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Wie es wirklich war

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Der Verlag für Jugend & Volk in Wien-München unternimmt das Experiment, in einem dreibändigen Werk die tausendjährige Geschichte Österreichs darzustellen. Das Wort „Experiment“ wurde deshalb gewählt, weil der Verlag hier ganz neue Wege beschreitet. Dieses Experiment ist — um auch dies gleich zu erwähnen — völlig gelungen. In diesem dreibändigen Werk wird zum Unterschied von anderen ähnlichen Darstellungen nicht nur die politische Geschichte Österreichs behandelt, ein breiter Raum ist auch der Darstellung der Kultur, der Kunst, der Literatur und den sozialen Fragen dieses Jahrtausends gewidmet.

Von den geplanten drei Bänden erschien vor einiger Zeit der Band 1, der die Zeit von der Belehnung der Babenberger mit der Ostmark bis zu den Napoleonischen Kriegen behandelte. Somit die wichtigsten Epochen des Mittelalters, der Reformation und Gegenreformation, der Türkenkriege und vor allem des Barock beschrieb.

Der zweite, vor kurzem erschienene Band beschäftigt sich mit einer ungleich kürzeren Epoche: mit den Jahrzehnten, die mit dem Biedermeier begannen und mit dem frühen parlamentarischen Leben endigten. Während somit der erste Band ungefähr sieben Jahrhunderte umfaßt, beschäftigt sich der zweite nur mit sieben Jahrzehnten österreichischer Geschichte. Die Herausgeber haben aber hier durchaus richtig gehandelt. In diesen Jahrzehnten wurden viele Grundsteine für unser heutiges Leben gelegt, wurden viele Weichen gestellt und vieles in unserem heutigen Leben ist nur verständlich, wenn wir diese Jahrzehnte vom Biedermeier bis zum Beginn des parlamentarischen Lebens in Österreich gut kennen. Viele Schichten Österreichs haben heute noch manchmal eine verklärte romantische Anschauung von der Vergangenheit ihrer Heimat. Andere wiederum stehen durchaus negativ zur Vergangenheit Österreichs. Beide Teile der Bevölkerung müssen aber endlich erkennen, wie die Geschichte wirklich gewesen ist, nur dann kann sie richtig bewältigt und in das heutige Leben integriert werden.

Erlauchteste Namen der Wissenschaft haben Beiträge zur Aufhellung dieser Jahrzehnte geliefert. Aus den vielen Namen seien nur einige zitiert, wie Walter Pollak, der auch als Herausgeber fungiert, Erik G. Wickenburg, Otto R. Lutterroti, Rupert Feuchtmüller, Ernst Bernleither, Johann Christoph Allmayer-Beck, Christoph Thiemen-Adlerflycht, Heimut Rumpier, Felix Czeike, Franz Taucher, Renate Wagner-Rieger, Leopold Nowak, Ulrich Schöndorfer, Konradin Ferrari d'Occhieppo. Der Kenner wird aus der Aufzählung dieser Namen bereits ersehen, einen wie breiten Raum die Darstellung der Kunst, der Kultur, der Literatur, den sozialen Fragen in diesem Werk einnimmt. Die politische Geschichte wird vielleicht manchen sogar als zu begrenzt erscheinen. Aber diese kann der Benutzer des Werkes ja in anderen einschlägigen Büchern, wie etwa in dem mehrbändigen Werk von Prof. Hugo Hantsch über die Geschichte Österreichs, nachlesen. Dagegen wird er in den anderen Abhandlungen über ästerreichhaltige Beiträge wie jene über Hammer-Purgstall, Anton Günther, Charles Sealsneid, Heinrich Füger, Josef Korohäusl, Carl von Ghega, Heinrich Laube, Josefine Gallmeyer, Anton Bruckner, Carl von Rokitansky, um nur einige Kapitel herauszuheben, finden. So stellt dieses Buch eine wirkliche Fundgrube für den historisch-Interessierten dar und ist ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk, dessen Hilfe niemand entbehren kann.

TAUSEND JAHRE ÖSTERREICH. Eine biographische Chronik. Band 2: Vom Biedermeier bis zur Gründung der modernen Parteien. Herausgegeben von Prof. Walter Pollok, Verlag Jugend & Volk, Wien-München, 430 Seiten, 84 Abbildungen, davon 8 farbige.

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