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Zwei Themen des Konzils

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Wenn man einen Überblick über die zweite Sitzung des Zweiten Vatikanischen Konzils geben will, kann man den Inhalt und die Bedeutung dessen, was in dieser zweiten Sitzung behandelt wurde, mit zwei Stich Worten darstellen, nämlich: die Kollegialität der Bischöfe und der ökumenische Gedanke.

Besonders diejenigen, denen es geläufig geworden war, die Führung der Kirche fast ausschließlich zentral in dem Papst von Rom zusammen mit dem Exekutivorgan seiner Macht, der römischen Kurie, verkörpert zu sehen, wurden bestürzt und verwirrt. Sie konnten in dem Begriff der Kollegialität der Bischöfe kaum etwas anderes als einen Angriff auf die Stellung der zentralen Führung der Kirche sehen — oder, noch schlimmer, als einen Widerstand gegen die Gewalt des Papstes als höchste Autorität der Kirche.

Wenn man von der Kollegialität der Bischöfe redet, so wird zweifellos eine Autoritätsposition der Bischöfe in der Kirche gemeint. Nicht aber des individuellen Bischofs, sondern der gesamten Bischöfe. Man will von der Autoritätsposition reden, welche das collegium episcoporum qua collegium in der Kirche innehat. Es geht nicht um die Autoritätsposition des individuellen Bischofs oder einer Gruppe von Bischöfen wie bei den Bischofskonferenzen. Jedenfalls nicht an erster Stelle, und, wenn ich richtig sehe, kaum einmal als Konsequenz. Es geht um die Autorität des ganzen Kollegiums als solches.

Außerdem soll man dabei nicht vergessen, daß dieses collegium episcoporum zwar Nachfolger des collegium apostolorum ist, daß dies aber nicht bedeutet, daß jeder Bischof als Mitglied dieses Kollegiums die gleichen Rechte und dieselbe Autorität hat, die jeder individuelle Apostel durch den Auftrag Christi besaß.

Und was schließlich von größter Bedeutung ist — auch hier gab es im Konzil Anlaß zu Mißverständnissen —: dieses collegium episcoporum setzt die Gesamtheit aller Bischöfe voraus, das heißt einschließlich der Bischöfe von Rom als Haupt der ganzen Kirche.

Das collegium heißt nicht: alle Bischöfe ohne den Papst, sondern alle Bischöfe der Kirche mit dem Papst, oder vielleicht besser: der Papst mit allen anderen Bischöfen der Welt. Die Anwesenheit des Oberhirten, des Nachfolgers des heiligen Petrus, konstituiert das Kollegium an sich.

Von diesem Kollegium ist schon im Ersten Vatikanischen Konzil die Rede gewesen. Und von diesem collegium episcoporum hat man damals gesagt, daß es in der Kirche Autorität hat, nicht nur, wenn es im Konzil zusammenkommt, wie das nun wieder der Fall ist, sondern bleibend und permanent, auch wenn es nicht im Konzil beisammen ist, was ja die normale Lage des Kollegiums ist. Ohne Zweifel wäre es heute — da die Welt so klein geworden ist und Entfernungen kaum noch eine Rolle spielen — bedeutend leichter möglich, das Kollegium öfter zu einem Konzil zusammenzurufen. Tatsächlich hat man schon Stimmen gehört, die ein öfteres Zusammenkommen eines Konzils befürworten.

Dagegen haben andere sich dafür eingesetzt, daß der Heilige Vater aus dem gesamten Kollegium der Bischöfe, über die ganze Welt zerstreut, etwas wie einen Kronrat bilden wolle, in dem alle Teile der Kirche, alle Erdteile und Länder vertreten sein sollen und der regelmäßig zusammenkommen solle. Das wäre eine Art Konzil in forma contractu. In diesem Kronrat könne dann die Stimme des ganzen Kollegiums, der ganzen Weltkirche im Zentrum der Kirche gehört werden. Man ist der Meinung, daß die zentrale Führung der Kirche dabei nur gewinnen könne. Der Papst habe dann sehr leicht die Möglichkeit, über alle wichtigen Fragen, welche die gesamte Kirche anbelangen, die Stimme der ganzen Kirche zu vernehmen.

Dabei würde dann die theologisch und kirchenrechtlich interessante Frage entstehen, ob dieser Kronrat ohne weiteres die Autorität und die Befugnis des Kollegiums als Ganzes haben würde, und wenn ja, aus welchem Grund. Oder müßte man vielleicht sagen, daß die Bischöfemitglieder dieses Kronrates nicht ohne weiteres Abgeordnete des Kollegiums sind und deshalb nicht die Gewalt und die Befugnis des Ganzen tragen, sondern nur Ratgeber sind, die der Papst sich aus dem Kollegium wählt als Mitglieder des Kronrates, welchem er selbst ex propria auctoritate — wenn er das will — gesetzgebende Gewalt verleiht.

Wie dem auch sei, jedenfalls scheint eine derartige Instanz gerade in dieser Zeit von größter Bedeutung für die Kirche zu sein.

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