Solidarität braucht Integration

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In manchen Kreisen gehört es zum guten Ton, sich schlecht über die Arbeit von Maria Fekter zu äußern. Die geradezu automatisierte Kritik an der Innenministerin und nahezu allem, was sie unter dem Titel Fremdenrecht hervorbringt, ist inzwischen stereotyp, so auch diese Woche: Politisch betrachtet sei ihre Tätigkeit fremdenfeindlich und populistisch, rein rechtlich gesehen verfassungswidrig, moralisch beurteilt schlicht verwerflich. Wo stets so schnell und pauschal, in Inhalt und Tonart seit Jahr und Tag gleichlautend, gekontert wird, setzt sich ritualisierter Abtausch politischer Parolen ständig fort. Der Sache ist damit nicht gedient.

Differenzierende Debatte

Festzuhalten ist, dass das Fremdenrecht und dabei das Asylrecht seit Jahren konsequent verschärft werden. Das geht häufig zu Lasten der Asylwerber, wie etwa Caritas und Diakonie zu Recht aufzeigen.

Es bleibt ein schwerwiegender Grundfehler der Debatte, unter dem Druck der Verkürzung von Kommunikation stets mit einem diffusen Ausländerbegriff geführt worden zu sein.

Die Kirchen, die naturgemäß den Begriff des Ausländers gar nicht kennen, setzen sich unabdingbar für Menschen ein. Doch unter jenen, die kamen, fanden sich, was nicht den Kirchen zuzurechnen ist, auch solche, die manches Recht strapazierten, gegen anderes gar verstießen.

Beim großen Aufräumen durch das Innenressort und Behörden kam es zu grotesk hausverstandswidrigen Abschiebungen, die natürlich wiederum die Kritik an dieser Politik verstärkten. Doch den Kritikern unterläuft, was sie so gerne der Politik vorwerfen: nicht ausreichend zu differenzieren.

Es gibt Einzelfälle, in denen Asylrecht und Instanzenzug ausgereizt wurden. Es gibt, wie sich erst jüngst zeigte, kriminelle Organisationen, die aus dem Ausland Kinder und Krüppel in Wien zum Betteln platzieren. Aber wie viel leichter fiele allen die Debatte darüber, würden dies all die um Humanität bemühten Personen auch einmal aussprechen? Und sich nicht ständig darüber verschweigen, weil ja Kritisches zu Ausländern nur die Ausländerfeindlichkeit der Rechten und Radikalen bedienen und rechtfertigen würde. Jetzt haben wir alle Probleme: eine undifferenzierte Debatte, aggressiven Populismus, enorme Schwierigkeiten in der Integration. Doch diese, dazu gibt es keine Alternative, muss gelingen.

Solidarität braucht Übereinkunft

Ein Blick in die einschlägige Meinungsforschung, wie sie unter Führung des Innenministeriums mit Partnern in der exzellenten Broschüre „migration & integration“ aufbereitet wurde, zeigt eine offene Wunde der Gesellschaft.

Mehr als die Hälfte der Befragten hat persönlichen Kontakt zu Migranten; ein Fünftel lehnt jegliche fremdenfeindliche Aussage strikt ab; aber nur 3,5 Prozent der Gesamtbevölkerung meinen, Integration funktioniere. Mehr als die Hälfte fordert von Migranten eine bessere Anpassung an den Lebensstil der Österreicher. Damit korrespondierend meint ein Drittel der Migranten, sie würden als Zuwanderer benachteiligt.

Es gibt hier zu wenig an Austausch über die wechselseitigen Erwartungen, was Enttäuschung auslöst. Der gesellschaftliche Grundkonsens wird nicht ausreichend und genau genug verhandelt. Doch die Integration muss gelingen, nicht zuletzt, weil der Staatshaushalt zu sanieren und der Sozialstaat abzusichern sind. Das erfordert eine Solidarität aller, die Steuern und Beiträge zahlen, und jener, die daraus Leistungen empfangen. Diese Solidarität wird gefährdet, wenn es keine grundlegende Übereinkunft über allgemein verbindliche Rechte und Pflichten des Einzelnen, über Menschenrechte und Menschenwürde gibt. Diese ist herzustellen und ständig zu pflegen, wofür es, eben, der Integration bedarf. Alles andere würde die Solidarität untergraben, mit unerbittlichen negativen Folgen. Es ist der Zusammenhalt, der auf dem Spiel steht.

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