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Sorgen am Atlas

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Mehrere europäische Staaten warteten sehnsüchtig, in das sorgsam gehütete Vorzimmer der EWG vorgelassen zu werden. Die französischsprechenden Länder des schwarzen Afrika, unterstützt von Paris und Brüssel, erhielten an sich günstige Präferenzverträge. Die französische wie die deutsche Diplomatie bemühen sich, Franco-Spanien europäisch hoffähig zu machen.

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Mehrere europäische Staaten warteten sehnsüchtig, in das sorgsam gehütete Vorzimmer der EWG vorgelassen zu werden. Die französischsprechenden Länder des schwarzen Afrika, unterstützt von Paris und Brüssel, erhielten an sich günstige Präferenzverträge. Die französische wie die deutsche Diplomatie bemühen sich, Franco-Spanien europäisch hoffähig zu machen.

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Die Maghreb-Staaten Marokko und Tunesien erhoffen ebenfalls eine engere Zusammenarbeit mit der EWG. Seit 1969 wurden mit Tunesien und Marokko Zollverträge abgeschlossen, die ihnen bis zu 60 Prozent ihrer Verkäufe in den EWG-Staaten Vergünstigungen einräumen. Die beiden Staaten wiederum haben den EWG-Partnern bis zu 40 Prozent ihrer Importe Erleichterungen zugebilligt. Mit Algerien besteht gegenwärtig kein Vertragsverhältnis. Die französisch-algerischen engen Wirtschaftsbeziehungen wurden bisher von der EWG toleriert. Die Bundesrepublik und die Beneiux-Staaten kamen den Algeriern bei Importen ihrer Agrarprodukte entgegen. Dies stieß auf geringe Gegenliebe der Italiener, die um den Absatz ihrer Weine und Südfrüchte bangten. Rom hat mehrfach gegen eine Bevorzugung der nordafrikanischen Staaten Protest erhoben und zeigte sich kaum geneigt, Konzessionen der Brüsseler Behörden zu gestatten. Die europäischen Politiker und Wirtschaftsexperten haben die Maghreb-Staaten stets als ein Ganzes betrachtet. Sie wollten nicht mit jedem Staat einzeln Verhandlungen einleiten, sondern förderten die Tendenz zur Bildung einer wirtschaftlichen Union von Tunesien, Marokko und Algerien, die, als Einheit der EWG gegenüberstehend, mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ein Vertragsverhältnis schließt.

Am 20. Juli 1970 wurde mit großer Erwartung die VI. Ministerkonferenz in Rabat organisiert. Die Resultate dieser Besprechung müssen als bescheiden bezeichnet werden. Wohl haben sich gewisse Strukturen der Zusammenarbeit herausgebildet. Als oberste Instanz dient der ständige Rat der Wirtschaftsminister, von dem sich Libyen allerdings ausgeschlossen hat. Die permanente Kommission, bisher vom tunesischen Minister Mansour Moatta, jetzt vom algerischen Energieminister Belatd Abdessalem geleitet, soll das Studium gemeinsamer Wirtschaftspläne koordinieren. Eine Reihe spezialisierter Organe auf den Sektoren der Versicherung, des Transportes, der Erziehung und des Postwesens nehmen ihre Tätigkeit verstärkt auf. Mit Genugtuung wurde die Interessen-angleichung der jeweiligen Eisenbahngesellschaften registriert.

In den wichtigsten Punkten blieb es allerdings bei frommen Wünschen. Nachdem die Minister keine Einigung erzielten, schlug der marokkanische König — dessen innenpolitische Position durch ein gelungenes Verfassungsreferendum sehr gestärkt ist — die Zusammenkunft der Regierungschefs vor, um politisch, wirtschaftlich und finanziell die Einheit der Maghreb-Länder vorzubereiten. Hassan II. verwies auf die Geschichte der EWG, die immerhin 15 Jahre benötigt habe, um den heutigen Stand politisch-wirtschaftlicher Integrierung zu erreichen. Ein Datum für die Zusammenkunft der Staatschefs oder Minister ist bisher nicht veröffentlicht worden.

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