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EU-Wahl

DISKURS
Stürmische Zeiten zwischen der EU und der Schweiz - Nachdem der Schweizer Bundesrat 2021 ein Rahmenabkommen mit der EU hat platzen lassen, bröckelt die Verhandlungsbasis zwischen Bern und Brüssel - ein neuer Anlauf für die Bilaterale III ist im März 2024 gestartet. - © iStock/stefaniaandreetto

Wilhelm Tell ins EU-Duell gezerrt

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Das Schweizer Modell wird von der FPÖ und anderen EU-Skeptikern als Erfolgsweg abseits der EU-Schienen beschrieben. Die „Bilaterale III“-Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel zeigen aber ein anderes Bild.

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Das Schweizer Modell wird von der FPÖ und anderen EU-Skeptikern als Erfolgsweg abseits der EU-Schienen beschrieben. Die „Bilaterale III“-Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel zeigen aber ein anderes Bild.

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Vaterlandsschwüre hin und Heimatliebe her: Bei der Schweiz geraten die FPÖ und andere rechtsnationalistische Parteien in Europa ins Schwärmen. Ihr beharrliches Nein zu einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union macht die Schweiz zum Vorbild aller EU-Gegner. Auch wenn die FPÖ-Spitze seit Österreichs Beitritt zur EU vor 30 Jahren mehrmals das Personal gewechselt hat: Die freiheitlichen Spitzen gegen die EU sind seit Jörg Haider die gleichen. Und gleich geblieben ist auch, dass seit Mitte der 1990er Jahre eine blaue Lanze nach der anderen für die dem „Brüsseler Zentralismus“ trotzenden Eidgenossen gebrochen wird. „Die Schweiz lässt sich von der Europäischen Union einfach nicht erpressen“, fasste Petra Steger, EU-Sprecherin der Freiheitlichen und Listenzweite bei der Europawahl, den Grund für die freiheitliche Schweiz-Begeisterung zusammen.

Anlass für dieses FPÖ-Lob aus Wien nach Bern war, dass die Schweizer Regierung 2021 nach sieben Jahren Verhandlungen ein Rahmenabkommen mit der EU platzen ließ. Einen kurzen Schockmoment auf beiden Seiten später begann aber die Beziehungsarbeit aufs Neue. Mitte März dieses Jahres, nach vielen Sondierungsrunden, starteten die Verhandlungen um eine Fortsetzung der bisherigen bilateralen Binnenmarktabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union aufs Neue.

Schluss mit Rosinenpicken

„Es ist ein ständiger Überlebenskampf unserer Beziehungen zur EU“, kommentiert Daniel Woker diesen Anlauf zur sogenannten Bilateralen III. Die Auffassungsunterschiede zwischen Brüssel und Bern hätten „sich in letzter Zeit akzentuiert“, sagt Woker: „Die EU hat meiner Meinung nach absolut recht, wenn sie zur Schweiz sagt: Ihr könnt nicht nur die Vorteile des Binnenmarktes nützen und gleichzeitig keine Verantwortung übernehmen, wie das die EU-Mitglieder tun.“ Woker ist ehemaliger schweizerischer Botschafter mit Einsatzorten auf der arabischen Halbinsel, in Singapur und Australien, betreibt heute ein geopolitisches Beratungsunternehmen und gehört zu jenen Schweizern, die für eine engere Anbindung ihres Landes an die EU eintreten.

„Österreich hat das geschickter gemacht“, argumentiert Woker konträr zur FPÖ, die das Schweizer (Nicht-)Verhältnis mit der EU als Königsweg darstellt. Österreich sei einerseits EU-Mitglied, sagt Woker, „macht voll mit“, verstehe sich aber gleichzeitig darauf, in einzelnen Bereichen „gewisse Verpflichtungen elastisch zu interpretieren, wie das alle anderen EU-Länder auch tun“. In der Schweiz sei man dafür zu korrekt, meint Woker: „Wir wollen immer alles bis ins letzte Komma ausbuchstabieren und haben damit große Probleme in unseren Beziehungen zur EU.“

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