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Der Schwache gewinnt

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Die im Sinne der Machthaber frisierten Berichte über den Verlauf der Kampfhandlungen in Vietnam werden ebenfalls systematisch zur Verstärkung des Mao-Kultes herangezogen. Obwohl die effektiven Hilfeleistungen Pekings weit hinter den sowjetischen Zurückbleiben, haben nach Pekinger Darstellungen Hanoi und der Vietkong ihr Überleben der Anwendung maotischer Lehren zu verdanken, durch die althergebrachte westliche und westlichinspirierte Konzepte der Kriegsführung auf den Kopf gestellt werden. Eine gute Kriegsführung im Clause- witzschen Sinne soll den Krieg ins Feindesland tragen und eine rasche Entscheidung erzwingen. Dagegen predigt Mao ein ganz anderes Konzept, nämlich die Notwendigkeit der Hereinlockung des Gegners in den eigenen Machtbereich und seine Zermürbung in dieser unterirdisch gesteuerten Zone. Damit erreiche man „eine völlige Umkehrung der herkömmlichen Ergebnisse der Kriegsführung“, wobei der Schwache gewinne und auch eine ungeheure militärische Überlegenheit des Gegners im Sande verlaufe.

Allerdings stehen solche in Rotchina dem „Genie Mao Tse-tungs"zugeschriebene Rezepte im Zeichen der Anweisungen altchinesischer Weisen und Strategen, deren Ausführungen infolge der Bildhaftigkeit der chinesischen Texte höheren Niveaus nur ganz oberflächlich in andere Sprachen übersetzt werden können.

Eine solche Umkehrung scheint Peking auch Im Bereich der nuklearen Kriegsführung vorzuschweben. Der in atomarer Hinsicht hunderttausendmal stärkere amerikanische Gegner vermag seine riesengroße nukleare Übermacht nicht einzusetzen, ohne die ganze Erde, einschließlich des eigenen Landes, unbewohnbar zu machen. Und gegen einen beschränkten Atomkrieg glaubt Peking geeignete sorgfältig geheimgehaltene Maßnahmen getroffen zu haben, ganz abgesehen von den Peking nützlichen psychologischen Rückwirkungen der Ingangsetzung eines solchen Angriffes auf Japan und viele andere Länder

Schweigen über Paris

Auch die gesamte innenpolitisch« Entwicklung im „Reich der Mitte“, die sich auf die sich hinter den Kulissen abspielende Beeinflussung der Vietnamfriedensverhandlunger auswirkt, steht wohl zumindest teilweise im Zeichen zeitgemäß frisierter altchinesischer Gedankengänge, mit der Vorstellung, daß die Erscheinungswelt beständigem Wandel unterliege, bei dem sich das Positive andauernd ins Negative umwandle, und umgekehrt. Daher müsse auch in der Kriegskunst und in der Politik ein vollständiger Sieg von einer späteren Niederlage begleitet sein und daher gar nicht erstrebenswert sein. Wenn keine Widerstände vorhanden seien, so müßten sie daher sogar künstlich geschaffen werden.

Bei der grundsätzlichen Verschiedenheit des abendländischen, und vor allem des modern-abendländischen Denkens ist es nicht erstaunlich, daß die Ansicht vieler echter Chinakenner über die pseudo-geisti- gen, ja sogar pseudo-religiösen Hintergründe gewisser Schachzüge der chinesischen Staatsführung in westlichen Ländern so wenig Beachtung finden.

Auch das Verhalten Rotchinas im Hintergrund der Vietnamfriedensgespräche wird von asiatischen Gewährsmännern, deren Voraussagungen sich wiederholt als stichhältig erwiesen haben, in diesem Sinne gedeutet.

Im ersten Stadium der Pariser Verhandlungen wurde in Rotchina der Presse, dem Rundfunk und allen für öffentliche Erklärungen in Betracht kommenden Personen absolutes Stillschweigen über die zwischen Washington und Hanoi angebahnten direkten Kontakte auferlegt. In diesem Rahmen, fanden es auch die wenigen noch dort verbliebenen Ausländskorrespondenten für opportun, dem Informationsbüro des rotchinesischen Außenministeriums keine diesbezüglichen Fragen zu stellen. Übrigens hat sich Peking durch eine offizielle Erklärung des Außenministers kurz vor dem Bekanntwerden direkter Kontakte zwischen den USA und Nordvietnam auf einen harten Kurs festgelegt, dessen plötzliche Änderung der rotchinesischen Staatsführung Schwierigkeiten bereiten würde. Denn bei einem Empfang einer afri kanischen Delegation Ende April sagte Tschen-yi: „Unter der weisen Führung Ho Tschi-minhs hat das vietnamesische Volk beschlossen, den Vereinigten Staaten auf dem Schlachtfeld eine vollständige

Niederlage zu bereiten.“ Ungefähr zur gleichen Zeit haben sich auch der Parteiideologe Yao Wen-yuan und der Präsident des Revolutionären Komitees von Shanghai öffentlich für die rücksichtslose Fortführung des Vietnamkrieges eingesetzt.

Freizeitmesse in Tulln

In der Zeit vom 8. bis zum 16. Juni 1968 findet auf dem Ausstellungsgelände in Tulln unter dem Titel „Freizeit ’68“ erstmals eine Freizeitmesse statt. Nach der erfolgreichen Gartenbaumesse, die sich in Tulln zu einer respektablen Fachmesse entwickelt hat, wendet sich Tulln einem weiteren Spezialthema zu, der Freizeit.

Gerade Tulln eignet sich für so eine Fachmesse, da es geographisch ideal liegt und in seinem Einzugsbereich Wien, Niederösterreich und Burgenland mehr als 3 Millionen Menschen leben. Die Freizeit in ihren vielfältigen Erscheinungsformen wird auf dem 30.000 qm großen Ausstellungsgelände im Freien, in den Hallen und in Pavillons ihren optischen Niederschlag finden.

„Was der Freizeit dient, womit man sich in der freien Zeit beschäftigen kann“, unter dieses Motto hat der verantwortliche Architekt seine Idee für eine Freizeitmesse und die Gesamtplanung gestellt. Während der neun Messetage werden verschiedene Attraktionen und ein abwechslungsreiches Programm die Messebesucher auch aktiv zur Freizeitbeschäftigung auffordern.

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