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Sanierung wird noch schwieriger
Das hat uns gerade noch gefehlt! Mit der Aufgabe, die wirtschaftspolitischen Sünden der letzten zehn Jahre abzutragen, ohnehin genug gestraft, fällt uns jetzt auch noch ein Konjunktureinbruch strafverschärfend auf den Kopf. Noch im Dezember hatten uns die Wirtschaftsforscher auf ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent Hoffnung gemacht. Diese Woche, also nur drei Monate später, mußten sie ihren Prognosewert auf die Hälfte zurückschrauben: Für heuer wird jetzt nur mehr mit Ein-Prozent-Wachs-tum, geringeren Konsumausgaben, weniger Investitionen, dafür aber mit dem Ansteigen der Arbeitslosenrate auf sechs Prozent gerechnet.
Unmittelbarer Anlaß für die düsterer gewordenen Wachstumsaussichten sind in erster Linie unsere durch die flaue internationale Konjunktur und die Dollarschwäche ausgelösten Exportrückgänge. Mittelbar läßt sich auch dieses Problem, wie fast alle unsere Wirtschaftsprobleme, auf unsere durch jahrelange Versäumnisse entstandene Strukturschwäche zurückführen. Denn natürlich treffen die weltweite Kon-junkturabschwächung und die Dollarschwäche auch andere Industriestaaten. Dennoch wird die Wirtschaft der westeuropäischen Industriestaaten mit voraussichtlich zwei Prozent heuer doppelt so stark wachsen wie unsere Wirtschaft.
Die Aufgabe der Wirtschaftspolitik gleicht nunmehr jedenfalls der Quadratur des Kreises: Einerseits ist diese Regierung mit dem festen (und im Koalitionspakt festgeschriebenen) Vorsatz angetreten, Budget, Verstaatlichte Industrie, die Bundesbahnen und die Pensionsversicherung zu sanieren — was nur über drastische Ausgabenkürzungen möglich ist. Anderseits wird jetzt, vor allem angesichts der alarmierend steigenden Arbeitslosenzahlen, der Druck, konjunktur belebende Maßnahmen zu setzen, immer stärker werden. Vorstöße einiger prominenter Vertreter der Arbeitnehmerseite in den letzten Tagen waren da ein nicht mehr zu übersehendes Signal.
Die Situation wird sich im Verlauf des Jahres eher noch verschärfen: Eine rasche Wiederbelebung der internationalen Konjunktur ist auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre nicht zu erwarten; und das Budget 1988 wäre vermutlich auch ohne die zusätzlichen Schwierigkeiten zu einer Zerreißprobe für die Koalition geworden.
Bruno Kreiskys uns zweifach auferlegte Hypothek wird damit einmal mehr deutlich sichtbar: Zuerst wurden jahrelang alle Probleme mit neuen Schulden zugedeckt. Und dann auch noch die Sanierung durch die Installation der rot-blauen Koalition unnötigerweise verzögert, obwohl die wirtschaftlichen Rahmenbedin-^ngen dafür damals noch wesentlich besser (höheres Wachstum, weniger Arbeitslose) waren.
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