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Zur Psychologie des Menschen

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Der Zwiespalt des modernen Menschen. Von

Dr. Paul Tournier. Verlag Benno Schwabe & Co., Basel. 206 Seiten.

Gerade in der Schweiz ist die Auseinandersetzung zwischen christlichem Denken und der Psychoanalyse, welche dieses Land weithin überflutet hat, in vollem Gange. Man sucht die wertvollen Erkenntnisse des Tiefenpsychologie für sich zu retten und den Ver-irrungen die christliche Wahrheit entgegenzusetzen. Diesem Bestreben ist das obige Werk des Autors, der der „Oxfordbewegung“ nahesteht, entsprungen. Die Krankheit der Zeit, ihr Fortschritts- und ihr Machtwahn wird als „Verdrängung“ des Religiösen ins Unterbewußtsein, als „Trotzneurose“ gedeutet, die sich durch Angst, Einengung und Unfruchtbarkeit am Menschen der Gegenwart rächt. In diesem Zusammenhang werden erhellende Einsichten über Freud gegeben, welcher jeden Wert auf das Unbewußte zurückführen will und die Absolutheit der Werte nicht anerkennt. Wenn dann zum Ende die Aufgaben der Kirche gezeichnet werden, die allein aus dem Chaos führen könne, von einem Christen, der dennoch nicht im Herzraum der Kirche steht, so ist das eine zeitnotwendige Gewissenserforschung auch für den katholischen Christen.

Seelische Wandlungen beim alternden Menschen. Von Dr. A. V i s c h e r. Benno Schwabe & Co., Basel. 216 Seiten.

Ist es überhaupt „aktuell“, heutzutage über das Alter zu schreiben? Ist es etwa nur eine Reaktion gegen die krampfhafte „Jugendl'ch-keit“ der jüngstvergangenen Epoche? Nun steht es ja fest, daß sich der Altersaufbau der Bevölkerung immer mehr gegen das höhere Alter hin verschiebt, daß es also verhältnismäßig immer mehr ältere Leute gibt. Darüber hinaus ist aber das Alter ein wichtiges Problem, ein schwere, aber fruchtbare menschliche Aufgabe. Und darum hauptsächlich,

Arbeitsvertrag. Grundriß des Arbeitsrechtes, 1. Buch. Von Hermann H a e m e r 1 e. Manz-Verlag, Wien.

Es besteht kein Zweifel, daß das Bedürfnis nach einem Grundriß de-, Arbeitsrechtes, wie etwa der seinerzeitige Grundriß des österreichischen Sozialrechtes von Max I.ederer, ein großes ist. Der Verfasser versucht, diesem Mangel durch die Herausgabe, des gegenständlichen Werkes abzuhelfen, dessen erster Band nun im Manz-Verlag erschienen ist. Der Verfasser hat viel Literatur des In- und Auslandes sowie Entscheidungen zusammengetragen. Es ist eine mühevolle und fleißige Arbeit, die hier geleistet wurde, der jedoch manche Mängel anhaften, da der Verfasser das geltende Arbeitsrecht fast durchwegs beschreibt, ohne aber auf die Probleme, deren gerade die neueste Gesetzgebung sehr viele aufweist, näher einzugehen. Gerade um diese Problemstellung aber geht es, wenn der Praktiker das Werk zur Hand nimmt. Es zeigt sich hier wieder deutlich, daß das Arbeitsrecht nicht vom grünen Tisch her behandelt werden kann, sondern nur in Verbindung mit dem Leben selbst. Dr. Karl Kummer

Soziologie der Renaissance. Von Alfred von Martin. Verlag Josef Knecht & Caro-lusdrudcerei, Frankfurt am Main. 181 Seiten.

Das Buch ist eine hervorragende Leistung der historischen Soziologie. Das Kunst- und Kulturbild, das Jakob Burckhardt von der Renaissance gibt, ist hier ins Soziologische übersetzt. Schon die methodologische Einleitung trägt das Bauhüttenzeichen wahrer Wissenschaft. Mit Recht wird die Aufgabe der Soziologie in der Nachsuche der gesellschaftlichen Verwurzelungen des Geistes einer Epoche gesehen. Dabei hütet sich der Verfasser emsig davor, dem .Soziologismus“ zu verfallen, der alles und jede „soziologisie-ren' möchte (nur nicht sich selbst!). Ein Genuß ist die Lektüre der Abhandlungen über Kirche und Bürgertum. Was ich in meinen Arbeiten bisher zeigte, daß die Kirche selbst die mittreibende Kraft im Abbau der mittelalterlich-feudalen, im Aufbau der neuzeitlich-kapitalistischen Wirtschaftsordnung gewesen war, einerseits durch ihre kanonisti-sche Zinserlaubtheit, andererseits durch ihre kuriale Finanzpraxis, das demonstriert der Verfasser hier, in der entscheidendsten Epoche der modernen Gesellschaftsentwidclung, mit stupender Gelehrsamkeit und Geschichtskenntnis.

