Geld mit Ablaufdatum?

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"Der Euro wird untergehen": Diese Überzeugung vertritt der Volkswirt Dieter Spethmann.

Die schmucke Auszeichnung ist nur für einen erlesenen Kreis von Menschen gedacht, die wahrhaft Großes geleistet haben. Wie etwa Wim Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), unter dessen Oberaufsicht der Euro in bisher zwölf EU-Mitgliedsländern eingeführt wurde und seither überwacht wird. Dafür erhielt er vergangene Woche von Bundespräsident Thomas Klestil die zweithöchste nationale Auszeichnung überreicht: das "Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich".

Klestil in der Laudatio: "Sie haben eine der großen Visionen Europas in die Wirklichkeit umgesetzt und die Bürger Europas seit Beginn der Währungsumstellung überzeugt, dass das Projekt einer gemeinsamen Währung nicht nur Zustimmung, sondern aktive Unterstützung verdient", führte der Bundespräsident weiter aus.

Einer der europäischen Bürger, die Duisenberg offenbar doch nicht vom Wert des Euro überzeugen konnte, ist jedoch der deutsche Volkswirt Dieter Spethmann, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Thyssen AG und seit kurzem Buchautor. In seinem Erstlingswerk "Gemeinsames Geld ist gemeinsames Schicksal" widerspricht der Gastprofessor an der Schweizer Hochschule St. Gallen den Worten Klestils und prophezeit das sichere Scheitern des Projektes Euro.

Aber nicht ein EU-Gegner und gründsätzlicher Skeptiker einer gemeinsamen Währung zeichnet hier ein Bild des Untergangs: "Ich bin überzeugter Europäer und für eine gemeinsame Währung", stellt Spethmann im Gespräch klar. Was aber nichts daran ändere, dass seiner Ansicht nach dem Euroraum ein ähnliches Schicksal drohe wie beispielsweise seinerzeit der DDR. Zur Erinnerung: Mit Stichtag 1. Juli 1990 wurde die Wirtschafts- und Währungsunion mit der Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt, der Wechselkurs von Ost- und D-Mark mit dem Verhältnis von eins zu eins festgelegt. Am Tag vorher hatte man für eine "Westmark" noch etwa fünf Ostmark gezahlt. Die Konsequenz: Die Betriebe im Osten konnten sich Löhne und Gehälter nicht mehr leisten, da sie mit den modernen, hochtechnisierten Betrieben des Westens nicht mithalten und so die nötigen Umsätze in der neuen Währung nicht lukrieren konnten. Bis heute haben die neuen Bundesländer eine Arbeitslosenquote von 17,2 Prozent im Vergleich zu 7,4 Prozent in Westdeutschland.

Eine gemeinsame Währung für 300 Millionen Menschen, konstatiert der Autor, könne daher nur erfolgreich sein, wenn sie ökonomisch wachse. Der Euro aber sei nicht nach wirtschaftlichen, sondern nach politischen Erwägungen künstlich geschaffen worden. Ein unnötiger Schritt, wie der Autor findet, der sich ein Europa der realen Konvergenz gewünscht hätte. Ein Europa, in dem es ja bereits Währungen mit festem Wechselkurs gegeben hatte, etwa beim österreichische Schilling, der eng an die Deutsche Mark gebunden war. "Es wäre eine Währung der natürlichen Konvergenzen geworden, in der die Einzelwährungen der teilnehmenden Volkswirtschaften auf Dauer keine Paritätsänderungen untereinander mehr gebraucht hätten, und nur die Währung einer konvergenten Wirtschaft kann nach meiner Ansicht stabil sein", schreibt der Volkswirt.

So aber haben die Euroländer das Mittel der Wechselkursschwankungen zum Ausgleich unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung aus der Hand gegeben. Vorschnell, betont er. Denn in einer Union von Ländern mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung sei es ein untaugliches Mittel, dass die EZB - oberste Wächterin über die Preisstabilität - Maßnahmen nur für den gesamten Euro-Raum setzen kann. Schließlich leiden Regionen mit langsam entwickelter Produktivität weitaus stärker unter dem hohen Leitzinssatz von derzeit 2,5 Prozent, zu dem die EZB die Geschäftsbanken mit Geld versorgt.

Die EZB könne es nun einmal nicht jedem recht machen. Und so stellt sich laut Spethmann die Frage, ob die Euro-Länder wirklich ihre Zukunft durch gemeinsames Geld dauerhaft aneinander binden werden. Er bezweifelt es.

Gemeinsames Geld ist gemeinsames Schicksal:

Was wird aus dem Euro?

Von Dieter Spethmann

Verlag Hohenheim, Stuttgart 2003

223 Seiten, geb, e17,90

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