6727337-1965_37_04.jpg
Digital In Arbeit

Große Erfolge in Übersee

Werbung
Werbung
Werbung

Eine freudige Überraschung boten die Exporte nach Übersee, die sich Jänner bis Mai auf 2,3 Milliarden Schilling (+ 24 Prozent) erhöht hatten: die Zuwachsraten betrugen in Afrika 5 Prozent, in Amerika 15 Prozent, in Asien 53 Prozent! Besonders der Nahe Osten gehört heute anscheinend zu den geographischen Einflußzonen Österreichs. Schließlich hat Wien während den vergangenen Jahren zahlreiche private Gäste und offizielle Besuche aus Iran, Irak und Israel, Syrien, Libanon und Saudi-Arabien empfangen, so daß manch neue Beziehungen wirksam werden, sobald im Vorderen Orient einigermaßen ruhige Verhältnisse einkehren. Um die Bedeutung des Uberseehandels zu veranschaulichen, genügt ein Blick auf die Exportskala: Afrika und Frankreich beanspruchten den gleichen Rang, desgleichen Asien und die Benelux-Staaten, und die Exporte nach Nord- und Südamerika bewegten sich auf der gleichen Höhe wie die Lieferungen nach Schweden, Dänemark und Norwegen.

Nach der Warenordnung des Gesamtexportes erhielten die eindrucksvollsten Fortschritte elektrische Apparate, lebende Tiere und Molkereiprodukte, Kupfer, Schuhe und Kleidung. Die Steigerung bei Maschinen, Papier und NE-Metallen entsprach genau der allgemeinen Exporterhöhung. Die markante Zunahme bei elektrischen Strom war eine Folge der neuen Lieferungen nach Jugoslawien. Stabil blieb Zellulose. Leichte Einbußen beklagten nur Holz und Aluminium, lt den untersten Rängen bisher Glas-und Lederwaren, Erdölprodukte unc Lastkraftwagen.

Schwere Krise in Brüssel

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft benötigt zur Überwindung ihrer Stagnation und inneren Krise viel längere Zeit, als die Öffentlichkeit vermutet. Die Lahmlegung der EWG-Kommission durch Frankreich erfolgte mit Hilfe des einfachen Schachzugs, daß sich Paris zwar bei den laufenden administrativen Geschäften durch einen Beamten vertreten läßt, aber alle Besprechungen und Verhandlungen über die Integration und weitere Abkommen boykottiert. Die tieferen Gründe liegen natürlich nicht in Thesen oder Ideologien, sondern in höchst handgreiflichen Interessen. Frankreich beharrt auf einstimmigen Beschlüssen des gemeinsamen Ministerrats und will sich schon aus Gründen der Souveränität unter keinen Umständen irgendwelchen Mehrheitsbeschlüssen unterwerfen, die nach den Buchstaben des Römer Vertrags schon im Jänner 1966 möglich wären. Außerdem will Paris den Machtbereich der EWG-Kommission eindämmen.

Ein zentrales Problem bleibt außerdem die Agrarfrage, weil Frankreich eine Entlastung des Bauernstandes durch hohe Getreideexporte nach den anderen EWG-Ländern benötigt, die am leichtesten im Wege von Kontingenten, aber gewiß nicht durch einheitliche Preisdiktate von Kiel bis Palermo, von Passau bis Bordeaux, von Bari bis Rotterdam erreicht werden. Anstatt den freien Handel und die soziale Marktwirtschaft zu fördern, verwandelte sich Brüssel in den letzten Jahren immer mehr in eine zentrale Preisbehörde mit einer gewaltigen Bürokratie, kein Wunder bei einer Politik, die schon eine fühlbare Teuerung aller Lebensmittel verschuldete. Außerdem erkennen allmählich auch viele Anhänger der EWG, daß Brüssel kein Recht besitzt, im Namen des Kontinents zu sprechen. Zum freien Europa gehören auch Skandinavien, Großbritannien, die Iberische Halbinsel und die beiden neutralen Alpenrepubliken. Freilich gestaltet sich die Uberwindung, sogar die Milderung dieser ernsten inneren Konflikte, ungemein schwierig, weil kein Partner kapitulieren kann und der gepriesene Perfektionismus diesmal versagt. Zuletzt erfordert ein neuer politischer Kompromiß, der noch in weiter Ferne liegt, auch eine Klarstellung der künftigen Beziehungen zu den Drittländern. Niemand erwartet jedoch eine besonders rasche Entscheidung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung