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Duell Gomulka – Wyszynski

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Gomulka und Wyszynski haben persönlich eingegriffen, und sie, die während geraumer Frist sich bemühten, zu dämpfen und zu beschwichtigen, und die füreinander ursprünglich Wertschätzung, ja Sympathie fühlten, sprechen mit einer Entschiedenheit, die einerseits Besorgnisse bei jedem Freund des inneren Friedens in Polen weckt, anderseits die Notwendigkeit einer baldigen Entspannung zeigt. Nur sieht man leider nicht recht, wie diese zu erzielen ist. Die Kommunisten haben die äußere Macht in der Hand; sie wollen und sie können, gemäß ihrer Position innerhalb des Weltbolschewismus und angesichts dessen unabänderlicher Religionsfeindschaft, die hochaufflutenden Wellen des kämpferischen Atheismus nicht eindämmen; die Kirche vermag selbstverständlich noch weniger auf Widerstand gegen das Rütteln an ihrer Basis zu verzichten. Das Gespräch zwischen Go- muilca und Wyszynski ist die typische „Conversation de deux sourds”, wobei allerdings der Kommunistenführer eine zwar gehässig verzerrte, doch subjektiv logische Ausgangsposition benützt, um völlig abwegige Folgerungen zu ziehen. Kardinal Wyszynski wiederum kann aus begreiflichen taktischen Gründen nicht offen sagen, daß im Rahmen des jetzigen Regimes überhaupt keine Verständigung mit dem Staat Dauer haben kann.

Gomulka (in seiner großen Wahlrede vom 18. März) betonte, es gebe keine Verfolgung irgendeines Staatsbürgers, es sei denn, „sein Gewissen werde durch verbrecherische Tätigkeit belastet”. „Wir gestatten nur nicht eine wider die verfassungsmäßigen Grundlagen der Polnischen Volksrepublik gerichtete und mit der polnischen Staatsräson unvereinbare Tätigkeit Die Hauptquelle der Spannungen (zwischen Staat und Kirche) liegt darin, daß die Kirchenführen leiblich in unserem Lande weilen, mit ihrer Seele aber, gemäß den kanonischen Ge setzen, dem Vatikan angehören ᾠ Der Vatikanstaat verhält sich unfreundlich zum polnischen Volksstaat, und er trachtet, dieses Verhältnis der katholischen Hierarchie in! Polen aufzuzwingen.” Um den Democristiani Italiens, die von ihm abhängen, beizuspringen, beute der Vatikan die polnische Hierarchie aus, nicht selten mit Erfolg; er hege das Bedürfnis, in Polen Verfolgungen und Märtyrer zu schaffen, damit nicht in Italien, durch Harmonie von Staat und Kirche in Polen, die Democristiani zur Öffnung nach links bewogen werden. „Den Befehlen des Vatikans muß man gehorchen. Das ist aber ohne Streit mit den Volksbehörden schwierig, mit denen in Frieden zu leben besser ist, als gegen sie zu operieren. Davon gibt sich, so scheint es, .der Episkopat Rechenschaft, ln diesem Dilemma wurzeln die Schwierigkeiten einer Völligen Normalisierung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Polen.” So viel stimmt, daß es schier unmöglich ist, zugleich dem kommunistischen Regime zu gefallen und die Oberhirtenpflicht zu erfüllen. Ganz von der Wirklichkeit aber weicht das nun folgende ab: „Die große Mehrheit der Eltern hat ihre Zustimmung zur Aufhebung des Religionsunterrichts an den Schulen ausgedrückt”, und zwar in der Erwägung, derlei Unterricht verletze die Laizität der Schulen, biete Anlaß zu Streitereien und widerspreche der Verfassung. Haben denn die kommunistischen Machthaber zu Anfang 1957 von diesen Skrupeln nichts verspürt, als sie in einem bindenden Abkommen eben diesen Religionsunterricht versprachen, der von mehr als 90 Prozent der Eltern formell gefordert wurde? Die Beteuerung, „unser Staat erstrebt nicht Konflikte mit der Kirche”, bleibt leere Phrase angesichts des unableugbaren Bruches übernommener Verpflichtungen und eines allseitigen Angriffs auf die Religion.

Kardinal Wyszynski hat ein erstes

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