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Kreditverträgen Teufel im Detail

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allein nicht streitbar genug sind, um ein Gerichtsverfahren·über die Höhe der Verzugszinsen zu führen. Hier wird es engagierter Musterprozeßführungen bedürfen.

Auch Klauseln über die Anrechnung von Zahlungseingängen im Verzugsfall finden sich in der Regel in den Verträgen. Ihre drückende Wirkung entfalten sie erst, wenn nach Fälligstellung vom Kreditnehmer Teilbeträge gezahlt werden, die dann in der Reihenfolge KostenZinsen- Ka pi tal auf die offene Schuld angerechnet werden. Das kann bedeuten, daß trotz regelmäßiger Zahlung die offene Schuld gar nicht oder nur sehr langsam getilgt wird.

In diesem Komplex Verzug, Fälligstellung und. Anrechnung sind aber nicht nur die Klauseln in transparent, auch die Art und Weise der Berechnung ist undurchsichti????. Die Vorgangsweise der Banken ist offenbar unterschiedlich. So gibt es welche, die die Zinsen nach Fälligstellung nicht mehr dem Kapitalkonto zuschlagen, andere kapitalisieren die Zinsen wie bisher im Monats-, Quartals- oder Jahresabstand.

Wirtschaftlich gesprochen kann es in diesem Zusammenhang nur darum gehen, den tatsächlichen Schaden zu eruieren, den die Bank erleidet, und diesen zu ersetzen. Worin dieser - abgesehen von konkreten Kosten - in Zeiten der Überliquidität besteht, sollten die Banken

transparenter Weise darlegen.

In einem Kreditvertrag Öefand sich folgende Klausel: „Wir erklären uns damit einverstanden, daß alle uns betreffenden und der Bank im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses bekanntwerdenden Daten in banküblicher Form, insbesondere im Interesse des Gläubigerschutzes oder zur Abwicklung von Bankgeschäften weitergegeben werden können. Gleichzeitig erteilen wir ihnen die Ermächtigung, Daten betreffend dieses Vertragsverhältnis aus geschäftlichen Gründen und zu Zwecken der ,Werbung an Unt ????rnehmungen, mit denen Sie in einem Beteiligungsverhältnis stehen, weiterzugeben."

Auch hier wird der betroffene Konsument Schwierigkeiten haben, sich den tatsächlichen Gehalt dieser Vertragsklausel vor Augen zu führen: Unbestritten ist ja die Berechtigung des Gläubigerschutzes. Potentielle Kreditgeber haben berechtigtes Interesse an einer zentralen Stelle, die ihnen über den potentiellen Kunden Angaben machen kann.

Nur: Der Kreditnehmer muß wissen, an wen und zu welchem Zweck welche seiner Daten gehen. Auch der Datenschutzrat verlangt

in ständiger Rechtsansicht, daß aus einer solchen Zustiminungserklärung Datenarten, Betroffene und · Empfänger hervorgehen müssen.

Unschwer könnten die Banken und andere Kreditgeber einen dem Datenschutzgesetz und nicht zuletzt dem Bankgeheimnis besser entsprechenden Zustand herstellen, in dem sie ausdrücklich festlegen, in welchem Anlaßfall welche Daten an wen übermittelt werden.

Die vorher angeführte Klausel zeigt jedoch, daß das Interesse der Bank an den Daten über den Gläubigerschutz weit hinaus geht. Auch Bankenvertreter bestätigen in Gesprächen, daß die Auskünfte, die über den Datenverbund gegeben werden, ohnehin keine ausreichende Grundlage für die Bonitätsprüfung seien. Die Daten seien wertvoll, weil sie für andere Geschäftszweige, zum Beispiel Kreditkartenunternehmen, Versicherungen et cetera verwendet würden

Hier wäre einer Lösung der Vorzug zu geb????n, die den Gläubigerschutz effizient und transparent wahrnehmen kann. DerKunde soll- · te wissen, wo welche Daten über ihn gespeichert sind, dafür könnte er auch leichter diese Daten abfragen und wenn nötig, korrigieren lassen. Es wäre außerdem notwendig, daß die Meldung verpflichtend ist. Man könnte dann auch leichter feststellen, welcher Kreditgeber noch - bei schon bestehender kritischer Verschuldung - Kredit ge-

währt. Das Konsumentenschutzgesetz 1979 legt in seinem Paragraph 12 fest, daß eine Abtretung des Gehaltes für noch nicht fällige Forderungen von Kreditgebern unzulässig ist.

Von der Verpfändung von Gehaltsforderungen ist nicht die Rede. Sie sind, so muß geschlossen werden, zulässig. Nicht nur für den Laien ist allerdings der Unterschied zwischen der Sicherungszession und der Verpfändung als Besicherung kaum erkennbar.

Der Gesetzgeber wählte diesen Kompromißweg, um den privaten Kreditunternehmern ihre wichtigste Sicherheit, nämlich ihr Einkommen, nicht zu nehmen, übersah aber, daß mit einer Verpfändung dieselben Gefahren verbunden sein können wie mit einer Abtretung zu Sicherungszwecken. ,/\ufgrund die- . ses Pfandrechtes können nämlich - unter bestimmten Voraussetzungen - auch ohne gerichtliches Verfahren direkt Lohnabzüge beim Dienstgeber veranlaßt werden. Eigenartigerweise wird trotz dieser Möglichkeit der Weg in der Praxis selten beschritten. Im Regelfall wird dennoch gerichtlich geklagt. Bedeutung erlangt die Verpfändung aber dort, wo der Gläubiger sich durch eine Verständigung des Dienstgebers von dem Pfandrecht den Rang bei eventuellen Pfändungen wahrt.

Die ????timmung kann also durchaus dazu führen, daß aggressivere Gläubiger auf diesem Weg andere Gläubiger „ überholen", um bei der Gehaltspfändung ganz vorne zu sein (siehe auch FURCHE 28/1990).

Das war ein - nicht abschließender - Rundgang durch Rechtliches. Was ergibt sich nun als Eindruck? Sowohl vom Gesetzgeber, als auch von den Formulierern der Vertragsbedingungen könnten noch viele Schritte zu mehr Transparenz unternommen werden. ·

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die deufsche Rechtsordnung das sogenannte „Transparenzgebot" kennt. D????runter versteht man eine Verpflichtung des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, diese so leicht faßlich zu formulieren, daß der Vertragspartner in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Diese Zumutbarkeit erfordert aber, daß die Geschäftsbedingungen auch für den juristischen Laien ohne Anstrengung lesbar und verständlich sind. · Diese Überlegungen könnte man sich auch in Osterreich zunutze machen.

Doch zuletzt: Transparenz ist sicher kein Zauberwort. Hier dürfen sich auch die Konsumentenschützer keine Illusionen machen. Man wird nicht damit auskommen, · den Konsumenten geeignete Informationen zu geben, sondern wird flankierend dazu immer auch einerseits staatlich administrative Konsumentenschutzmaßnahmen brauchen und. sich auch nicht davor scheuen dürfen, in die Rechtspositionen der Anbieter einzugreifen, wenn es der Schutzgedanke erfordert.

Die Autorin ist Referentin in der konsumentenpolitischen Abteilung der Wiener Arbeiter· kammer.

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