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Volkspartei korrigiert linke Geschichtsinterpretation

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Das sprichwörtliche landespolitische „Salzburger Klima“ ist von dunklen Gewitterwolken schwerstens beeinträchtigt. ÖVP und SPÖ scheinen kaum mehr eine Gesprächsbasis zu finden. Ursache für diese politische Wetterverschlechterung waren die Kürzung eines Unterrichtsminister-Erlasses durch Landeshauptmann Wilfried Haslauer und die Begutachtung von Schulbüchern auf Tendenzen der neulinken emanzipatorischen Pädagogik durch die ÖVP-Fraktion im Salzburger Landesschulrat. Angezündet wurde das Feuer nicht durch Salzburgs Sozialisten, sondern merkwürdigerweise durch SP-Zentralsekretär Karl Blecha.

Anläßlich des 40. Jahrestages des Einmarsches deutscher Truppen in Österreich hatte Unterrichtsminister Fred Sinowatz einen Erlaß an die Präsidenten der Landesschulräte gegeben, die an die Schulen weitergeleitet werden sollten. Da in diesem Erlaß festgestellt wurde, daß die Ereignisse des Jahres 1938 in erster Linie auf jene des Jahres 1934 zurückzuführen seien und dies dem Salzburger Landeshauptmann geschichtsverfälschend erschien, strich er diese Passage aus dem Erlaß und gab ihn so verkürzt an die Schulen weiter.

„Unerhörte Zensur“ war die empörte Reaktion der SPÖ, weitgehende Zustimmung jene der Salzburger Bevölkerung.

Zur selben Zeit fiel Zentralsekretär Blecha ein Gutachtenformular in die Hände, das ein Arbeitskreis der Salzburger ÖVP unter der Leitung von Landeshauptmannstellvertreter Katsch-

thaler seit 1976 zur Untersuchung von Schulbüchern auf ultralinke Inhalte verwendete. Ubereifrig bezog die SPÖ diese Aktion der Volkspartei auf sich und posaunte flugs das Wort von der „Sozialistenhetze“ in das Land und stellte nicht unerwartet den Bezug zum Jahr 1934 her. Dies, obwohl Landeshauptmann Haslauer und sein Stellvertreter Katschthaler klar und eindeutig erklärten, daß nicht die SPÖ, sondern die Vertreter der ultralinken emanzipatorischen Pädagogik gemeint waren.

Die SPÖ aber ließ ihre Sektionen mit Protestresolutionen aufmarschieren und verlangte schriftliche Entschuldigungen von Seiten der ÖVP. Diese sah keine Notwendigkeit, sich bei jemandem, der gar nicht betroffen sein konnte, zu entschuldigen, was die Sozialisten mit dem Auszug aus dem Landesschulrat und den Parteienverhandlungen beantworteten.

Die Wiener Jusos verlangten, ohne sich mit ihren Genossen in Salzburg abzusprechen, den Rücktritt Katsch-thalers. Salzburgs SPÖ-Vorsitzender Herbert Moritz blieb es nicht erspart, sich vom unliebsamen Vorstoß seiner Wiener Junggenossen zu distanzieren.

Die künstlich hochgespielte Empörung wird nun von den Sozialisten bereits die dritte Woche zelebriert. Salzburgs SPÖ weiß genau, daß der Wahlerfolg der ÖVP bei den Landtags wählen 1974 nur auf die überdurchschnittlich hohe Wahlenthaltung sozialistischer Wähler zurückzuführen war. Die Mobilisierung ihrer eigenen Stammwähler ist daher eine vordringliche Aufgabe der Salzburger SPÖ. Das

Aufblasen der beiden ÖVP-Aktionen schien den Sozialisten das geeignete Mittel dafür zu sein.

Einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machte jedoch zur großen Verärgerung der Salzburger Genossen der sonst so treffsichere Taktierer Bruno Kreisky. Ihm gelang es, die öffentliche Empörung endgültig gegen die Sozialisten zu wenden. Als Strafe für die Kürzung des Sinowatz-Erlasses zog der Bundeskanzler eine Zusage der finanziellen Unterstützung für eine Tagung des „Club of Rome“ in Salzburg zurück. Eine halbe Million Schilling Strafe für die Eigenwilligkeit des Salzburger Landeshauptmannes!

„Kreisky straft Salzburg. Das Demokratiebewußtsein der Sozialisten: Wer nicht kuscht wird bestraft!“ ließ die Junge ÖVP in Flugblättern verlauten und traf damit auch die öffentliche Meinung, die im übrigen nach dreiwöchiger Dauer dieses politischen Hick-Hacks schon ziemlich müde ist. Der Ruf nach Beendigung dieses künstlichen Streits und nach Rückkehr an einen Tisch wird immer lauter. In einer sehr versöhnlichen Erklärung hat Haslauer den Anfang gesetzt und alle Beteiligten zu Parteigesprächen eingeladen, um diesen Konflikt endlich beizulegen. Auch die offensichtliche Bereitschaft der Sozialisten zur sachlichen Arbeit im Landtag beim derzeit in Beratung stehenden Feuerwehrgesetz läßt erwarten, daß dieser Brand gelöscht werden kann. Was sehr zu wünschen wäre, denn einen einjähriger Wahlkampf in dieser Tonart würden Land und Leute sicher nicht verkraften.

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