6687829-1962_24_12.jpg
Digital In Arbeit

Neues über Österreichs Volkskultur

Werbung
Werbung
Werbung

„Werden und Wesen eines Wiener Museums“ von Univ.-Prof. Dr. Leopold Schmidt stellt das Pedant zu dessen, im Jahre 1951 erschienener „Geschichte der österreichischen Volkskunde“ dar. Gab er in jenem Buch eine Entwicklungsgeschichte der Volkskunde von ihren tastenden Anfängen bis zu einer geisteswissenschaftlichen Disziplin, erläutert er in der vorliegenden Schrift diese Entwicklung an Hand der Objektsammlung und der praktischen wissenschaftlichen Arbeit. Auch hier gelingt es dem Autor, Wissenschaftsgeschichte als Geistes- und Kulturgeschichte darzustellen und überdies einen Einblick in das Werden und Wirken eines Fachmuseums zu geben.

Das Buch vermag eine oft recht peinlich empfundene Lücke zu füllen, sind doch nicht nur dem Laien, dem Museumsbesucher, sondern vielfach auch dem Wissenschaftler die Probleme und Aufgaben des musealen Alltags kaum bekannt. Der Autor, seit Kriegsende Direktor des Museums in der Laudongasse, bekennt sich in seiner Einleitung zu der Absicht, mit diesem Buch die Schaubarkeit der Sammlung durch das erklärende Wort bereichern und vertiefen zu wollen: eine Formulierung, die in Anbetracht dessen, was erreicht wurde, viel zu bescheiden erscheint. Wesentliche Literaturhinweise, ein Personen- und Ortsregister, sowie 51 «ehr gute Bildbeigaben vervollständigen diese Publikation, die — nebenbei bemerkt — auch die immer wieder geäußerte Frage nach einem gesonderten Universitätsinstitut ein für alle mal beantworten dürfte.

Zeugnisse volksbarocker Frömmigkeit können sich seit einigen Jahren gesteigerten Interesses rühmen. Die Monographie über die „Pestsäulen in Österreich“ von Alexander Grünberg gibt über ein wichtiges und für unser Land sehr charakteristisches Teilgebiet trotz der Kürze recht umfassend Auskunft, wobei der Autor die Pestsäule vor allem als versteinerte und stehengebliebene Form barocker Theaterarchitektur verstanden wissen will. So sachlich und fundiert sich der Text erweist, so unzulänglich zeigen sich die Bildbeigaben nach alten Photographien, die weder künstlerisch noch technisch heute mehr bestehen können, was auch ihren Dokumentationswert stark beeinträchtigt.

Uber einen großen Teil des sehr komplexen Gebietes volksbarocker Vorstel-

VOLKSKUNDE. Werden und Wesen eines t. Österreich-Reihe, Band 98/100. Berg-ULEN IN ÖSTERREICH. Von Alexander /24. Bergland-Verlag, Wien. Preis 24 S. -torische Wanderungen in den Südostalpen-r. Verlag des Landesmuseums für Kärnten, aler des Volkslebens. Von Hans Com-erwaltung der Stadt Linz, 1961. lungswelt sucht das Buch von Leopold Kretzenbache r, „Heimat im Vdlksbarock“, Auskunft zu geben. Der Verfasser, bis zu seiner erst kürzlich erfolgten Berufung nach Kiel Universitätsprofessor in Graz, erfreute sich bei seinen Studenten eines guten Rufes als Exkursionsleiter. Ähnliche Art der Belehrung erwartet den Leser dieser „Kulturhistorischen Wanderung in den Südostalpenländern“. Die Einzeluntersuchungen, die hauptsächlich Heiligen- und Volksbuchgestalten, Volksschauspiel und Wallfahrtsbrauchtum gewidmet sind, stellen Bearbeitungen fast durchwegs eigener wissenschaftlicher Untersuchungen dar, die ohne Verflachung und Simplifizierung popularisiert wurden. Photographien verlebendigen dieses anregende Buch, das dank seiner Darstellungsweise auch für den Laien leicht und fruchtbar zu lesen und wie geschaffen ist, die verwirrende Vielfalt volksbarocker Brauchwelt, deren Zeugnissen wir noch immer aaf Schritt und Tritt begegnen, zu deuten und überschaubar zu machen.

Fast möchte es einem leid tun, eine künstlerische Persönlichkeit vom Range eines Alois Greil nur als „Maler des Volkslebens“ besprechen zu müssen, wie es nicht nur der Untertitel der Monographie über diesen weithin unbekannten Oberösterreicher von Hans Commenda notwendig macht. Schade. Greil (1841 bis 1902) wäre, wie etwa Johann Baptist Reiter, durchaus einer umfassenden kunsthistorischen Untersuchung wert. Dieser Maler, dessen leicht satirischer, nie entstellender und bösartiger, sondern nur stärker charakterisierender Strich sich wohltuend von der üblichen Schablone der Biedermeiermalerei unterscheidet, vermag es, die Poesie etwa eines Spitzweg, dem er verwandt ist, mit der Dokumentartreue eines genauen Illustrators zu verbinden. Seine liebenswerten und köstlichen Bilder — fast ausschließlich Zeichnungen und Aquarelle — weisen aber den Maler nicht nur als volkskundliche Quelle aus, als die ihn Commendas sprachlich etwas hochgeschraubte, kunsthistorisch nicht immer präzise Untersuchung darstellt, sondern auch als bedeutenden Künstler seiner Zeit. Dennoch sei diese Publikation, die durch die Allgemeine Sparkasse in Linz großzügig gefördert wurde, nicht nur der Bildtafeln wegen gerühmt, sondern auch als Anstoß einer künftigen kunsthistorischen Erarbeitung Greils beimißt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung