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Den Linken winken
Ebenso rasch wie die Wahlalterinitiative Withalms will die Regierungspartei auch den Semmeringvorschlag des Abg. Harwalik verwirklichen: Anfang Juli werden Vertreter jener Studenten, die bisher innerhalb der Verbotszone vor dem Hohen Haus am Ring demonstrierten, erstmals im Haus gemeinsam mit Politikern und Professoren am grünen Tisch Hochschulprobleme wälzen.
Unterrichtsausschußobmann, zugleich auch kulturpolitischer Referent der ÖVP-Bundesparteileitung, Abg. Adolf Harwalik, verzichtete erfreulicherweise auf jedwedes parteipolitische Spektakel. Nicht er wird nomine ÖVP-Parlamentsklubvertre- ter der Rektorenkonferenz und der österreichischen Hochschülerschaft zu Tisch bitten, die Einladung wird vielmehr von allen drei Klubobmännern — Withalm, Pittermann und van Tongel — ausgesprochen. Freilich sind etliche der ebenfalls einzuladenden Mitglieder des parlamentarischen Unterrichtsausschusses über die Auswahl ihrer Gesprächspartner nicht recht zufrieden. Sollen sie etwa, so geben sie auf Grund der Äußerungen Radikaler zu bedenken, mit den „verdächtigen, dem Establishment angehörenden Studentenvertretern der ÖH“ — oft genug als „Wohlstandsmuffel“ apostrophiert — reden, und den vor dem Parlament möglicherweise revoltierenden Ultralinken, Kommunarden und Kommunisten tunlichst aus dem Wege gehen?
Letztere einfacherweise unter dem bereits untersagten Begriff „Sozialistischer österreichischer Studentenbund“ einzureihenden Studiosi haben, wie mehrfach bewiesen, vielleicht doch mehr vorzubringen als ihre saturierten Kommilitonen aus der gewählten Hochschülerschaft. Das haben sie nicht zuletzt bei der jüngsten Demonstration auf dem Wiener Minoritenplatz bewiesen als sie unter anderem lautstark Aufhebung des Rauchverbots in den Schulen, Mitbestimmung der Schüler bei der Noten- gebung und Aufhebung der Betragensnote verlangten.
Dem Verband Sozialistischer Studenten, seit langem in einem erbitterten Krieg mit der Parteiführung verstrickt, wird es obliegen, jene Genossen, mit denen sich VSStö.- Obmann Silvio Lehmann mehrmals solidarisch erklärte, in das Gespräch mit den Parlamentariern zu bringen.
Kreisky-Rückzieher gegenüber Studenten
Galt dies noch vor wenigen Tagen als gänzlich ausgeschlossen, weil mit Parteiausschluß der SPÖ-Studenten verbunden, hat sich jetzt die Situation grundlegend geändert. SPÖ- Parteivorsitzender Dr. Bruno Kreisky, der unmittelbar nach den
1. -Mai-Demonstrationen gegen Bürgermeister Marek gegenüber den Studenten seiner Partei noch den starken Mann spielte, hat dieser Tage einen völlig unerwarteten Rückzieher getan. Er gestattete seinen Parteistudenten die Zusammenarbeit mit den noch weiter links stehenden, also auch kommunistischen Aufrührern, Demonstranten und Agitatoren. Wie sehr ihm seine Parteijünglinge zugesetzt haben mögen, ist allein schon daraus ersichtlich, daß er, mit ein Wahlverlierer durch die Volksfrontpropaganda der ÖVP im Jahre 1966, jetzt einem derartig anrüchigen Bündnis mit ganz links und der bevorstehenden Gründung einer „Neuen Lanken“ mit vereinigten Sozialisten und Kommunisten zusitimmte. Schon am
2. oder 3. Juli 1968 wird man anläßlich des Gesprächs zwischen Hochschülern und Politikern sehen, ob sich Oppositionsführer Dr. Kreisky — er ist pikanterweise Ersatzmitglied des Unterrichiteaussdhusses und wird eingeladen — richtig verhält.
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