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Israels Wirtschaft
Das Ende des Sechstagekrieges des Jahres 1967 brachte Israel nicht nur fast 67.000 Quadratkilometer besetzten Gebietes, sondern auch rund eine Million Araber, die in den israelischen Wirtschaftsablauf eingegliedert werden mußten. Doch dazu kommt nun noch eine ständig steigende Anzahl von Einwanderern, die nicht nur aus der Sowjetunion kommen. 1971 verzeichneten die Einwanderungsbehörden rund 42.000 neue Staatsbürger, heuer erwartet man in Jerusalem bereits mehr als 65.000 Einwanderer.
Das Ende des Sechstagekrieges des Jahres 1967 brachte Israel nicht nur fast 67.000 Quadratkilometer besetzten Gebietes, sondern auch rund eine Million Araber, die in den israelischen Wirtschaftsablauf eingegliedert werden mußten. Doch dazu kommt nun noch eine ständig steigende Anzahl von Einwanderern, die nicht nur aus der Sowjetunion kommen. 1971 verzeichneten die Einwanderungsbehörden rund 42.000 neue Staatsbürger, heuer erwartet man in Jerusalem bereits mehr als 65.000 Einwanderer.
Die hohen Kosten der Einwanderung haben heuer alle Ressorts gezwungen, ihre Budigetansätze zu kürzen, sogar Verteidigungsminister Mösche Dayan mußte, erstmals seit 1967, sein Budget kürzen.
Dennoch steht der israelische Finanzminister vor einem nahezu unlösbaren Problem: Das Defizit der israelischen Zahlungsbilanz kann schon seit vielen Jahren nur durch die Aufbringung außerordentlicher Mittel im Ausland einigermaßen erträglich gehalten werden.
Den größten Anteil an diesen aus dem Ausland kommenden Zuschüssen haben deutsche Wiedergutmachungszahlungen. Große Beträge, in den letzten Jahren waren es etwa 150 Millionen Dollar jährlich, kommen durch langfristige Anleihen herein, die mit einem überaus günstigen Zinssatz in den Vereinigten Staaten aufgenommen werden. Den. noch mußte auch der normale Anleiheweg beschritten werden, zwei Anleihen zu je 400 Millionen Dollar haben in den letzten beiden Jahren zur Besserung der Zahlungsbilanz beigetragen.
Nicht mitgerechnet sind bei diesen offiziellen Statistiken aber jene Beträge, die als Spenden an den United Jewish Appeal geleistet werden. Diese Auslandshilfe läßt sich nicht in Zahlen ausdrücken, sagt man in Jerusalem, sie sei aber sehr bedeutend.
Aber nicht nur der Staat, von dessen Ausgaben jährlich mehr als vierzig Prozent an das Verteidigungsministerium gehen, stöhnt unter der Ausgabenlast, auch die Staatsbürger tragen schwer daran: Bezieher von mittleren Einkommen müssen bereits mehr als die Hälfte ihres Gehalts an das Finanzamt abliefern. Wie schwer diese Belastung wiegt, kann man aber erst ermessen, wenn man bedenkt, daß das israelische Lohnniveau unter dem unseren liegt, während Konsumgüter, wie etwa Radios und Fernsehgeräte, aber auch
Autos, das dreifache und mehr kosten.
Sieht man von dem Druck auf die Zahlungsbilanz und die Geldtaschen der Staatsbürger ab, so erscheint Israels Wirtschaft nicht so schwach, wie man allgemein annimmt.
Vor allem ist die Landwirtschaft bei weiten nicht der dominierende Wirtschaftszweig Israels. Wohl ist Israel heute in der Lage, wertmäßig drei Viertel seines Eigenbedarfes an Nahrungsmitteln zu decken, aber der expansivste Wirtschaftszweig ist die Industrie.
An der Steigerung der Exporte Israels im vergangenen Jahr um mehr als 24 Prozent war die Industrie zu einem großen Teil beteiligt, da für sie selbst derartige Exportzuwachsraten keine Seltenheit sind. Der Export der Industrie hat sich in den Jahren von 1950 bis 1969 ver-sechsundzwanzigfacht, ein in anderen Staaten fast unerreichter Wert. Behilflich war aber der Industrie im vergangenen Jahr auch die internationale Währungskrise. Eine massive Abwertung des Israelischen Pfunds brachte Exporten, bei einer gleichzeitigen Aufwertung anderer Währungen auf dem europäischen Markt, entscheidende Wettbewerbsvorteile. Mit sieben Prozent lag das Wirtschaftswachstum Israels 1971 weit höher als in den meisten europäischen Industriestaaten.
Der Anteil ausländischer Unternehmen an israelischen Privatbetrieben nimmt ständig zu, da die Regierung mit gezielten Investitionsförderungen ihr Interesse an ausländischen Beteiligungen bekundet.
Doch die forcierte Expansionspolitik der israelischen Wirtschaft läßt die Stabilität leiden: Die Preissteige- ' rungsrate des Vorjahres lag bei 13 Prozent, auch heuer rechnet man mit neuen Belastungen. Auf die Frage nach einem Ausweg antwortet man mit einem Schulterzucken und dem traditionellen israelischen Gruß: Shalom — Frieden!
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