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Digital In Arbeit

Die richtige Zusammenarbeit im Betrieb

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Neben den technischen Möglichkeiten einer Produktivitätssteigerung durch neue Investitionen, Modernisierungen und Rationalisierungen gibt es noch einen zweiten, ebenso wichtigen Faktor zur Produktivitätssteigerung durch eine Verbesserung und Umstellung der innerbetrieblichen Zusammenarbeit, die es in sehr vielen Fällen ermöglichen kann, daß ohne Investitionen and erhöhte Kostenaufwände eine Senkung der Fertigungskosten erreicht werden kann. Wenn diese Senkung der Fer-igungskosten gleichzeitig mit einer entsprechenden Lohnerhöhung kompensiert wird, so müßte man eigentlich annehmen, daß eine Betriebsleitung diesbezügliche Vorschläge mit Interesse prüft und aufnimmt. Paradoxerweise 6tößt man jedoch dabei immer wieder auf das Mißtrauen der beiden in Frage kommenden Partner, nämlich der Betriebsleitung und der Interessenvertretung der Arbeitnehmer, obwohl e6 letzten Endes um deren gemeinsamen Vorteil geht. Die Einseitigkeit der Ausbildung und der wirtschaftliche Existenzkampf haben es mit sich gebracht, daß Betriebsleiter und Betriebstechniker ihren Blick vorwiegend auf das wirtschaftliche und technische Geschehen des Unternehmens gerichtet halten. Wodurch der Wirkungsgrad maschineller Einrichtungen erhöht werden kann, ist allgemein bekannt. Wie aber beim Menschen ohne Vergrößerung der Arbeitsleistung der Wirkungsgrad feiner Arbeit erhöht werden kann, das wissen nur wenige. Welches sind nun die Faktoren, mit denen man rechnen muß, wenn man daran geht, Produktionshemmnisse auf dem menschlichen Sektor zu beseitigen. Es sind dies hauptsächlich das mensohliche Beharrungsvermögen, das sich gegen jede Neuerung wehrt, die Unsicherheit des Manschen, wenn er 6ich auf ihm unbekanntes Gelände begibt, das gegenseitige Mißtrauen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, daß der Erfolg derartiger Bemühungen nicht beiden, sondern nur einer Seite zugute kommen könne und der Mangel an klarer Erkenntnis, was eine Verbesserung der innerbetrieblichen Atmosphäre umd Zusammenarbeit beiden Seiten zu geben vermag. Das österreichische Produktivitätszentrum hat in einer Arbeitsgruppe in den letzten Monaten auch bezüglich der Verbesserung der innerbetrieblichen Zusammenarbeit Reihenuntersuchungen durchgeführt, die auch für Österreich diese Frage im Rahmen der allgemeinen Aktion zur Steigerung der Produktivität in einer geeigneten Form einer Lösung zuführen sollen.

Der erst« wichtige Schritt dazu ist die Entwicklung brauchbarer Produktivitätskennzahlen, die nicht nur eine Selbstkontrolle der Leistung pro Anwesenheitsstunde in dem gerade erfaßten Betrieb, sondern auch einen zwischenbetrieblichen Produktivitätsvergleich ermöglicht. So wurde in einer Baumwollspinnerei eine großangelegte Pro-. duktivitätsmessung durchgeführt, die es nunmehr den gesamten österreichischen Spinnereien er-i möglicht, zu sehen, wie sie hinsichtlich der gelei-; 6teten Grammenge pro Spindelstunde, aber auch hinsichtlich des Aufwandes an Anwesenheitsstun-' den direkter und indirekter Arbeit pro Kilogramm einer Basisgrammnummer auf die alle anderen Sorten umgerechnet werden, 6owohl im Verhältnis zu den übrigen österreichischen als auch zu ausländischen Betrieben liegen.

Ein zweiter, dazu parallel verlaufender Schritt ist eine Verlustquellenanalyse, bei 'der sich die Produktonslücken von der Maschinenseite und von der Arbeitsseite her bestätigen. Sie haben in den 'untersuchten Betrieben 20—40 Prozent betragen.

