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Vertrauenssache

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Weit verbreitet ist auch heute die Ansicht, Glauben heißt soviel wie nicht wissen oder nur ungefähr wissen. Glaube bleibt letztlich im Raum des Nichtüberprüfbaren. Darf ein Mensch, der um eine rationale Begründung seines Lebens bemüht ist, sich überhaupt auf den Weg des Glaubens einlassen?

Es gibt neben dem exakten Wissen auch noch einen anderen Zugang zur Wirklichkeit, der für das konkrete Leben von höchster Bedeutung ist. Und dies sind im interpersonalen Raum das gegenseitige Vertrauen und der Glaube, spürbar in Sätzen wie: ,Jch glaube an dich.” ,Jch glaube dir.”

Dieser Glaube ist ein Akt der Begegnung, er umfaßt den ganzen Menschen: Verstand, Wille und Gefühl. Er ist auch eine eminente Weise des Erkennens; ich erhalte Anteil an dem Wissen dessen, der sich mir erschließt.

Diese Form des Erkennens ist an zwei wesentliche Bedingungen geknüpft: Der andere muß sich äußern, und ich muß mich auf ihn verlassen können. Es müssen Zeichen der Glaubwürdigkeit vorhanden sein.

Damit ist die Notwendigkeit religiösen Glaubens nicht erwiesen. Aber es zeigt sich, daß der Mensch auch für den religiösen Glauben offen ist. Und es wird auch sichtbar, welche Wege, zu Gott führen können. Es ist nicht so sehr der Verstand. Die Frage nach Gott ist nicht so sehr eine Frage der Erkenntnisfähigkeit, sondern der Begegnungsfähigkeit. Die Frage nach Gott, dem unendlichen Du, wird nach Buber wieder erwachen, wenn die Begegnung von Ich und Du im innermenschlichen Bereich wieder gelingt, in den Akten des zwischenmenschlichen Glaubens und Vertrauens, Sprechens und Lie bens” (Heinrich Fries).

Der Glaube unter Menschen weist über sich selbst hinaus. Denn Glauben im vollen und uneingeschränkten Sinn kann es im zwischenmenschlichen Raum nicht geben. Kein Mensch kann seinen Mitmenschen absolut glauben. „Wo im Verhältnis von Mensch zu Mensch Glauben im radikalen, extremen, uneingeschränkten Sinn gefordert und geleistet wird, geschieht etwas Unmenschliches: etwas, das weder mit der Begrenztheit noch mit der Würde des Menschen vereinbar ist” (Heinrich Fries).

Glaube im vollen Sinn ist nur möglich, wo jemand ist, dem der Mensch unbedingt und absolut glauben kann, und wo dieser Jemand sich auf eine verläßliche Weise offenbart. Wo aber diese Voraussetzungen gegeben sind, ist Glauben nicht eine Entfremdung des Menschen, sondern eine Erfüllung.

Dritter Teil einer am Büch „Fundamentaltheologie” von Heinrich Fries (Styria 1985) orientierten Serie.

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