagen. Hoffnung ist somit mit dem Auftrag an sich selbst verbunden, aufzustehen und einen Beitrag zum Wandel zu leisten. Diese Schicksalsschläge klopfen offensichtlich an unsere Türe und rufen uns zu mehr gemeinschaftlicher Verantwortung und Solidarität auf. Es gilt: Unsere Welt ändert sich nicht von allein. Religionen rufen gerade dazu auf, an sich selbst als Ebenbild Gottes, oder islamisch gesprochen: als Kalifen, zu glauben und entsprechend in der Welt zu agieren.
Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!