Univ.-Prof. Dr. August M. Knoll

Wagnis der Ehe. Von Theodor B 1 i e w e i s, Josef ine G a n g 1, Dr. Albert Nieder-meyer. Ein Arzt, eine Mutter, ein Seelsorger sprechen zu jungen Menschen. Verlag Herold, Wien. 144 Seiten.

Von drei Seiten her werden die Fragen der Ehe in einer zweckentsprechenden und gründlichen Weise behandelt. Der Priester moralisiert nicht nur, sondern geht auf das Wesentliche, die Frau sagt aus ihrem mütterlichen Wissen wahrhaft Beherzigenswertes, der Arzt und Wissenschaftler gibt einen Extrakt des Notwendigsten, ohne es an Deutlichkeit fehlen zu lassen. Das Buch — es ist sehr nett nicht nur um die physiologischen, die medizinischen Probleme geht es in diesem Buch. Für den Alternden ist nicht nur die Umwelt, die soziologische Lage, verändert, er ist vor allem durch sein verändertes Zeiterlebnis selbst ein anderer geworden, was wichtige seelische Konsequenzen mit sich bringt, das ganze Lebensgefühl verändert. Ihm ordnet sich die Vergangenheit, ordnet sich die Welt zu einem sinnvollen Kosmos so sehr wie keine andere Lebenszeit. Dadurch, daß diese seelischen Wandlungen im Alter mit dem Feingefühl eines wissenden und liebenden Arztes beschrieben werden, ist das Werk ein rechtes Trostbuch geworden.

Die Psychologie der öffentlichen Meinung.

Von Peter R. Hofstätter. Verlag Wilh. Braumüller. 184 Seiten.

In der Reihe „Erkenntnis und Besinnung“, einer „Sammlung wissenschaftlicher Forschungsberichte, Untersuchungen zur Theorie und Methodik des Wissens und seiner Stellung im Kulturganzen“, ist von dem Verfasser, der schon eine ausgezeichnete, prägnante „Einführung in die Tiefenpsychologie“ geschrieben hatte, nunmehr ein Werk über „die Psychologie der öffentlichen Meinung“ erschienen, jenen Faktor, der nicht nur das politische Leben, sondern auch die Weltanschauung des einzelnen zutiefst beeinflußt. Immer mehr bemächtigt sich die exakte wissenschaftliche Forschung, vor allem unter dem Einfluß angelsächsischen Denkens, dieser früher mehr gefühlsmäßig erfaßten Beziehungen, große Institute in aller Welt befassen sich allein mit ihrer Erforschung. Kurz und klar berichtet das vorliegende Werk über Problematik und Methoden dieser Arbeit. Freilich bleibt, was auch offen zugegeben wird, trotz alles Wissens über diese Dinge, ein ungelöster Rest, wie eben in aller Wissenschaft vom Menschen.

Dozent Dr. Hans Asperger und handlich ausgestattet — ist zur Massenverbreitung geeignet. Der Priester kann es als Grundlage für die Brautlehre verwenden, junge Leute, die vor der Ehe stehen, sollen es lesen, und selbst alte Eheleute werden etwas, besonders aus dem zweiten Teil, lernen können. Die Idee so einer Gemeinschaftsarbeit hat sich bei der Herausgabe eines solchen Werkes als äußerst glücklich und fruchtbar erwiesen. Man nimmt es mit Dank, Anerkennung und größtem Nutzen entgegen. Es kann vorbehaltlos empfohlen werden.

Dr. Franz J a n t s c h

Osterreichische Forscher. Ein Beitrag zur Völker- und Länderkunde. Von Otto Mar-s c h a 1 e k. Mit einer Einführung von M. Gu-sinde. Verlag St. Gabriel, Mödling bei Wien. Mit 16 Bildseiten und 2 Karten, 188 Seiten.

Österreich hat, obwohl ein Tand ohne Kolonien, zur Erforschung der Welt verhältnismäßig viel beigetragen. Deshalb ist das vorliegende Buch seiner Idee nach sehr zu begrüßen. Der Autor verfügt über eine lebendige Darstellungsgabe, was natürlich der Publikation zugute kommt. Sie wird ohne Frage viele Interessenten und Leser finden.

Schade nur, daß dem Buch offenbare Flüchtigkeitsfehler anhaften, die bei Gelegenheit einer Neuauflage in Ordnung gebracht werden sollten. Auf einige Lücken und Mängel, die das Buch speziell in völkerkundlicher und verwandter Hinsicht aufzuweisen hat, sei im Interesse der Sache und der zu erwartenden revidierten Neuauflage kurz hingewiesen.

