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Als Deutschlands Unglück begann...

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DIE ZERSTÖRUNG DER DEUTSCHEN POLITIK. Dokumente 1871 bis 1933. Herausgegeben und kommentiert von Harry Proß. Fischer-Bücherei, Nr. 264, Frankfurt am Main. 380 Seiten

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DIE ZERSTÖRUNG DER DEUTSCHEN POLITIK. Dokumente 1871 bis 1933. Herausgegeben und kommentiert von Harry Proß. Fischer-Bücherei, Nr. 264, Frankfurt am Main. 380 Seiten

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Es mehren sich die wissenschaftlichen, aber auch politisch bestimmten Untersuchungen, die die Entwicklung der deutschen Geschichte von 1933 bis 1945 als eine Fortsetzung älterer Ueberlieferungen oder, besser gesagt, Fehlleitungen ansehen wollen. So vereinfachend manche These ist, da man letzten Endes Verbindungen bis in die Frühzeit der deutschen Geschichte herstellen könnte, so notwendig ist eine Klärung. Das vorliegende Buch unternimmt es, durch die bewährte Form der Dokumentation das Phänomen der „Zerstörung“ der deutschen Politik 1871 bis 1933 zu untersuchen. Der Ausgangspunkt P&t ‘die richtige''Frkehritnis, daß derjin Jähfe,1871 gegründete deutsche ’Staat ein Gebilde , war, das mit dem Reich der Vergangenheit und dessen ‘ sakraler Weihe und Tradition überhaupt nichts zu tun hatte. Ein Faktum, das man heute sehr oft vergißt, und eine gewisse Illustriertenliteratur trägt bei dem für monarchische Sentimentalitäten empfindsamen deutschen Volk leicht dazu bei, eine Geschichtsklitterung vom Heiligen Römischen Reich zu Bismarck zu versuchen. Es war Preußen mit seiner ganzen Vitalität,’ aber auch mit seiner antidemokratischen Staatsgesinnung, welches durch sein Uebergewicht das neue Staatsgebilde [fragte, vor allem gegen den Widerstand der süddeutschen Staaten. Das Ergebnis dieser Politik war, daß schon 1898 im Reichstag die

Parteien, die man später als die Stützen der Weimarer Republik bezeichnete, gemeinsam mit Elsaß- Lothringern und Polen die Mehrheit besaßen und nur die eigentümlichen Konstruktionsfehler der Reichsverfassung das Uebergewicht des autoritären und monarchischen Prinzips aufrechterhielten. Was aber noch mehr zur Zerstörung der echten Politik als der Kunst des Zusammenlebens beitrug, war die irreale Auffassung der deutschen Politiker von der Umwelt, in der man nun einmal in Europa mit den anderen Staaten zu leben gezwungen war. Aus-diesen Spannungen ergaben sich Spätentwicklungen, wie Etwa das Alldeutschtum, der ungezügeltem Imperialis- musader Jahre 1914 bis 1917, mit dem Abbruch und Absturz des Jahres 1918, und die Gegenrevolution, die. schon 1918 einsetzte und in systematischem Fortschreiten unter Benützung der Dolchstoßlegende den Weimarer Staat zur Aushöhlung brachte. Dabei wird man doch immer wieder gewahr, daß viele politische und kulturelle Erscheinungen ohne das Unverständnis der deutschen Führungsschicht für die wichtigsten Grundelemente des politischen Lebens gar nicht zur Gefahr hätten werden können. So erfüllt im Sinne einer wahrhaft zeitnahen Erziehtmg dieses Buch seinen Hauptzweck.

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