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Handbuch des Feuilletons

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Von jeher war Wilmont Haacke mit seinen Arbeiten zwischen Literatur- und Publizistik-Wissenschaft angesiedelt. Aus den Bereichen der Dichtung und des Journalismurs holt er als Schüler von Männern, wie Julius Petersen und Paul Fechter, seine Stoffe, seine Themen. Vor dem Krieg erschienen seine Feuilletonsammlungen „Die Luftschaukel“, „Das Ringelspiel“ und „Notizbuch des Herzens“. Herausgeberische Verdienste erwarb er sich mit der Auswahl „Einer bläst die Hirtenflöte“ und dem Nachlaß „Schalmei“ von Victor Auburtin. Als Interpret des Meisterfeuilletonisten Victor Auburtin sicherte er dessen Nachruhm, ediert er dessen „Gesammelte Werke“.

In Wahrheit waren alle diese Bücher Haackes, die das Feuilleton lebendig zu erhalten halfen, nur Nebenfrüchte vom Tische des Pressehistorikers. Sein Erkenntnisdrang gilt erstens dem Feuilleton als Sparte oder Ressort in der Zeitung, zweitens dem Feuilleton als literarischer Kunstform und drittens dem Feuilleton als Stil oder Haltung. Es ist ein Stück Lebenswerk, das der junge Fachgelehrte zum Gesamtaufbau der Publizistikwissenschaft beiträgt, wenn er jetzt sein dreibändiges „Handbuch des Feuilletons“ erscheinen läßt

Wenn man den ersten Band aufblättert, ist man erstaunt über die Fülle der Gesichtspunkte, von denen her das Wesen des Feuilletons aufgespürt wird. Bei der Lektüre des Buches stellt man fest, daß diese geradezu pointillistische Gliederung der Forschungsarbeit nicht etwa übersteigerte wissenschaftliche Akribie ist, sondern daß seine breit angelegte und im Detail bis ins Wurzelwerk des Feuilletons vordringende Untersuchung ihre volle Berechtigung hat. Seit dem 17. Jahrhundert hat das Feuilleton, dank seiner Stileigenarten, „die Seele der Zeitung“ geformt. Seit 300 Jahren wirkt dieses graziöse und zugleich tiefgründige Gebilde als Blutspender für die Sprache der Presse.

Die Literarhistorie, die Psychologie, die Aesthetik, die Soziologie, die Geschichtswissenschaft und die Publizistik haben in mehr oder minder großem Umfang Beiträge zur Erkenntnis des Feuilletons geliefert Haacke sondiert sie alle sorgfältig und unterzieht sie einer kritischen Würdigung. Er bleibt indes nicht beim Registrieren und Werten stehen, sondern nimmt das Feuilleton selbst zur Hand und stellt es dem Leser in dem jeweiligen Kleid der verschiedenen Kulturepochen vor. Die Gelehrten Kaspar von Stieler, Bücher, Dovifat, d'Ester kommen zu Wort, ebenso die Feuilletonisten selbst, wie Abraham a Santa Clara, Lessing, Lichtenberg, Stifter, Auburtin bis zu Peter Bamm und Friedrich Luft.

In seiner Konzeption bedient sichDozentDr.habil. Wilmont Haacke der Methode des empirischen Vergleiches. Er bezieht seine feste Position bei der Wissenschaft und blickt wachsam zur journalistischen Praxis hinüber. Dadurch gelingt es ihm, Beispiel und Erkenntnis glücklich zu verknüpfen. Der historisch Interessierte bekommt Auskunft über die Kinderjahre des Feuilletons, der Aktuelles Suchende erfährt Verbindliches über das Gesicht des Feuilletons seit 1945.

Die Darstellung der Erscheinungsformen des Feuilletons, seiner historischen Entwicklung und seiner führenden Persönlichkeiten bildet die Fortsetzung und Ergänzung des einleitenden Bandes. So rundet sich ein Bild von seltener Geschlossenheit und Farbigkeit, mit leichter Hand hingeworfen und doch zugleich mit einer imponierenden Materialfülle unterbaut

Grundlagen der Dramaturgie. Von Arnulf P e r g e r. Hermann Böhlaus Nachf., Graz-Köln. 323 Seiten.