Zunächst fällt auf, daß die Namen verschiedener in Betracht kommender neuerer Forscher (Ethnologen, Prähistoriker, Linguisten, Tierzuchtsforscher) fehlen. So zum Beispiel Rock, Helfer, Nadel, Mänchen-Helfen,

Lukas, Hautmann, Amschler, Staffe, v. Ehrenfels. Es bedeutet ferner eine Unzulänglichkeit, wenn bei einzelnen Forschern unter deren angeführten Werken gerade die bedeutendsten fehlen. Dieses ist zum Beispiel bei Chr. v. Fürer-Haimendorf (S. 132) der Fall, wo ausgesprodien dessen Hauptwerke (die wertvollen Monographien über Chenchu, Reddi und Gond) nicht zitiert werden. Ähnlich fehlt bei Prof. P. Schebesta (S. 106) dessen grundlegendes, 1948 erschienenes Buch über das soziale Leben der Bambutipygmäen in Zentralafrika, ein Buch, das ohne Frage zum besten und wichtigsten gehört, das uns der bekannte Pygmäenforscher bis jetzt geschenkt hat.

Diese Beispiele müssen hier genügen, obwohl sie vermehrt werden könnten. Der Autor steht dem Fachgebiet der Völkerkunde persönlich offenkundig ferne. Das kommt mehrfach auch darin zum Ausdruck, daß die Forscherpersönlichkeiten in bezug auf ihre wissenschaftliche Bedeutung zum Teil mehr oder weniger überbewertet, zum anderen Teil entsprechend unterbewertet werden. Inwieweit dieses etwa auch hinsichtlich der Vertreter anderer Wissenschaftsbereiche zutrifft oder nicht, vermag der Referent nicht zu beurteilen. Alle diese Fehler und Mängel könnten in einer zweiten Auflage des sonst begrüßenswerten Buches behoben werden. Univ. Prof. Dr. Wilhelm Koppers

Kurze Geschichte Österreichs. Von Eva

Priester. II. Band, Aufstieg und Untergang des Habsburgerreichs. Globus-Verlag, Wien, 620 Seiten, 1 Zeittafel, 2 Karten.

Drei Jahre nach dem ersten erscheint nunmehr der zweite und abschließende Baod der österreichischen Geschichte von Eva Priester. Er ist jenem nicht nur an Umfang und Ausstattung, sondern doch auch an inhaltlichen Qualitäten überlegen. Offensichtlich ist die neuere Geschichte der Autorin vertrauter als frühere Jahrhunderte, auch hat sie in der Zwischenzeit ihre Literaturkennthis erweitert. Immerhin fehlen im „Quellenverzeichnis“ wohlbekannte Kompendien, wie Huber-Redlich, Mayer-Kaindl-Pirchegger, das Handbuch von Uhlirz, während Abseitiges und Unwesentliches höchst gewissenhaft angeführt wird.

Manches andere nimmt den unbefangenen Leser wunder. Warum wohl der 1. Band mit 1648 abschließt, der zweite aber erst mit 1683 beginnt? Warum schon im 18. Jahrhundert von Kosice und Bratislava die Rede ist — andererseits aber von Neuhäusel und Eperjest Was für Bratislava recht ist, müßte für Nove Zamky billig sein! Weniger wundert uns, daß schon im 17. Jahrhundert die Russen immer recht haben, die Tschechen meistens, die Österreicher ab und zu, die Engländer aber nie, während Sudetendeutsche und Preußen die Popanzrolle übernehmen, die im Dritten Reich den Juden zukam. Durchaus willkürlich werden in der beigeschlossenen Nationalitätenkarte der österreichisch-ungarischen Monarchie „Österreicher“ und „Deutschsprachige Gruppen“ voneinander abgegrenzt — nämlich nach den Grenzen von 1919, allerdings mit Einbeziehung der Südtiroler zu den Österreichern. Das überdimensionierte slowenische Sprachgebiet in Kärnten dürfte der Verfasserin das Wohlwollen Titos sichern, was nicht unbedenklich erscheint. Auf verschiedene Unrichtigkeiten im Text einzugehen, verbietet dein Rezensenten der begrenzte Raum; daß die Autorin gelegentlich auch ins Schwarze trifft, sei immerhin vermerkt. Eine Bereicherung unseres Wissens um die österreichische Geschichte wird auch der wohlwollendste Beurteiler in ihrem Werke nicht sehen können. Es fehlt der Verfasserin weder an Begabung noch an Temperament — aber sie ist keine Historikerin, sondern eine stets auf Wahrung der Parteilinie bedachte politische Publizistin.

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