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Staatspolitik in Frieden und Krieg

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KRUG, POLITIK UND DIPLOMATIE. Von Gordon A. Craig. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien-Hamburg, 1961. 391 Seiten. S 140.—.

Die als Blickfang gewählten Buchtitel erklären nicht immer den Buchinhalt, so sollte auch Craigs neuestes Werk besser „Staatspolitik in Frieden und Krieg” hießen. Es liegt eine „Sammlung von Essays” als die Frucht zwanzigjähriger Forschung vor. Zunächst wird die militärische Führung in Österreich von 1740 bis 1866 untersucht und der Primat der Politik festgestellt. Am Koalitions- knieg 1813—15 wird gezeigt, wie trotz unglaublicher Schwierigkeiten in der politischen und militärischen Führung der Einklang durch Metternich, Schwarzenberg und Radetzky erzielt werden konnte, dann wird vom Bündniiskrieg der Zentralmädhite 1914—18 gesagt, ein einheitliches Kommando habe gefehlt. Hier wäre vielleicht beizufügen gewesen, daß die militärische Führung aus der ihr von der Politik 1914 und später übergegebenen Lage das Möglichste herausholte und daß sich der beim deutschen Kaiser ruhende Primat der Politik durchaus behauptete. Der Autor prüft in den anschließenden Kapiteln, wie weit politische und militärische Führung in Preußen 1848—65, dm Hohienzollern-Deuitsch- land, 1871—1918 und unter Hitler 1938—45 übereinsitimmten. Sollte der Leser folgern, daß Manteuffel, Moltke d. Ä. und Hindenburg-Luden- dorff übermäßigen Einfluß auf den Gang der Dinge genommen haben, darf er doch nicht übersehen, daß auch in diesen Epochen der Primat der Politik bei Bismarck und Wilhelm II. lag, daß Hitler erst recht nach Beiseiteschieben des Militärs die politischen Entscheidungen frei traf. Man lasse sich nicht verleiten, die durch die Generalstäbe pflichtgemäß und zugegeben oft fordernd erfolgte Beratung der politischen Spitze als Einmengung in die Politik zu werten, die bei Fehlschlägen die Verantwortung auf das Militär abwälzen könnte. Am lehrreichsten sind zweifellos die eingehenden Abhandlungen über den Wandel des diplomatischen Apparates seit dem Wiener Kongreß. Der diplomatische Stil wechselte unter Bismarcks autoritärer Leitung, in der Zeit der Deklassierung der Berufsdiplomaten durch die Reisediplomatie der Politiker 1919—1939, unter den Diktatoren in Rom, Berlin und Moskau sowie in der Diplomatie der das Erfassen der Realitäten, Geduld und Selbstbeherrschung noch nicht hinreichend kennenden jungen Nationen bei gleichzeitiger neuer Zielsetzung für die Außenpolitik in der Welt der Teilsicherheit bietenden Blöcke, der allgemeine Sicherheit versprechenden Rüstungskontrolle, des Kulturaustausches und der UNO als permanenten Treffpunktes verantwortlicher Staatsmänner. Beachtung gebührt noch neben einem sehr instruktiven Exkurs über die Neutralität und Nichteinmischung den Würdigungen, die Craig dem um die Wehrwissenschaft hochverdienten Hans Delbrück und dem umstrittenen USA-Außenminlster John Foster Dulles widmet. Gordon Craig hat in seinem überaus wertvollen Mosaik der staatspolitischen Grundfragen nutzbringende Erkenntnisse festgehalten, die zahlreich benützte Literatur ergänzt er mit 15 österreichischen Publikationen, die auch der liberalen und großdeutschen Richtung angehören.

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