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„Söldner“ für den Bankraub

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Amplatz hat mit seinem Leben bezahlt. Und es ist bedauerlich, daß sich Georg Klotz, der nach den Schüssen auf der Brunner Mahder nach Österreich fliehen konnte, auch heute nicht von seinen „Freunden“ befreien kann, daß er auch jetzt noch Kontakt zu Personen unterhält, die ihn zu den abenteuerlichsten Don-Quichotterien hatten überreden wollen.

So hatte man vor, durch Überfälle die Widerstandsbewegung zu finanzieren. Im Frühjahr 1964 tauchte das Projekt auf, die Banca di Roma und die Raiffeisenkasse in Meran auszurauben. Man dachte daran, „Söldner“ anzuwerben. Diesen Männern wollten die Chefs der Widerstandsbewe-

gung Requirierungsscheine ausstellen. Auf diesen Scheinen sollten die Südtiroler Bauern aufgefordert werden, Geld- und Sachspenden zu leisten. Man versprach ihnen dafür den Ersatz der Verluste nach dem „Endsieg“.

Man machte sich erbötig, zwei OAS-Männern Geld für den Mord an einem italienischen Polizisten zu bezahlen. Es sei notwendig, einen italienischen Polizisten zu erschießen, folgerte man mit makabrer Naivität, um den Südtirolern zu beweisen, daß man „noch aktiv“ sed.

Aus dem Mund des Chefredakteurs der Zeitung „Freiheit für Südtirol“ konnte man erfahren, daß die Widerstandskämpfer künftig nicht mehr

über die Köpfe der Carabinieri und Alpini hinwegschießen würden. Der Herausgeber derselben Zeitung erklärte im Jänner 1964, daß ja bisher nur Hochspannungsmasten gesprengt worden seien — also „kaltes Material“ und nicht Menschan.

Der Brief des OAS-Mannes

Man hoffte, Italien zu „besiegen“. Der OAS-Mann Claude Blain hat in einem Brief seine Erlebnisse mit der Gruppe um Georg Klotz niedergeschrieben. Dieser Brief schildert Ereignisse im Frühjahr 1964. Er ist ein erschütterndes Dokument. Der OAS-Mann Blain macht in seinem Schreiben Personen für den Terror verantwortlich, die als Rechtsextremisten bekannt sind.

So nennt Blain den Namen Fred Borth, ein Exmitglied des BHJ, von der Polizei verhaftet, von Burger als Konfident der Staatspolizei bezeichnet, bekannt mit den Brüdern Kerbler, „Journalist“, ist nun Führer der „Legion Europa“. Er unterhält mit dem Rechtsextremisten Jean Thir-riart (MAC-Brüssel) ebenso Kontakt wie mit dem britischen Faschistenführer Sir Oswald Mosley und neofaschistischen Organisationen in Italien.

Borths „Legion Buropa“ ist ein kleines Glied in der Kette internationaler Rechtsorganisationen. Der „Legionsführer“ — er ist 36 Jahre alt und erzählt nicht ungern, „Ritterkreuzträger“ gewesen zu sein — hatte in Mailand eine Kontaktstelle seiner Legion eingerichtet, die von einem Ingenieur Berona geleitet wurde.

Borths Beziehungen sind international-faschistisch. So schrieb er in der in Belgien erscheinenden rechtsstehenden Zeitung „Jeune Europe“ auf Seite 1 einen Artikel über Südtirol. Auf Seite 2 derselben Zeitung wurde das erste Kommunique der „OAS-Exterieure“ angedruckt, einer Auslandsorganisation der OAS. In diesem Inserat warb die OAS für Mitglieder und Spenden.

Die österreichische Legion Borths ist relativ unbedeutend. Sie zählt kaum mehr als ein Dutzend Mitglieder, dennoch ist sie ein interessanter Faktor im Engagement der Rechtsradikalen in Südtirol. Mit ihr schließt sich der Kreis der Kontakte der österreichischen Rechtsnationalen zu den Faschisten Italiens.

Ein Chef des BHJ des Fred Borth, Konrod Windisch, etwa verfaßte in einer in Spanien erscheinenden faschistischen Zeitung einige Berichte. Im Kopf führt das Blatt (Bulletin informativo Barcelona) die Fasces,

als Titelbild eine idealisierte Darstellung Mussolinis mit der Unterschrift „Wir grüßen dich, unser Führer“.

1957 hielt der BHJ des Fred Borth (Bund heimattreuer Jugend, vom Innenministerium mit Bescheid vom 12. Juni 1959/74.575-4/9 aufgelöst) in Bad Aussee unter dem Mussolini-Motto „Glauben, gehorchen, kämpfen“ ein Pfingsttreffen ab.

Die Beziehungen der italienischen Neofaschisten. der MSI (Italienischen Sozialbewegung), zur ESB (Europäischen Sozialbewegung) sind hinlänglich bekannt und bewiesen. Auch in Österreich etablierte sich ein Ableger der ESB — die „österreichische Sozialbewegung“. Über die ÖSB schreibt das Blatt „Studien für Zeitfragen“ am 2. Juni 1960 in der Nr. 11: „ ... als kleine aber aktive Gruppe ist die ÖSB zu nennen, die als österreichische Sektion der ESB angehört ... Wegen ihrer Zugehörigkeit zur ESB sind hier Verbindungen zu national-europäischen Gruppen im Ausland besonders eng ...“

Dieselbe ÖSB hatte in ihrem Organ „Aufbruch“ einen Parteikongreß der MSI bejubelt: „Die österreichische Sozialbewegung grüßt ihre Kameraden.“ 1955 erschien in dem Blättchen

„Europa-Korrespondenz“ die entschuldigende Notiz: „Sämtliche österreichischen Blätter berichteten über einen Vorstoß der MSI, mehrere Abgeordnete der Südtiroler Volkspartei ... den Justizbehörden wegen Hochverrats anzeigen zu wollen... Es ist sicher, daß es sich hier um Auswüchse der Provinzialleitung der MSI handelt, die kaum die Billigung des MSI-Parteivorstandes finden dürften...“ Die „Europa-Korrespondenz“, jenes Blatt, das diese Ehrenrettung von Italiens Faschisten abdruckte, hatte ihren Sitz in Wien IV, Favoritenstraße 56. Unter derselben Adresse erschien eine „Europäischarabische Korrespondenz“. Als Eigentümer dieses Blatts tauchte im Impressum der ersten Nummer Doktor Roland Timmel auf. Verantwortlicher Redakteur war Josef Kavina, zweiter Obmannstellvertreter des ÖSB. In der zweiten Nummer des Blattes fehlte der Name Timmel.

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