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Phnom Penh

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Was blieb den überaus zahlreich versammelten Journalisten aus aller Welt offenbar anderes übrig, als mißmutig auf die — zugegeben hübsche — Tochter des Prinzen Norödom Sihanouk zu starren? Die De-Gaulle-Erklärung im Stadion von Phnom Penh, die in den Spekulationen einen Platz ganz vorne eingenommen hat, erwies sich nämlich zunächst als Enttäuschung. Und Sihanouk tat noch ein übriges, die Korrespondenten gründlich zu demoralisieren, indem er sie zusammentrommelte und zurechtwies, die Bedeutung des Besuches, die in einer Ehrung seines Landes bestünde, nicht richtig aufgefaßt zu haben.

Die ersten Kommentare ließen denn auch die Enttäuschung über die Rede und die darin gemachten Vorschläge zur Lösung des Ostasienproblems durchblicken: Wiederum, wie schon seit seiner Pressekonferenz vom 21. Februar, hielt de Gaulle an seiner Linie fest, das Genfer Abkommen von 1954 als Grundlage für alle weiteren Verhandlungen zu fixieren, schließlich die Neutralisierung Vietnams durch Abkommen der fünf Großmächte und der „pouvoirs rėels qui s’y exercent“, also der tatsächlichen Spieler im Kräftespiel des Landes zu sichern. Als Beispiel dafür diente Nordafrika, wo Frankreich einen Schlußstrich unter den Krieg gezogen hatte, der dort jahrlange tobte.

Gewiß: De Gaulles Position als Vermittler in Sachen Vietnam ist gerade im Augenblick unsicher, weiß er doch nicht, in welches Fenster er rufen soll, ob nach Hanoi, Peking oder Moskau. Und hier liegt wohl auch die entscheidende Schwäche nicht nur seiner, sondern aller anderen Vermittlungsaktionen, obwohl er zweifellos einen Augenblickserfolg gar nicht ins Kalkül gezogen haben dürfte.

Scharf war die Reaktion der Vereinigten Staaten. Dort hatte man sehr bewußt aus den absichtlichen Unklarheiten der Rede das herausgelesen, was de Gaulle eigentlich sagen wollte: Eine Lösung des Vietnamproblems kann erst dann in Angriff genommen werden, wenn die USA einen ersten Schritt dazu tun, nämlich beginnen, die Eskalation abzubauen, indem sie die Truppen reduzieren. Für den, der jeden gefallenen Vietkong gewissenhaft auf das Konto des Kampfes der freien Demokratie gegen den Kommunismus bucht, mag das eine herbe Enttäuschung gewesen sein, gilt doch heute vielfach auch der leiseste Ziveifel an der Berechtigung des amerikanischen Einsatzes in Vietnam als kaum verhüllter Kommunismus ...

Nun, de Gaulles an die Washingtoner Adresse gerichtete Aufforderung wird wohl kaum bedeuten, daß der General demnächst unter die Ostermarschierer gehen wird. Sie geht vielmehr von der Überlegung aus, was ein solcher Truppenabzug der US-Armee für Vietnam oder, mehr noch, für Ostasien eigentlich bedeuten würde. Die offizielle Lesart ist bekannt, doch nicht bewiesen, nach der Ostasien dann schließlich nur dem Kommunismus in den Schoß fallen würde. De Gaulle dürfte offenbar damit rechnen, daß in einem neutralisierten Siidostasien sein Land wieder eine Rolle spielen könnte. Mehr wurde in Phnom Penh nicht gesagt, war auch nicht herauszuhören. Doch die Vereinigten Staaten und, wie man hört, auch Nordvietnam, haben bereits reagiert. Und so dürfte die Reise des Präsidentengenerals doch mehr gewesen sein als eine Reise in jene exotischen Länder, über denen einst die Trico- lore geweht hat, mehr als eine Fahrt voll wehmütiger historischer Reminiszenzen an vergangene Kolonialzeit.

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