Als nächster Schritt muß danin die Darstellung des materiellen Gewinns, der 6ich aus -einer Ausschöpfung der hier gezeigten Reserven ergibt, erfolgen. Es ist möglich, ohne das bestehende Entlohnungssystem anzutasten, daß die durch eine bessere Zusammenarbeit erzielte Erhöhung der Produktivität, gemessen an der Senkung des Zeitaufwandes je Arbeitseinheit in Form eines Mehrergebniszuschlaglohnes dem Arbeiter zugute kommt, wobei gleichzeitig noch die Fertigungskosten je Arbeitseinheit gesenkt werden können. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, die zur Verbesserung der innerbetrieblichen Atmosphäre notwendig sind. Die weitere Arbeit ist dann vorwiegend psychologischer Art, für die es kein allgemeines Schema, sondern nur gewisse Grundsätze gibt, die in jedem Betrieb der Be-triebss ruktur entsprechend angewandt werden müssen. Die dabei allgemein gültigen Regeln lassen sich ungefähr folgendermaßen zusammenfassen:

Man soll lmm«r toü der Spitz« her beginnen, eich Verständnis und Unterstützung zu sichern da im Betrieb bei derartigen Aktionen alles davon abhängt, wie weit es die Betriebsführung versteht, die Arbeitnehmer von der Ehrlichkeit ihres Wollens zu überzeugen. Ein weiterer entscheidender Punkt ißt eine organische Behandlung des gesamten Problems, in der sich die einzelnen Phasen einer Produktivitätssteigerungsaktion sowohl von der technischen als auch betriebswirtschaftlichen und psychologischen Seite her ergänzen und eine organische Einheit bilden. Außerdem sind alle Pläne und Maßnahmen mit der Arbeiterschaft und vor allem dem Betriebsrat zu besprechen und, wenn möglich, durch Schaffung eines entsprechenden innerbetrieblichen Informationswesens und eines gemeinsamen Produktivitätsausschusses zu verbreiten. Gleichzeitig soll jede neue Einführung und Änderung organisch wachsen, ohne daß die Produktivitätsexperten außerhalb des Betriebes dabei nach außenhin zu stark In Erscheinung treten.

Insgesamt sind es vier grundsätzliche Bedingungen, deren Erfüllung'für das Zustandekommen einer ech'en Zusammenarbeit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft erforderlich ist:

1. Die Stellung feines gemeinsamen Zieles, bzw. einer von allen Betriebsangehörigen zu bewältigenden gemeinsamen Aufgabe. Bei Zusammen-6ch'uß mehrerei großer Be'riebsstätten empfiehlt es sich, über die großen Gesamtaufgaben hinaus die speziellen Aufgaben und Leistungen jedes einzelnen Werkstattbereiches besonders zu betonen.

2. Die Betriebsleitung muß der Arbeiterschaft einen Beweis dafür geben, daß es ihr mit der Zusammenarbeit und einer Verbesserung 1er Haltung gegenüber der Belegschaft ernst ist, wobei sich dieser Beweis am besten In der Form eines Lohnzuschlages entsprechend dem Erfolg der gemeinsamen Bemühungen, oder aber einer sonstigen Vergünstigung ausdrückt,

3. Die Belegschaft muß die Möglichkeit einer objektiven und einfach zu verstehenden Selbstkontrolle des Ergebnisses ihrer Bemühungen erhalten.

4. Der Werkmeister muß von technischer Überlastung geschützt werden, damit er sich mehr um den Menschen als den eigentlichen Träger der Produktion kümmern kann. Wie ein Vorgesetzter vorgehen muß, um sich nach und nach etwas Zeit für die Betreuung seiner Mitarbeiter zu verschaffen, gehört mit zum Gegenstand der Schulung über Zusammenarbeit.

DIj Einhaltung bestimmter Spielregeln im Umgang mit den Kollegen und Untergebenen, die es ermöglicht, persönliche Spannungen in sachliche zu wenden, muß ebenfalls Gegenstand einer Schulung aller an der innerbetrieblichen Produktivitätssteigerung beteiligten Faktoren sein. Es kann dabei, bei all diesen Aktionen, nicht genug darauf hingewiesen werden, daß eine Erhöhung der Produktivität für die Volkswirtschaft eine Hebung des Lebensstandards der österreichischen Bevölkerung, für den Betrieb eine Senkung der Fertigungskosten und damit eine Hebung der Konkurrenzfähigkeit und Krisenfestigkeit, 6owie für den einzelnen Arbeiter eine Sicherung seines Arbeitsplatzes und damit auch höhere Verdienstmöglichkeit bedeutet.

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