6616340-1955_33_17.jpg
Digital In Arbeit

Interessenverflechtung zwischen Waldbesitz und Papierindustrie

Werbung
Werbung
Werbung

Mit Ausgang des ersten Weltkrieges, der für die österreichische Papierindustrie mit dem Wegfall bedeutender Waldgebiete in den Nachfolgestaaten verbunden war, wurde diese Industrie in ein Verhältnis gebracht, das die Lagerung von Lirprodukt und Verarbeitung desselben in entscheidender Weise verschob. Dazu kam noch als Verschärfung eine Verschiebung der Einkaufs- und Absatzmöglichkeiten in unserer Nachbarschaft und schließlich ein Preisverfall, der in den dreißiger Jahren seinen Höhepunkt erreichte.

In dieser Zeit wurde bei mehrfachen Anlässen der naheliegende Gedanke ventiliert, eine Zusammenarbeit von Waldbesitz und Papierindustrie ernstlich ins Auge zu fassen. Die Ereignisse von 193 8 bis 1945 waren jedoch nicht dazu angetan, diesen Gedanken vorwärtszubringen, weil die täglichen Sorgen eine ruhige Planung auf längere Sicht kaum zuließen.

Der seit Jahrzehnten mit meist nicht kostendeckenden Preisen kämpfende Waldbesitz blieb — mit wenigen Ausnahmen — auf einer extensiven Stufe der Bewirtschaftung stehen, weil ihm die Mittel zur Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen fehlten. Nicht viel anders ist es auch der Papierindustrie ergangen.

Erst in den Jahren nach 1945, als die Holzpreise sich allmählich zu bessern begannen und in der allerletzten Zeit nahe an den Weltmarktpreis heranrückten, konnte der Waldbesitz daran denken, einen Teil von dem nachzuholen, was längst fällig, mangels an Mitteln aber nicht durchführbar war. In der Erkenntnis, daß auch in der Forstwirtschaft eine möglichst rasch wirksam werdende Produktionssteigerung und eine entsprechende Kostensenkung erforderlich sind, um wirtschaftlich bestehen zu können, ging auch der österreichische Waldbesitz daran, seine Betriebe zu modernisieren und jene hierzu erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, die ihm längst schon vorgeschwebt waren. Umfangreiche Wegaufschließun-gen setzten ein, welche besonders die hinteren Lagen unserer Gebirgstäler zugänglich machten; als Folgemaßnahmen schlössen sich systematische Durchforstungsarbeiten an, Bodenmeliorationen aller Art wurden in Angriff genommen, Bestandespflege und Umwandlung degradierter Waldteile intensiv eingeleitet und betrieben, der Arbeitstechnik und -planung ein besonderes Augenmerk geschenkt, auf Verwendung arbeitssparenden Werkzeuges Bedacht genommen, die Sortierung und Verwertung des Holzanfalles verfeinert und vieles andere in Angriff genommen, was qualitativ und quantitativ zur Leistungssteigerung unerläßlich war.

Auch die Papier- und Zellstoffindustrie hat den Wandel der Zeiten wahrgenommen und sich in einer Art und Weise modernisiert, die allgemein bekannt ist und nur begrüßt werden kann.

In dieser Entwicklungsphase hat aber die Papierindustrie es leider außer acht gelassen, mit ihrem Rohstofflieferanten jenes Einvernehmen zu pflegen, das auf die Dauer unerläßlich ist. Es wurde im Gegenteil eine Methode fortgesetzt, die man jahrzehntelang handhabte und die darin bestand, den Holzpreis herunterzudrücken wie und wo es nur ging. Dies hatte immer wieder ein Zusammenprallen der Meinungen zur Folge, das unerquicklich und keinem der Beteiligten förderlich war. Schließlich hat dann die Einkaufspolitik der österreichischen Papierindustrie, die in den letzten Jahren einige Male grundlegende und völlig widerspruchsvolle Kursänderungen zeigte, zu einer Situation geführt, die der Hauptsache nach von ihr veranlaßt, dann aber wieder von ihr als untragbar bekämpft wurde.

Alle bisherigen Erfahrungen zeigten immer wieder die. Unzulänglichkeit längerfristiger Lie-ferungs- und Abnahmevereinbarungen, weil sie nicht imstande waren, die beiderseits produktionshemmende Unsicherheit wirkungsvoll zu beseitigen. Sie haben in der Vergangenheit immer wieder zu unliebsamen Situationen geführt, die einmal dem einen vorübergehenden Nutzen und einmal dem anderen einen solchen brachten, ein wirtschaftliches Zusammenarbeiten aber immer wieder behinderten.

Vielleicht ist aber gerade die heutige Sachlage dazu angetan, um wieder daran zu erinnern, daß der einzige erfolgversprechende Weg. zu einer geregelten Versorgung der Papierindustrie mit Holz nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen der ist, einer Interessenverflechtung zwischen dem österreichischen Waldbesitz und der heimischen Papierindustrie ernstlich näherzutreten. Dies ist der Zweck der vorliegenden Zeilen, die von der Meinung ausgehen, daß eine Verflechtung zwischen leistungsfähigen Papierfabriken einerseits und geordneten, regional günstig gelegenen Forstbetrieben anderseits beiden Teilen nur von Vorteil sein kann. Ueber-dies wird diese Verflechtung sich' gesamtwirtschaftlich als eine mehrwertschöpfende Maßnahme echtester Art auswirken.

Es würde über den Rahmen dieser neuerlichen Anregung zu weit hinausgehen, wenn das Detail dieses Fragenkomplexes näheren Betrachtungen unterzogen würde. Es möge der allgemeine Hinweis genügen, daß eine Symbiose Waldbesitzindustrie für den „verflochtenen“ Waldbesitz vor allem den Vorteil bringen könnte, daß die langfristigen Maßnahmen, welche zur Ertragssteigerung seiner Reviere erforderlich sind, besser als bisher gesichert wären. Dadurch wäre die Möglichkeit untermauert, die Holzaufbringung bis zu einem ansehnlichen Ausmaße zu steigern, was wiederum den „verflochtenen“ Zellstoffwerken zunutze käme und deren Grundlagen für langfristige Planungen zur Erhaltung der internationalen Konkurrenz nur stärken könnte.

Mögen die im vorstehenden skizzierten Gedanken einen Weg einleiten, der außerordentlich naheliegend, bisher aber allzu schwer beschreitbar war!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung