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Sieben Rebellen werben um Vorzugsstimmen

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Die SPÖ hat einen, die ÖVP hat sechs, die anderen Parteien haben keinen - gemeint sind jene unverdrossenen Nationalrats- Kandidaten, die die Möglichkeiten des neuen Persönlichkeitswahlrechtes ausnützen wollen.

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Die SPÖ hat einen, die ÖVP hat sechs, die anderen Parteien haben keinen - gemeint sind jene unverdrossenen Nationalrats- Kandidaten, die die Möglichkeiten des neuen Persönlichkeitswahlrechtes ausnützen wollen.

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Das Regierungsübereinkommen aus dem Jahre 1990 läßt keinen Zweifel über die Absichten der Koalitionsparteien aufkommen: „Die beiden Regierungsparteien bekennen sich zu einer grundlegenden Reform des österreichischen Wahlrechts. Durch ein ausgebautes Vorzugsstimmensystem soll der Wähler verstärkten Einfluß auf die tatsächliche Zusammensetzung des Nationalrates haben.“

Die Realität sieht freilich anders aus: insgesamt bemühen sich, laut Auskunft aller Parteisekretariate (und ohne Berücksichtigung von Vorzugsstimmenaktionen „gesetzter Spitzenkandidaten“), bundesweit bloß sieben Kandidaten um Vorzugs - stimmen, um vielleicht doch noch eine Umreihung der Parteilisten zu erreichen (siehe auch Beitrag links): in der SPÖ ist dies Bruno Aigner, „rechte Hand“ von Parlamentssprä- sident Heinz Fischer, der auf der steirischen Landesliste von Platz 49 vorgereiht werden möchte; in der ÖVP versuchen es Parlamentsroutinalwahlkreis Wien-Innen-West, Rechts-Außen Matthäus Thun-Hohenstein im Regionalwahlkreis Wien-Süd-West, Kaiser-Enkel Karl Habsburg in der Stadt Salzburg, Uni-Professor Christian Brünner in Graz, Seniorenbund-Sekretär Wilhelm Mohaupt in Niederösterreich und auf der oberösterreichischen Landesliste Seniorenbund-Landessekretär Franz Wolfinger.

Daß es nur einige wenige sind, die von der Möglichkeit des Wahlrechtes Gebrauch machen wollen, die Parteilisten durch den Wähler korrigieren zu lassen, hat seinen Grund: die Kandidatenlisten in den Regionalwahlkreisen wurden in der SPÖ anhand von parteiinternen Vorwahlen erstellt, bei denen — mit Ausnahme des Burgenlands - nur SPÖ-Mit- glieder stimmberechtigt waren; in den meisten ÖVP-Landesorganisationen gab es immerhin Vorwahlen, die auch Nicht-Parteimitgliedern offen standen. Von den Parteien unterstützt werden lediglich jene Kandidaten, die auf sichere Listenplätze gesetzt wurden.

KEINE CHANCE FÜR KLEINE

Für die Kandidaten der FPÖ, der Grünen und des Liberalen Forums ist ein Vorzugsstimmenwahlkampf in den Regionalwahlkreisen ohnehin vergebliche Liebesmüh’: es ist nicht anzunehmen, daß eine der genannten Parteien in einem der Regionalwahlkreise ein „Direktmandat“ schafft.

Die Grünen versuchen es dennoch in den meisten Regionalwahlkreisen mit eigenen Spitzenkandidaten. So tritt etwa in Tirol Landes-Spitzen- Regionalwahlkreis Innsbruck-Stadt an, in den übrigen vier Tiroler Regionalwahlkreisen gibt es eigene Listenführer. Renoldner: „Natürlich wissen wir, daß wir aufgrund der Wahlkreiseinteilung keine Chance haben, in einem der Regionalwahlkreise ein Mandat zu erringen. Dennoch wollen wir die Möglichkeit eines personalisierten Wahlrechtes nützen.“

Realistisch schätzt auch Heribert Steinbauer seine Chancen ein, via Vorzugsstimmen im Wahlkreis Wien-Innen-West ein Direktmandat zu ergattern; ist es doch eher unwahrscheinlich, daß die ÖVP in diesem Regionalwahlkreis überhaupt zu einem Mandat kommt. Dennoch absolviert der frühere Wahlkampfleiter Alois Mocks rund 50 Veranstaltungen, von einer „Seniorenjause“ bis zu einer „Enthüllung der Frankfurter Würsteltafel“ für den Erfinder der Frankfurter Würstel. Steinbauer geht es vor allem darum, seiner Partei zu beweisen, daß es möglich ist, durch persönlichen Einsatz im Rahmen des neuen Wahlrechts mehr Wähler als bisher ansprechen zu können.

Ähnliche Motive hat SPÖ-„Querdenker“ Bruno Aigner, der, von der Wiener SPÖ um eine aussichtsreiche Kandidatur in einem der Wiener Regionalwahlkreise gebracht, auf der steirischen Landesliste antritt: seine — von Prominenten wie Andre Heller, Fritz Muliar, Oswald Oberhuber oder Peter Rosei unterstützte — Kampagne läuft unter dem Motto: „Wenn (schon) SPÖ, dann Bruno Aigner.“ Denn in der SPÖ gebe es von der Ausländer- und Asylpolitik bis hin zur Sozialpolitik genügend Wi»i 4-i *11

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