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Kein Markenschutz für „Gewerkschaft“

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Die Juristen haben entschieden, wie auch zu erwarten war, daß der Name „Gewerkschaft“ nicht allein dem Oesterreichischen Gewerk- schaftsibund und seinen Untergliederungen zustehe, sondern frei sei; das heißt, von jeder Gruppe im registrierten Vereinsnamen verwendet werden könne, wenn der Vereinszweck dementsprechend ist. Das bedeutet, daß nicht nur der „Beamtenbund“ in Hinkunft nach außen deklariert eine Gewerkschaft sein wird, sondern sich etwa auch die „Kameradschaft der Executive“, wenn es ihr beliebt, als Gewerkschaft etikettieren kann.

Die Folge der Freigabe des Namens „Gewerkschaft“ ist für den gesamten Bereich der österreichischen Arbeitnehmer vorläufig unerheblich. Lediglich bei den Staatsbeamten wird es sicher zu einem Konkurrenzkampf kommen.

Im allgemeinen wird nun auf einem (freien) Markt ein Konkurrenzkampf in der Weise ge führt, daß die Anbieter ihre Waren jeweils niedriger als die Konkurrenz offerieren. Lediglich auf dem Arbeitsmarkt ist es anders, da dort bei einer Zusammenfassung der Arbeitskraft zu gleichsam einer Arbeitskraft vom Anbieter (einem Arbeitskraftkartell) versucht wird, die Ware „bestens" nicht durch billigeres Anbot, sondern durch jeweils höheres Anbot gegenüber dem Konkurrenten zu veräußern. Es wer,den also Idie ifeidŽrt C'eW'etkschaftert der Angestellten des ;0ffentHch 'jr-Wenštės, weil1'lie vör ihren Mitgliedern bestehen und sich auch den Nochnichtmitgliedern empfehlen müssen, sehr bemüht sein, sich in Hinkunft durch Forderungen bzw. Mehrforderungen vor dem Konkurrenten hervorzutun.

Wir haben in Oesterreich zuwenig beachtet, daß die wirtschaftliche und politische Stabilität nicht allein den maßvollen Forderungen der Gewerkschaften zu verdanken gewesen ist, sondern auch der Tatsache, daß der OeGB maßvoll sein konnte, weil er eine Art Monopol in der Vertretung der Arbeitnehmer hatte und seine Forderungen ohne Rücksicht auf eventuelle Konkurrenten erheben oder auch nicht erheben konnte.

An sich vermag der Konkurrenzkampf auf dem Sektor der arbeitnehmerischen Interessenverbände diese davon abhalten, sich allzusehr mit Din,ge.q. .ąbziĮgebeji, die ßiit dem, was tun haben. Bedenklich muß die Angelegenheit dann werden, wenn lizitiert, mehr gefordert und beim Staat auch erreicht wird, als auf Grund der verfügbaren Mittel gegeben werden dürfte:

In der Deutschen Bundesrepublik haben sich die Interessentenverbände der öffentlich Angestellten (von .den Lehrern abgesehen) jeder parteipolitischen Stellungnahme enthalten. Sie sind betont unpolitisch und daher weder regierungsfreundlich noch regierungsfeindlich. Wie wird es nun in Oesterreich sein? Im Oesterreichischen Gewerkschaftsbund sind die kleinen Angestellten der öffentlichen Dienststellen und vor allem die sozialistisch gesinnten Arbeitnehmer gesammelt. In einzelnen Sektionen haben freilich christliche Gewerkschafter die Mehrheit. Im Beamtenbund stehen besonders die C- und B-Beamten, meist jedenfalls die Maturanten im öffentlichen Dienst, sowie eine Anzahl von Mittelschullehrern. Anfänglich war der Beamtenbund eine politisch neutrale Organisation, wenn er auch in der Mehrheit OeVP-Anhänger zu Mitgliedern hatte. In den letzten Jahren wurde der Beamtenbund jedoch nach außen hin in Rede und Schrift seiner Führer demonstrativ regierungsgegnerisch und faktisch eine Vorfeldorganisation der FPOe.

Der Oesterreichische Gewerkschaftsbund hat sich bisher, nicht nur weil er es angesichts seiner Monopolstellung vermochte, sondern aus einer selbstbewußten Verantwortungsfreudigkeit seiner obersten Führung heraus, als ein guter und staatspolitisch bedeutsamer Partner bei Verhandlungen mit der Regierung, als dem „Dienstgeber“, erwiesen. Es liegt nun an der neuen Staatsbeamtengewerkschaft, sich als eine staatstreue Nurinteressenvertretung ihrer Mitglieder zu erweisen und dementsprechend die Forderungen zu dossieren, Forderungen, die schließlich nicht „die“ Regierung, sondern alle erfüllen müssen.

Wenn der Beamtenbund auch nicht in der gleichen Weise für die öffentlich Angestellten sprechen kann wie der OeGB, umfaßt er doch bestimmte Gruppen, für die zu reden ihm nunmehr ein Recht zugestanden werden muß, ebenso wie der OeGB trotz aller Bedenken, die er nun hat, sich mit der Tatsache des Bestehens einer Konkurrenz abfinden sollte, um nicht das Schauspiel einer innergewerkschaftlichen Auseinandersetzung zu bieten.

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