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RANDBEMERKUNGEN ZUR WOCHE

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NICHT VERGESSEN: DIE „KULTURFRONT”. Die kulturellen Erfordernisse nicht zuletzt —, so versicherte der Bundesminister für Finanzen gelegentlich einer Pressekonferenz gesprächsweise zur Bundesanleihe 1959, die am 23. März bis zum 11. April mit einem Gesamtbetrag von 1,8 Milliarden Schilling zur Zeichnung aufgelegt wird. Damit hat der zuständige Ressortminister deutlich zum Ausdruck gebracht„ daß nicht altein EĮekfrifizierungsarbeiten der Bundesbahn, Hochbauten und Fortsetzung des Automatisierungs- Programms im Fernsprechwesen, Weiterführung des Fernsehnefzes und der Autobahnen als förderungswichtig erkannt wurden, sondern daß man, spät, aber vielleicht doch noch nicht zu spät, sich klar geworden ist, wie trist die Situation auf dem Sektor des Schulbaues im allgemeinen und auf dem Gebiet des Hochschul-Wesens ist, was die „Furche” erst kürzlich durch einen Artikel über die Zustände an der Grazer Technik beleuchtete. Es ist nur folgerichtig, daß man vorerst dort nach dem Rechten sieht, wo die Techniker ausgebildet werden, die unsere, auf Jahrzehnte bemessenen Bauten leiten sollen, und dafj mon verhindert, dafj sie, wie bisher, ins Ausland abwandern.

ZWEI WIRTSCHAFTSBL0CKE1 Zwei Konferenzen zeigten vergangene Woche, dafj das Problem der wirtschaftlichen Einigung des ganzen Europa nicht mehr aus der europäischen Politik wegzudenken ist. In Brüssel tagte der Minister- raf der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und beschäftigte sich gelangweilt mit seinem Memorandum zur Freihandelszone (FHZ), das nun endlich auch veröffentlicht wurde. Grob gesprochen besagt es: Wir stimmen bis zu einem gewissen Grad einer Assoziierung der übrigen OEEC-Sfaaten an die EWG zu, doch so weit, dafj für sie jede Diskriminierung ausgeschlossen ist, können wir nur dann gehen, wenn sie unsere gemeinsame Wirtschaftspolitik mitmachen. Da dies aber praktisch den Anschluß an die EWG bedeuten würde, der von den „anderen” aus verschiedenen Gründen abgelehnt wird, zeigt auch dieses Memorandum nicht, wie eine Benachteiligung durch die EWG verhindert werden könnte. Die „Außenseiter” trafen sich fast zur gleichen Zeit wie die „Sechs” auf englische Initiative hin in Stockholm. Es war sicher die interessantere Konferenz. Nun versammelten sich aber lediglich sieben Staaten (England, Schweiz, Oesterreich, die drei skandinavischen Länder und Portugal). Die restlichen vier OEEC-Staafen wurden nicht eingeladen. Was wollen diese anderen „Sechs” und Portugal nun eigentlich unternehmen, um der EWG-Diskriminierung zu entgehen? Zweifellos vollen die „Außenseiter” einen Block schaffen, der mit der EWG verhandeln kann. Es soll dem alten französischen Wunsch entgegengewirkt werden, daß die „Sechs” als Einheit auftrelen und dann bilateral mit jedem einzelnen der übrigen OEEČ-Stoaten Kontakt aufnehmen. Ob sich Europa überhaupt den Luxus zweier Wirtschaftsblöcke leisten könne —, das bleibt eine offene Frage.

IM WESTEN WÄCHST NEUES. Unter dem Druck Chruschtschows und der Berliner Frage wird, wenn nicht alle Zeichen trügen, jetzt ein gemeinsames Konzept geschaffen. Macmillan hat mit Eisenhower die Antwortnote des Westens durch- berafen, die nunmehr in Paris und Bönn noch einmal geprüft wird. Eisenhower und der Westen sind bereif, zu einer Gipfelkonferenz zu kommen. Neben dem Berlin-Problem und der Deutschland- Frage stehen alle weltpolitischen Themen ersten Ranges zur Behandlung heran. Ist die Zeit reit für fruchtbringende Konferenzen? Wieder einmal meldet sich der große Verbündete der Sowjets, Rotchina, zu Wort. Auf der anderen Seife ist es Japan, das mit China und den Sowjets ins Gespräch kommen möchte. Die Weltschaukel beginnt nämlich jedesmal, wenn in Europa auch nur eine Teillösung heranreift, sofort nach der anderen Seite zu wippen. Vorsicht und Voraussicht ist jetzt wesflicherseifs besonders am Platz; es wäre trügerisch, wenn man hier glaubte, daß ein Europakonzept allein genügte, um aus dem Engpaß herauszukommen. Wer nämlich mit den Sowjets zu einer Gipfelkonferenz gehen will, und das ausdrücklich, wie eben jetzt Eisenhower und Macmillan, bekennt, muß sich gründlich überlegen, wie er China anfassen will.

AFRIKA TROMMELT. Die kleine Negerfrommei der Jazzband: sie hat eine Welt erobert. Eine Welt erobern wollen jetzt die Trommeln der Negerführer, die kaum mehr aufhören, Tag und Nach): blutige Zusammenstöße im belgischen Kongo, Unruhen im portugiesischen Angola, Rebellion im britischen Protektorat Njassaland, Tumulte in dem unter UNO-Treuhandschaft stehenden Somaliland. Auf die einstigen Oasen im afrikanischen Wüstenbrand ist nun das Buschfeuer übergesprungen. „Ich fange an, mich zu fragen, ob wir eigentlich nie lernen”: diese Worte des Konservativen Lord Boofhby in der Oberhausdebafte über Njassaland könnten das Motfo bilden für längs) fällige, gemeinsame Beratungen aller „weißen” Mächte, die in Afrika engagiert sind. Wobei (wie verwegen erscheint dieser Vorschlag politischer Vernunft!) in gewissen Fragen auch Staaten heranzuziehen wären, die nicht sfaalspolifisch in Afrika gebunden sind. Nun ist es bekannt, welche Gegensätze die europäischen Staaten in Afrika, und gerade in ihrer Haltung ihren Kolonien, Protektoraten, Bundesländern und so weiter gegenüber trennen: Spanien, England, Portugal, Frankreich, Italien (als Treuhänder der UNO in Somaliland). Wie lange aber wollen diese europäischen Nationen noch warfen, bis sie sich zu gemein- l saurem Rat und überlegter Tat in Afrika finden?

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