Kirche - © iStock/urbazon

Christentum, Islam, Buddhismus: Religion im Wandel

19451960198020002020

Auch wenn weltweit 80 Prozent der Menschen einen positiven Zugang zur Religion haben, verändern sich die Zugänge und die Praxis. Das gilt für das Christentum wie für den Islam oder östliche Religionen.

19451960198020002020

Auch wenn weltweit 80 Prozent der Menschen einen positiven Zugang zur Religion haben, verändern sich die Zugänge und die Praxis. Das gilt für das Christentum wie für den Islam oder östliche Religionen.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Religionen wandeln sich weltweit in den Köpfen und Herzen ihrer Anhänger, Sympathisanten und Mitglieder. Die Ursachen dafür sind die steigende Akzeptanz des Weltbildes der Naturwissenschaften, die Forschungen der Kulturwissenschaft und die Verbreitung der Religionskritik. Dadurch verändern sich die Inhalte, die Bilder und die Normen der Religionen, aber diese kommen nicht zu einem Ende. Denn 80 Prozent der heute lebenden Menschen haben einen positiven Bezug zur Religion.

Die Naturwissenschaften arbeiten aus methodischen Gründen ohne den Bezug zu einer Religion, zu Göttern und Geistwelten, sie erklären das Universum aus sich selbst. Doch sie lassen die Frage offen, ob geistige Wesen existieren und wirken. Dadurch bleiben religiöse Überzeugungen und Orientierungen weiterhin möglich. Doch alle Lehren, Bilder und Normen der Religionen werden von menschlichen Gehirnen geschaffen, dadurch sind sie ständig veränderbar (siehe dazu die Thesen von Gerald Hüther und Gerhard Roth).

In Bezug auf Religionen findet man heute drei Positionen. Die erste lebt ohne Religion und Bezug auf metaphysische Welten (Materialisten, Naturalisten). Die zweite geht von einer göttlichen „Urkraft“ aus, die den Kosmos-Prozess lenkt, aber keine menschenähnlichen Eigenschaften hat. Das ist die Position der religiösen Atheisten (Ronald Dworkin, André Comte-Sponville). Die dritte Position folgt dem „anthropischen Argument“ und schreibt der göttlichen Urkraft menschenähnliche Eigenschaften zu. Da wir Menschen in der Evolution als vernünftige Lebewesen entstanden sind, sei es wahrscheinlich, dass eine göttliche Ur-Vernunft existiert und wirkt. Hierher gehören die Argumente der „Prozess-Theologie“ (Catherine Keller), die daran glaubt, dass sich die göttliche Urkraft mit dem Prozess des Universums und des Lebens weiterentwickelt.

Die Erkenntnisse der Natur- und der Kulturwissenschaften führen in allen Regionen der Erde zu Veränderungen der religiösen Überzeugungen . Denn die Glaubenden sehen, wie diese Lehren entstanden sind und welche Wirkungen sie auf das Leben haben. Viele sehen in den Vorstellungen der vielen Götter und Göttinnen nur mehr Symbole für die eigenen Lebenserfahrungen. Viele Lehren der Religion relativieren sich, aber die moralischen Grundwerte des Zusammenlebens bleiben weitgehend konstant.

Veränderungen in Ost-Asien

Durch die Akzeptanz des naturwissenschaftlichen Weltbildes verändern sich in ganz Asien die Inhalte der herkömmlichen Religionen. In Indien (vgl. Seite 6) sehen 30 bis 35 Prozent der Bevölkerung, das sind die gebildeten Oberschichten, die Lehren von den Göttern Brahma, Vishnu und Shiva als starke Symbole für den Prozess des Werdens und Vergehens. Sie nennen die göttliche Urkraft im Kosmos Brahman. Aber sie glauben an keine Wiedergeburt der Seelen und sie sehen in der Verehrung der Ahnen vor allem den biologischen und den epigenetischen Bezug zu den Vorfahren. Doch sie schätzen weiterhin die Riten der Religion und die wunderbaren Tempel als Teile der indischen Kultur. Wir sehen den Übergang von einer Glaubensreligion zu einer „Kulturreligion“.

In China ist dieser Prozess am weitesten fortgeschritten. Es sind laut der Verfassung fünf Religionen erlaubt (Daoisten, Buddhisten, Muslime, Protestanten, Katholiken), die vom Staat streng kontrolliert werden. In den mittleren und unteren Schichten sind die Lehren und die Riten der Daoisten und der Buddhisten noch sehr verbreitet. Doch die Christen und die Muslime müssen sich der chinesischen Kultur anpassen. Aber die moralischen Grundwerte des Zusammenlebens und der Solidarität werden stark von daoistischen und buddhistischen Lehren getragen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung