Drohne - © Getty Images

Todesvögel aus heiterem Himmel

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Bewaffnete Drohnen verändern die Art der Kriegsführung so fundamental wie einst die Einführung von Schusswaffen – die rechtlichen und moralischen Fragen sind ungeklärt.

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Bewaffnete Drohnen verändern die Art der Kriegsführung so fundamental wie einst die Einführung von Schusswaffen – die rechtlichen und moralischen Fragen sind ungeklärt.

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Es schaut aus wie ein Spiel, ist aber tödlicher Ernst: Sieht man Bilder von Drohnen-Steuerungszentralen im amerikanischen Nevada, britischen Lincolnshire oder deutschen Ramstein, könnte man auf den ersten Blick meinen, es handle sich um ein Playstation-Spiel: Das Bedienpersonal hält Joysticks in den Händen, hat Headsets am Kopf und die Bildschirme zeigen Grafikkarten. Doch hier werden auf Knopfdruck Menschen getötet – aus der Ferne, meist liegen Tausende Kilometer zwischen diesen Steuerungszentralen und dem Tatort.

„Unsere Augen, die niemals blinzeln“, nennt Brett Velicovich, US-Soldat der Spezialeinheit „Delta Force“, die von ihm im Krieg gegen den „Islamischen Staat“ dirigierten Waffen. „Unsere Drohnen sahen alles und schliefen nie“, schreibt er in seinem Buch „Drohnenkrieger – ein Elitesoldat enthüllt die Geheimnisse der neuen Art der Kriegsführung“ (riva Verlag, München 2019). Von einem gut gekühlten Container aus steuerte Velicovich unbemannte Flugkörper, um Kommandanten, Kämpfer und militärische Infrastruktur des IS „auszuschalten“. Strom, eine Datenverbindung, eine Klimaanlage und eine Kiste „Rip-It-Energydrinks“ – mehr brauchte er nicht, um die nach dem Sensenmann als „Reaper“ oder als „Predator“ für Feind bezeichneten Drohnen einzusetzen. Ein mit dem Drohnenkrieg einhergehender großer Vorteil für die Militärs ist, dass die Mehrheit der Drohnen-Piloten an ihrem Heimatstützpunkt bleiben kann: „Wer heute über Afghanistan geflogen ist, kann morgen schon über Afrika fliegen“, heißt es seitens der US-Streitkräfte. Damit gehe eine „Feuerkraft-Effizienz“ einher, „wie sie besser nicht sein kann“.

Sinkende Gewaltschwelle

Der militärische Vorteil, keine eigenen Soldaten in die Gefahrenzonen schicken zu müssen, steht auch am Anfang des Berichts „Humanitäre Folgen von Drohnen“, der eine völkerrechtliche, psychologische und ethische Betrachtung dieser Zäsur der heutigen Kriegsführung bietet. Im Februar dieses Jahres erschienen, herausgegeben von der Women’s International League for Peace and Freedom – Article 36 –, The International Disarmament Institute of Pace University und IPPNW Deutschland, thematisiert dieser Report auf über 100 Seiten die Fragen: Wie ist diese Kriegsführung rechtlich zu bewerten? Sind die zivilen Opfer­zahlen und „Kollateralschäden“ wirklich niedriger? Und da die Entwicklungen in Richtung autonomer, nicht mehr von Menschenhand gesteuerter Drohnen geht, stellt sich die Frage: Wer wird zur Verantwortung gezogen, wenn sie töten? Um deutlich zu machen, wohin die Entwicklung gehen könnte, haben erst kürzlich an künstlicher Intelligenz forschende Wissenschaftler aus aller Welt ihre Forderung nach dem Verbot autonomer Waffen mit einem drastischen Video illustriert. Darin dringen „Slaughterbots“ – Drohnen, kleiner als eine Handfläche – in eine Universität ein und töten gezielt politisch aktive Studenten. Heute ist das noch Fiktion, aber wie lange noch, warnen diese mit der Materie bestens vertrauten Wissenschaftler.

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