Lehre vom Drama — heute geschrieben, wo dramatische Urformen und Neuschöpfungen in die mannigfaltigste Verwirrung gestellt sind, verworren auch im eigensten Bereich selbst —, Filmsujets und Drehbücher, Televisionscripts, Hörspiele, Kabaretts, Revuen und Shows — diese Ueberfülle ist und wurde noch nicht beachtet ist und wurde noch nicht eingeordnet, und noch immer wühlt die Theaterwissenschaft in den alt-ehrwürdigen Beständen und Normen, ihrer Existenz heute in keiner Weise mehr gerecht. Endet „es“ mit Georg Kaiser, mit Gerhart Hauptmann? Was ist mit dem Nachwirken von Ibsen, Strind-berg zu Anouilh etwa und Williams, wie stehen wir vor Lorca, Fry, Eliot, Giraudoux, welche Gesetze ergeben sich heute, in der Praxis, in der Nachhall- und Wirkungseinpflanzung in ein keineswegs naiver, wenn auch abgestumpfter, abgelenkter und seichter gewordenes Publikum? Modern also so'Ite diese Dramaturgie sein, die modernen Gegebenheiten und Fakten beachten, und vor allem auch die heutige Praxis, Praxis und wiederum Praxis! In Pergers tiefschürfender, redseliger, theaterwissenschaftlich ft-ndierter Arbeit vrll Empirie, Aesthetik und Akribie vermißt man jeue Nutzanwendung, vermißt man die ansprechende Aktualität die Lehre und Hilfe — denn beides wäre bitter nötig. Wohl sind Beispiele aus der

Weltliteratur bemüht, durch Wortballungen Illustriert, doch für den Dramatiker, den Kritiker, den Regisseur und den Dramaturgen von heute, ungleich hastiger und ungleich weniger fundiert gebildet, bleibt die umfängliche Broschüre unaufgeschnitten. Sie verwirrt, bietet, entgegen dem Prospekt, so gut wie keine Uebersicht, erfreut aber ob ihrer methodischen, analytischen Reichhaltigkeit und Ausführlichkeit den Forscher, den Gelehrten. Die Grundlagen, die Grundarten sind erfaßt, zugegeben, sie bieten eine bereichernde Beschäftigung für den geduldigen Fachmann und vielerlei Freude am dennoch flüssigen Stil: Die Nutzanwendung, die Hilfe für heute ist man uns noch schuldig. Dr. Friedrich Langer

Universitätsprofessor Dr. P. Nivard Johannes Schlögl O. Cist. Eine kurze Würdigung. Von Prof. Severin Grill. 2. Auflage. Heiligenkreuz, 1949.

Professor Schlögl (1864 bis 1939) war ein österreichischer Exeget und Orientalist so großen Formats, daß eine Darstellung seiner Person und seines Werkes vollauf gerechtfertigt ist Daher gebührt seinem Schüler unser Dank für die aufschlußreiche und objektive Schilderung dieses originellen und unermüdlichen Bibelgelehrten, den man als einen Meister der Konjekturalkritik bezeichnen kann. Wie gerne hätten wir jetzt Schlögls Meinung gehört über die jüngst aufgefundenen hebräischen En-Feshna-Fragmente! Der Verfasser scheut sich nicht, auf gewisse Einseitigkeiten in Schlögls Werk aufmerksam zu machen, auf die tragische Indizierung seiner Bibelübersetzung und die fanatisch verfochtene metrische Theorie. Sehr wertvoll ist die Mitteilung, daß Schlögls „Lebenswerk“, seine in fast 20 Quartobänden enthaltene deutsche und lateinische Uebersetzung der ganzen

Bibel, zum Glück — wenn auch nur Handschrift“ lieh — bewahrt geblieben ist und jedem Forschet in Heiligenkreuz zur Einsicht vorliegt

Dr. Nico Greitemann

Der Mensch vor Gott Die Daseinserfahrung In den Psalmen. Von Hermann K r i n g s. Werkbundverlag, Würzburg. 136 Seiten.

Das Buch trifft ein wahres Anliegen, bei den Laien ebenso wie beim Klerus. Die liturgische Erneuerung hat erkennen lassen, wie sowohl Meßbuch als vor allem das Stundengebet aus den Psalmen wie aus ihrem Grundstoff aufgebaut sind. Nun aber scheitern viele, weil ihnen die Welt des Psalters fremd bleibt Diesen vielen möchte das Büchlein einen Eingang in diese Welt eröffnen. Das läßt sich aber nur durch das Lebendigmachen eines guten Stückes alttestamentarischer Theologie. Und das ist dem Autor in vieler Hinsicht, wenn auch nicht in jeder gelungen. Das Kapitel: Das Bild von Hirt und Herde, in dem die Lenkung und Behütung des von einem personalen Gott Erwählten, des einzelnen wie der Gemeinde, sichtbat gemacht wird, oder das andere vom Bilde Gottes, in dem Seine souveräne Personalität deutlich gemacht wird, sind gewiß jenseits jedes Einwandes. Ob dagegen erreicht wurde, all die verschiedenen Situationen der Begegnung mit Gott dem Leser, dem Beter so nahezubringen, daß er sie nachvoll ziehen kann, wird nicht ohne Vorbehalte zu beantworten sein. Zweifellos ist aber das Buch vor allem den Brevierbetern (auch Schwestern!) sehr zu empfehlen. Es kann uns einen guten Schritt jenem Psalmenschlüssel näherbringen, der unserem Empfinden entspricht und der für ein Weiterwirken der liturgischen Erneuerung unerläßlich sein wird. Dr. P. Leopold S o u k u p OSB.

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