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Der Weg des deutschen Theaters

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Die Theaterwissenschaft ist eine verhältnismäßig junge Wissenschaft, es gibt sie erst seit ungefähr -einem,.halben Jahrhundert...doch.hat .sie bereits..eine Fällt wichtiger Erkenntnisse gebracht.“ Was auf diesem Gebiet an einzelnen deutschen Universitäten geleistet wurde und wird, ist höchst beachtenswert. Doch die theaterwissenschaftlichen Arbeiten — sehr häufig Dissertationen — sind zumeist sehr spezialisiert, daher bevorzugt der interessierte Leser erfahrungsgemäß Darstellungen, die das Thema in größeren Zusammenhängen behandeln und eine Übersicht bieten. Auf diese Tatsachen verweist der bekannte Berliner Theaterwissenschaftler Professor Knudsen in der Einleitung zu seiner „Deutschen Theatergeschichte“, die auf der Grundlage von Vorlesungen entstanden ist.

Der begrenzte Raum der Taschenausgaben nötigte natürlich zur Beschränkung auf die wichtigsten Abschnitte, die markantesten Stationen auf dem Wege des deutschen Theaters durch die Zeit. Die Darstellung beginnt mit dem frühen Mittelalter, als die Liturgie der Kirche zur Keimzelle des Dramas wurde, und führt über die Renaissance, das Schultheater und Jesuitentheater zum Auftreten der „Englischen Komödianten“ und weiter über die Neugestaltung des Bühnenbildes von Serlio bis Torelli zur Entfaltung der Oper, zur Tätigkeit der Wandertruppen und zum Hamburger Nationaltheater. Dann schildert der Verfasser die wichtigsten Zentren des deutschen Theaterlebens — wie Mannheim, Weimar, Berlin, Wien, München, Leipzig, Dresden u. a. — und ihre Verhältnisse im Wandel der Zeiten. In der Darstellung Wiens steht das Burgtheater im Vordergrund, doch wird auch auf die Bedeutung der Volksbühnen in den Vorstädten kurz hingewiesen. Die letzten Abschnitte fuhren bis zur Gegenwart. Die Zeit seit der letzten Jahrhundertwende ist leider allzu knapp behandelt, und so konnte manches in der ..neueren. Entwicklung - nur angedeutet werden. Den Abschluß bildet'ein Kapitel über den modernen rfTh*at*rbau:'>f •

Sehr positiv ist zu werten, daß Knudsen das Theater nie isoliert, sondern immer in seinen vielfältigen Beziehungen zu den kulturgeschichtlichen, sozialen und auch wirtschaftlichen Gegebenheiten der jeweiligen Epoche betrachtet. Der Wandel in der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Position des Schauspielers wird ebenso klar wie etwa die Entwicklung der Regie aus bescheidensten Anfängen zu einer schöpferischen Leistung. Schon im Text werden Literaturhinweise gegeben — manchmal mit kritischen Bemerkungen —, die dem neuesten Stand der Forschung entsprechen. Der Verfasser wünscht, daß diese Theatergeschichte dem Leser das Verständnis und die Beurteilung des lebendigen Theaters erleichtern und vertiefen mögen, denn, so bekennt er: „über allem steht das lebendige Theater“. In der Einleitung spricht er auch von den zukünftigen Aufgaben der Theaterwissenschaft und hebt hier unter anderem die Erforschung der Beziehung von Theater und Bildkunst sowie die Rekonstruktion schauspielerischer Leistungen und ihrer Ausdrucksmittel in der Vergangenheit hervor.

Das von einer umfassenden Sachkenntnis und einer echten Aufgeschlossenheit gegenüber der Problemfülle des Gegenstandes zeugende Buch vermittelt uns in großen Umrissen ein klares Bild vom Werden des deutschen Theaters und weist auch durch eine reichhaltige Bibliographie dem an einem Spezialgebiet interessierten Leser die Wege zu ausführlicherer Information.

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