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Japaner suchen Christus

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Der oberste Meister des Zen von der buddhistischen Hochschule in Kyoto besuchte Europa und den Papst. Er sprach mit ihm, sie tauschten kleine Geschenke aus, nachher sagte er: „Ich habe Christus gesehen!” Seither spricht er mit seinen Schülern über das Geheimnis Christi. Das Interesse am Christentum ist so groß geworden, daß heuer eine Gruppe buddhistischer Mönche nach Rom kommen, 20 Tage in San Anselmo und 20 Tage in Montecas- sino mit den Benediktinern leben will. Šie ahnen, daß der Buddhismus gegenüber dem Kommunismus allein keine Überlebenschancen mehr hat. Das hat Vietnam bewiesen.

Der europäische Rationalismus, Agnostizismus und Atheismus sind im Land der aufgehenden Sonne nicht vorhanden. Im Gegenteil, ein ungewöhnlicher Trend zur Religion hat eingesetzt. In den letzten 30 Jahren haben sich allein in Japan 720 neue Religionen etabliert. Denn den Menschen machen erst Blumen, Tee und Religion zum Menschen. Nicht was wahr ist, ist ausschlaggebend, nein, was erhebend, was schön ist.

Und doch ist die Religion hier keine ästhetische Angelegenheit, auch in ethischer Hinsicht hat sich eine große Wende vollzogen. Eine starke charismatische Bewegung hält allenthalben für jedermann zugängliche Gebetsstunden. Das Interesse für das Christentum wächst wie eine Lawine. 2,500.000 Bibeln werden jährlich verkauft. In den Schnellbahnen werden sie aus der Tasche gezogen und gelesen. Die Bibel wird emstgenommen, so ernst, daß sich, obwohl man im ganzen Land nur 750.000 Getaufte zählt, 3,5 Millionen Japaner zum Katholizismus bekennen.

So neu sind ihnen aber all die Gedanken der Bibel, daß sie keinen japanischen Ausdruck für Gott haben (ein chinesisches Wort wird gern verwendet). Oft steht auch „Kami” für Gott. „Kami” ist einer, der über den Menschen hinausragt, sich für ihn opfert. Das höchste, das der Japaner kennt.

Was ist schon wahr, beweisbar, was.ist vernünftig? Gedanken, zu denen der Japaner keine persönliche Beziehung hat. Freundschaft, Liebe, persönliche Bindung, sie sind im Leben ausschlaggebend. Wenn nun einer kommt und ihm sagt: „Jesus ist auch für dich gestorben, für dich, den Asiaten”, dann trifft das ins Herz, dann muß er diesen Jesus kennenlemen.

Es gibt nur zuwenig einheimische Missionare und Christen dort. Doch Christus wächst in der Seele des japanischen Volkes. Wollte jeder Japaner einmal mit einem japanischen Christen sprechen, so könnte er das nur alle 46 Jahre tun, so ist das Verhältnis. Doch vier Millionen Japaner fahren jährlich ins Ausland. Werden sie dort Christus be- genen?

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