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Glut glost im Äther

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Der Generaldirektor des tschechoslowakischen Radios, Zdenek Hejz- lar und sein Kollege beim Fernsehen, Jiri Pelikan, mußten vor einigen Tagen auf Sowjetbefehl resignieren. Ihre Nachfolger wurden namentlich nicht erwähnt, sondei'n nur als „Experten der Regierung“ bezeichnet. Beide Generaldirektoren galten als Progressive und waren Exponenten der Reformbewegung. Fremde Okkupatoren können in ihrer Militärverwaltung mit solchen Männern gar nichts anfangen. Sie verlassen sich nur darauf, was sie und ihre eigenen Radios verkünden.

Deshalb haben die Sowjets neben ihrem Okkupationssender „Vltava“ einen zweiten unter dem Namen „Radio Zare“, das heißt „Glut“, in Betrieb gesetzt, dessen Sendungen mehr verfeinert und textlich raffinierter sind. Pavel Auersperg ist. als Chefkommentator tätig, der in der Novotny-Ära Chef des Parteibüros und zwischen den Jahren 1964 und 1967 Leiter der Ideologischen Abteilung des Zentralkomitees war. Er war der Repräsentant der CSSR bei der ideologischen Zeitschrift „Probleme des Friedens und des Sozialismus“. Nach der sowjetischen Machtübernahme erschien Auersperg sofort wieder auf dem TV-Schirm. Die Identität der übrigen Kommentatoren der „Glut“ konnte noch nicht geklärt werden.

Für Linientreue und Kontrolle

Im Rahmen des Regierungspräsidiums wurde bekanntlich ein neues Presse- und Informationsbüro etabliert, das für „Linientreue“ und „Kontrolle“ sorgen soll. Sowohl die gesamte Lizenzpresse als auch das Fernsehen, alle Sender und die Nachrichtenagentur CTK fallen in seine Kompetenz. Das Büro soll im weiteren als „Informations- und Konsultationszentrale“ den Kontakt zu den Redaktionen sichern und

diese entsprechend auf das Gängelband nehmen. Zum Leiter dieser sehr wichtigen Institution der Beeinflussung der Öffentlichkeit wurde Josef Vohnout ernannt. Das Kultus- und Informationsministerium beziehungsweise das Justizministerium wurden am 30. August dieses Jahres angewiesen, die notwendigen Gesetzestexte auszuarbeiten und vorzulegen. Vohnout ist ein Berufsjournalist und gehörte in den fünfziger Jahren zum Redaktionsstab der Rude Pravo. Später fungierte er als Direktor des Informationsbüros des Kultus- und Informationsministerium,

Antonin Kapek, der zuletzt Gene-

raldirektor des staatlichen Mammutunternehmens der Schwerindustrie CKD-Prag und als Kandidat fürs Parteipräsidium nominiert war, trat auf eigenen Wunsch sowohl von seinen industriellen als auch von seinen politischen Funktionen zurück. Seine Erklärung für die Abwesenheit vom Betrieb in den kritischen Tagen der Okkupation wurde von dem Parteikomiitee des Großunternehmens zurückgewiesen. Kapek war in der Parteiführung als ausgesprochen konservativ bekannt, protestierte energisch gegen die Stellungnahme des Parteipräsidiums zum „Warschauer Brief“ und nahm teil an der Sitzung von ein paar

Zentralkomiteemitgliedern im Hotel „Praha“, die von den Sowjets arrangiert wurde.

Ein alter Kämpfer

Ein außerordentliches Plenum der „Slowakischen Nationalfront“ wählte Samuel Faltan einstimmig zum Vorsitzenden dieser wichtigen Tarnorganisation der KP. Sein Vorgänger Ondrej Klokoc bat um seine Entlassung mit der Begründung, daß er in Zukunft als Vorsitzender des Slowakischen Nationalrats voll in Anspruch genommen wird. Faltan, 48, ist "seif' 1945 ' ÄmitglietffH äf'W?? tisan in der Ukraine, später in der Slowakei. Nach dem Krieg war er in antifaschistischen und sowjetfreundlichen Freundschaftsorganisationen sehr aktiv tätig. Als „Historiker“ arbeitete Faltan eine Zeitlang bei der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, war Mitglied des Präsidiums und galt als gemäßigter Progressiver. Klokoc, 57, ist ein alter Kämpfer, Parteimitglied bereits seit 1931. Er nahm aktiv am Aufstand im Jahre 1944 teil. Nach dem Krieg begann er seine Karriere in der Verwaltung und war nacheinander Kommissar für Information, Erziehung, Kultur, Chef der Kulturabteilung des slowakischen Zentralkomitees, Chefredakteur der Prawda und bis Mai 1968 Präsident des Slowakischen Nationalrats. Als bekannter Opportunist war Klokoc auch ein vorsichtiger Mitläufer der Progressiven in den sechziger Jahren. Während der Reformbewegung in diesem Frühjahr und Sommer blieb er eher im Schatten.

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