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Information und dann Entscheidung
Aus welchen Gründen auch immer, die Arbeitslosigkeit trifft heute zu einem großen Anteil Jugendliche, zu einem erheblichen Teil Schulabgänger. Auch Hochschulabsolventen sind davon nicht verschont, auch wenn die Akademiker noch vergleichsweise weniger betroffen sind. Unter diesen Umständen steigt der Bedarf an Information über die Entwicklung des Akademikerarbeitsmarktes.
Dem zunehmenden Informationsbedarf steht allerdings ein nicht ebenso zunehmender Informationsstand gegenüber. Es gibt nicht einen Akademikerarbeitsmarkt, sondern viele. An den österreichischen Universitäten sind mehr als 100 Studienrichtungen eingerichtet, die wiederum zu einer großen Zahl von kleinen Teilarbeitsmärkten führen; es war auch früher schon schwer möglich, für diese Vielzahl von kleinen Arbeitsmärkten verläßliche Informationen über die gerade aktuelle Arbeitsmarktsituation zu erhalten. Das war angesichts der generellen Knappheit an Akademikern und der wirtschaftlichen Situation lange kein ernsthaftes Problem. Jetzt ist es eins.
In dieser Situation sind zwei problematische Informationsstrategien zu beobachten. Die eine ignoriert den beschriebenen Tatbestand. Die andere entsteht aus einer Haltung der Resignation. Ein Hochschulstudium wird auf
Bildung reduziert, die Berufsdimension eines Studiums wird vernachlässigt. Man studiert oder empfiehlt ein Studium unter dem Motto „Man kann nie genug Bildung haben".
Beide Fehlhaltungen sind ziemlich verbreitet. Die erste versucht, eine Scheinsicherheit durch Pseudoinformationen herzustellen. Typisch für diese Haltung ist die Suche nach dem „Geheimtip" oder nach einem hochrangigen Informanten. Es wird einem leicht gemacht, diese Haltung zu realisieren, weil sich immer jemand findet, der bereit ist, zur Bestätigung seiner Vorurteile (gegen Juristen, Soziologen, Ärzte usw.) oder zur Bestätigung seiner Autorität, einem anderen Entscheidungen abzunehmen, oder für alles und jedes eine letzten Endes nichtssagende Formel bereit hat, wie z. B. „Gute Betriebswirte kann man immer brauchen" oder „Der Tüchtige setzt sich immer durch".
Zwischen Pseudoinformation und Resignation gibt es den vernünftigen Mittelweg des rationalen Umgangs mit Informationen. Zum rationalen Umgang mit unsicheren Informationen gehört die Kenntnis der eigenen Risikobereitschaft, und inwieweit man ein Risiko auch eingehen kann, ob man z. B. von der Familie im Notfall „aufgefangen" wird. Um die objektive Komponente des Risikos einschätzen zu können, muß man in etwa wissen, inwieweit eine Studienentscheidung bereits beruflich festlegt. Es gibt große Unterschiede. Viele Studienrichtungen eröffnen ein breites Spektrum an Berufen, andere sind eine Art Einbahnstraße und deswegen bei einer unsicheren Arbeitsmarktsituation erheblich risikobehafteter. Sich Möglichkeiten offenzuhalten, kann die Entscheidungssituation günstig entlasten.
Die Informationen, welche Studienrichtungen zu welchen Berufen führen und welche das im konkreten sind, sind erhältlich und relativ verläßlich, weil nicht so rasch wie die Arbeitsmarktsituation der Veränderung unterworfen. Auch wenn man zum Zeitpunkt der Studienwahl keine verläßlichen Informationen erhalten kann, wie die Berufschancen zum Zeitpunkt des Abschlusses sein werden, man kann sich sehr wohl darüber informieren, was den Beruf des Ingenieurs, Notars, Lehrers, Beamten etc. ausmacht. Wichtiger als Informationen aus zweiter Hand können in diesem Fall eigene Erfahrungen sein, die aber durch objektive Informationen zu ergänzen sind. Nur an beiden kann man Berufseignung zureichend überprüfen. Diese kritische Selbstprüfung gehört zu einer eigenständigen Entscheidung.
Der Autor leitet die Statistik-Abteilung des Wissenschaftsministeriums.
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