FPÖ: Mehr als Jugendsünden

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Während Bayerns Vizeministerpräsident von seiner Schulzeit eingeholt wird, zeigt ein Video der freiheitlichen Jugend den – ganz aktuellen – Abgrund der FPÖ. Ein Offenbarungseid.

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Während Bayerns Vizeministerpräsident von seiner Schulzeit eingeholt wird, zeigt ein Video der freiheitlichen Jugend den – ganz aktuellen – Abgrund der FPÖ. Ein Offenbarungseid.

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Eigentlich hatte man sich vergangenen Montag auf ganz andere „Jugendsünden“ eingestellt – nämlich auf die bereits vieldiskutierten von Andreas Babler. Nein, er habe keine Lenin-Büste in seinem Büro stehen, betonte der SPÖ-Chef im ORF-„Sommergespräch“ – aber dafür gebe es dort drei andere Dinge: eine Büste von Victor Adler, dem Gründungsvater der österreichischen Sozialdemokratie; ein Bild von seinem Vorgänger als Traiskirchner Bürgermeister; und ein von Papst Franziskus geweihtes Kruzifix, das ihm der Bürgermeister der Insel Lampedusa geschenkt habe.

Auch hinsichtlich der Europäischen Union, die er noch 2020 als „aggressivstes militärisches Bündnis“ bezeichnet hatte, habe er heute eine „andere Betrachtungsweise“, so Babler: Zwar bestehe bei ihm nach wie vor eine „Grundskepsis“, erklärte der SPÖ-Chef; ein EU-Austritt sei für ihn aber „tabu“.

Herbert Kickl hatte dieses Tabu eine Woche zuvor gebrochen – wie so viele andere auch. Während freilich der bundespolitische Newcomer Andreas Babler seine prononciert linken Forderungen (darunter Vermögens- und Erbschaftssteuern) in teils schwindelerregenden Satzgirlanden formulierte, lieferte der Demagoge Kickl druckreife Sager der Systemzertrümmerung – und ließ dabei kaum eine Säule der liberalen Demokratie aus: vom ORF-Setting im Parlament als „Stasi-Verhörzimmer“ über die „selbst ernannten Eliten“ als neue Erzfeinde bis zu den rechtsextremen Identitären als ganz normale „NGO“.

Untergang des Abendlandes?

Dass die Unterschiede zu den Identitären unter Herbert Kickl längst völlig eingeebnet sind, zeigte sich kurz vor Bablers „Sommergespräch“ in einem Video der Freiheitlichen Jugend. Veröffentlicht auf dem parteieigenen YouTube-Kanal „FPÖ TV“, ließ man in Rhetorik und Bildsprache endgültig alle ideologischen Hüllen fallen: Identitären-Begriffe wie „Remigration“ und „Bevölkerungsaustausch“ flimmerten ebenso durchs Bild wie missliebige Journalistinnen und Journalisten sowie ideologisch einschlägige Köpfe: Ernst Jünger, der mitunter als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt; Alain de Benoist, ein Vordenker der Neuen Rechten; oder auch Oswald Spengler, als Autor des 1918 erschienenen Bestsellers „Untergang des Abendlandes“ einer der Urväter des rechten, autoritären Denkens. Man sei „die letzte Generation, die sich das Land zurückholen könne“, raunte eine Stimme – optisch unterlegt von der Regenbogenfahne und der brennenden Kathedrale Notre-Dame. Fackelzugsequenzen mit strammen Burschen und einem lachenden Udo Landbauer folgten. Am Ende hieß es: „Wir aber wollen eine Zukunft!“ – samt Kameraschwenk auf die Neue Burg am Heldenplatz mit dem „Hitler-Balkon“. Deutlicher und unmissverständlicher kann eine Botschaft nicht sein.

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