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Europa wird vernetzt

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Beim internationalen Kongreß „Transeuropäische Netze" kürzlich in Wien wurde die zukünftige Entwicklung der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energienetze Europas als wichtige Voraussetzungen zur Realisierung des Binnenmarktes behandelt. Denn, so Martin Bangemann, seit 1994 als EU-Kommissar in Brüssel mit Fragen der Telekommunikation befaßt, vor Journalisten, „mit der Abschaffung rechtlicher Hindernisse allein ist der freie Markt in Europa nicht zu realisieren". Für einen europäischen Markt ohne Binnengrenzen sei der Auf- und Ausbau eines Telekommunikationsnetzes besonders wichtig.

Bangemann lehnt es ab, von einem „Highway of Information" zu sprechen. Ihm geht es um die „Schaffung der Informationsgesellschaft". Ein erster Schritt auf diesem Weg sei bereits mit der Deregulierung, der Abschaffung öffentlicher Monopole, gelungen. Das sei ein wesentlicher Faktor für einen fairen, chancengleichen Wettbewerb, bei dem die „Gewinner", die Konsumenten, davon profitieren. Das zeige die Entwicklung in vielen europäischen Ländern. Der Markt sei bisher recht gut vorangekommen. Schon, jetzt gebe es private Betreibergesellschaften, ab 1.Jänner 1998, mit der Liberalisierung des Festnetzes, werde die Nutzung der Dienste allen offen stehen.

Die modernen Informationstechnologien, anfangs eine der drei Säulen der europäischen Infrastruktur, entwickelten bald ein Eigenleben und es konnte nicht mehr übersehen werden, daß sie wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen bewirken würden, sagt Bangemann. So sei Telekommunikation heute ein Produktionsfaktor, der zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit zu möglichst günstigen Preisen verfügbar und einsetzbar sein sollte. Dazu bedürfe es einer effizienten, leicht zugänglichen Infrastruktur: globaler Netze, bedienerfreundlicher Geräte und jener Produkte, die über Telefon, PC, und so weiter angeboten werden.

Was die Infrastruktur betrifft, so der EU-Kommissar, sei Europa großteils gut gerüstet. Ein leistungsfähiges Kabelnetz verbindet die Länder. Lediglich bei der Kommunikation via Satellit bestehe gegenüber Amerika Nachholbedarf. Da seien noch einige Anstrengungen nötig. Bei der Hardware gebe es keine Probleme. Europäische Firmen wie Nokia, Ericsson, Philips, Alcatel, Olivetti und Siemens seien mit ihren Produkten international erfolgreich. Doch zukünftige Technologiesprünge in der Telekommunikation müssen sich auch für die Hersteller rechnen.

Die EU fördere daher Initiativen und Investitionen der Industrie auf diesem Gebiet. Auch von nationaler Seite müsse ein wirtschafts- und industriepolitisches Umfeld geschaffen werden, das für Firmen so interessant ist, daß sie in die kapitalintensiven Bereiche der Hochtechnologie investieren und damit Arbeitsplätze in Entwicklung und Produktion schaffen.

Europas schwacher Punkt sei die Telekommunikations-Software, führte Martin Bangemann weiter aus. Unsere Industrie, meinte er, ist im Erfinden neuer Anwendungsmöglichkeiten nicht so erfolgreich wie beispielsweise Amerika oder Indien. Um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen, fördere die EU Projekte zur Entwicklung kommerzieller Telekom-Software.

Ob es um Programme für berufliche Aus- und Weiterbildung gehe, zeitgerechte Information über Verkehrssituationen oder Telemedizin - um nur einige Beispiele zu nennen - der Phantasie seien keine Grenzen gesetzt. Und da eigentlich noch niemand sagen könne, wie sich der Telekommunikationsmarkt wirklich entwickeln werde, gebe es EU-Forschungsprogramme, die dieser Frage nachspürengehen.

So werde angenommen, daß der Informationsbereich vor den Unterhaltungsangeboten rangieren werde. Sicher sei man sich auch, daß trotz allerEinwände und Bedenken Telekommunikation unvermeidbar sei. Der EU-Kommissar meinte daher absch-ließend:„Man sollte keine Zeit verlieren, um einen Wettbewerbsvorteil zu nützen".

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