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Krisenkur in Sambia

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Durch seine geographische Lage befindet sich Sambia, das Land am Sambesi, an der vordersten Front Schwarzafrikas gegenüber dem von Weißen regierten südlichen Afrika. Ein Binnenland, umgeben von den „Erzfeinden“ des schwarzen Nationalismus, sieht sich Sambia in einer schwierigen außenpolitischen äil'igjlt Ijrii *fn fcyge.

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Durch seine geographische Lage befindet sich Sambia, das Land am Sambesi, an der vordersten Front Schwarzafrikas gegenüber dem von Weißen regierten südlichen Afrika. Ein Binnenland, umgeben von den „Erzfeinden“ des schwarzen Nationalismus, sieht sich Sambia in einer schwierigen außenpolitischen äil'igjlt Ijrii *fn fcyge.

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Präsident Kenneth Kaunda von Sambia ist einer der profiliertesten Verfechter der panafrikanischen Ideen. Er unterstützt die afrikanischen Invasionskommandos, die von Sambia aus gegen die portugiesischen Uberseeprovinzen und gegen Rhodesien operieren.

Die in seinem Land wachsenden inneren Spannungen sind daher von internationaler Tragweite. Präsident Kaunda hoffte, mit der Einführung des Einparteiensystems dem Land jene politische Stabilität zu geben, die es braucht, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung energisch vorantreiben zu können. Sambia steckt in einer ernsten Wirtschaftskrise.

Neben der fast ausschließlichen Abhängigkeit des Finanzhaushaltes Sambias vom Kupfer wirkt sich auch seine geographische Lage — seine Binnenlage im weißen Afrika — nachteilig aus. Sambia ist für seine Ex- und Importe auf Transportwege durch Rhodesien, Mocambique und Angola angewiesen. Daher die große Bedeutung der Tanzam-Bahn, der gegenwärtig mit chinesicher Hilfe gebauten Linie vom sambischen Kupfergürtel zum tansanischen Hafen Dar-es-Salaam.

Die hohe Geburtenrate (3 Prozent), die große Arbeitslosigkeit, die städtischen Slums, der Mangel an einheimischen Fachkräften sind in Sambia wie in den meisten anderen jungen afrikanischen Staaten brennende Probleme.

Im Zuge der Bemühungen, die Wirtschaft in sambische Hände zu überführen, wurde mit der „Mulun-gushi-Deklaration“ des Jahres 1968 die Verstaatlichung von 25 ausländischen Firmen verfügt. 1969 erfolgte dann auch die Verstaatlichung der Kupferindustrie. Die Vereinbarungen mit den beiden Giganten Anglo-American und Roan-Selection-Trust sahen eine Kompensationszahlung von 291 Millionen Dollar vor. Diese Summe ist aus den Gewinnen der nächsten zwölf Jahre aufzubringen. Nun flössen aber, dem Staat seit 1971 um 40 Prozent weniger Einnahmen aus den Kupferexporten zu, weshalb die Kompensationszahlungen eine wesentlich schwerere Belastung des Devisenbudgets bilden. Außerdem haben infolge der Verstaatlichungsmaßnahmen weiße Techniker und Ingenieure in wachsender Zahl das Land verlassen.

Die Vernachlässigung der landwirtschaftlichen Produktion in den Jahren, in denen die sambischen Kupferexporte Höchstpreise auf den Weltmärkten erzielten, führte zu Engpässen in der Nahrungsmittelversorgung, so daß sich Präsident Kaunda gezwungen sah, IV2 Millionen Sack Mais aus Rhodesien zu importieren — eine für einen schwarzen Nationalisten demütigende Maßnahme.

In diese triste wirtschaftliche Lage fällt nun auch die schwere innenpolitische Krise, die durch die Sezession eines Teiles der Parteielite unter Führung des ehrgeizigen und einflußreichen einstigen engen Freundes von Präsident Kaunda, des Exvizepräsidenten Siman Kapwep-we. ausgelöst wurde.

Seit der Unabhängigkeit gibt es in Sambia eine Oppositionspartei, den African National Congress unter der Führung Harry Nkumbulas. Diese Partei rekrutiert ihre Anhängerschaft fast ausschließlich aus den Stämmen der Tonga und Lozi in der südlichen und westlichen Provinz des Landes, und tritt für den Dialog mit Südafrika ein. Der Übergang zum Einparteiensystem war schon seit Jahren politisches Konzept Präsident Kaun-das. Der Präsident hatte jedoch gehofft, den ANC im Laufe der Jahre bei den Wahlen auszuschalten und so ein Einparteiensystem gleichsam durch die Wahlurne verwirklichen zu können.

Mit dem Auftauchen Kapwepwes als Konkurrenten um die Macht wurden nun Kaundas Hoffnungen zerschlagen. Kapwepwes Alleingang wirkte als Katalysator für eine von oben verfügte frühzeitige Einführung des Einparteiensystems. Denn Kap-wepwe, ein blendener Redner und radikaler Nationalist, ist der einzige Mann, der die Führerrolle des Theoretikers Kaunda ernsthaft gefährden könnte. Der Linke und Revolutionär Kapwepwe bemühte sich um ein Bündnis mit dem ANC Harry Nkumbulas, des Mannes der Rechten.

Angesichts dieser Entwicklung schlug Kaunda zu. Im Februar des Jahres 1972 wurde die UPP verboten, Kapwepwe mit 123 seiner Anhänger verhaftet und erst kürzlich wieder freigelassen.

Der Erfolg eines Einparteiensystems in Sambia wird davon abhängen, ob es der UNIP gelingen kann, die Wirtschaftskrise zu überwinden. Sambia unter Kaunda wird wohl versuchen, dem Beispiel Tansanias nachzueifern, dessen Einparteiensystem bemerkenswert flexibel ist. Sambia wird sich jedoch allein schon auf Grund des Fehlens einer einheitlichen Sprache wie des Suaheli, das ein einigender Faktor in Tansania ist, ein gleiches Maß an Flexibilität nicht leisten können. Sambia vereint 72 Stämme (bei einer Bevölkerungszahl von 4,2 Millionen) und fast ebenso viele Sprachen und Dialekte. Acht Jahre Unabhängigkeit haben nicht genügt, um diese disparaten Elemente zu einem Ganzen, zu einer Nation zusammenzubinden.

Kaunda hofft aber, die Stammesdifferenzen verringern und schließlich beseitigen zu können, um alle nationalen Energien auf die eine Aufgabe zu konzentrieren: auf die Lösung der großen wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes. Es gilt Arbeitsplätze zu schaffen, die Wirtschaft aus der einseitigen und gefährlichen Abhängigkeit vom Kupfer zu lösen und das große Stadt-Land-Gefälle zu verringern.

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