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Konzil und Kirchenbau

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Das Liturgieschema des Konzils enthält auch Ausführungen über den Kirchenbau. Der betreffende Abschnitt wurde auf der 59. Generalkongregation am 31. Oktober zur Abstimmung gebracht. Die Weisung richtet sich zunächst an den Bauherrn beziehungsweise an die zuständigen kirchlichen Stellen, denen die Vergabe von Aufträgen zukommt. Sie sind jedoch allgemein von Interesse, weil sich in ihnen die Haltung echter Bereitschaft zu offener und unvoreingenommener Begegnung mit den Werten der Gegenwart ausdrückt. Die Grundsätze bezeugen eine Verpflichtung und Verantwortung für die geistigen Werte, wo immer man ihnen begegnet. Offenbar wurde auch den Konzilsvätern klar, wie weltweit die Bedrohung aller geistigen Werte heute ist. Die Bedrohung kommt nicht nur vom doktrinären Materialismus, sondern weit mehr noch von unserer Oberflächlichkeit und bürokratischen Routine, von blindem Aktivis- mus, veräußerlichten Gewohnheiten, Herrschsucht und Überheblichkeit. Die Haltung gegenüber der Kunst ist nur der typische Sonderfall für die kulturelle und soziale Verantwortung überhaupt, welche die Kirche als Institution in ihrer eigentlichen Heilssendung nicht übersehen darf, sondern mittragen muß.

Nach festgesetzten Punkten

Folgende Grundsätze sind in den knapp gehaltenen Weisungen des Konzils enthalten:

Qualität: Bei der Vergabe von Aufträgen sollte man nicht so sehr auf den rein materiellen Wert der Kunstwerke achten als vielmehr auf den künstlerischen. Bereits mit dieser Mahnung des Konzils wird ein dringlicher Wunsch aufgenommen, den Tagungen über Liturgie und Kirchenbau sowie über kirchliche Kunst in den letzten Jahren in verschiedenen europäischen Ländern vorbrachten. Einstimmig drückte man in diesen Fachkreisen das Bedauern aus, daß nur wenige Kirchenbauten der letzten Jahre eine über dem Durchschnitt liegende Qualität aufweisen. Der Mangel an echter künstlerischer Leistung wird um so schmerzlicher empfunden, als eine Flut von Dekoration, Ersatzware und modischen Zutaten an die Stelle echter Leistung getreten ist. Forderung nach künstlerischer Qualität wird hier erstmals positiv in einem kirchlichen Dekret zum Ausdruck gebracht. In einer negativen Formulierung hat das gleiche Anliegen schon ein Dekret zum Gegenstand gehabt, das unter Pius XII. 1952 vom heiligen Offizium erlassen wurde. Zu den wenigen Stellen des Dekrets, die über eine Wiederholung bereits früher erlassener Bestimmungen hinausgeht, gehört Punkt 5 des letzten Abschnittes, der sich dagegen wendet, „daß eine große Anzahl von Statuen und Gemälden minderwertiger Art, gewöhnlich Serienarbeit, auf den Altären oder an den benachbarten Kapellenwänden zur Verehrung der Gläubigen geschmacklos und wirr durcheinander aufgestellt werden“. Das war zur Abwehr des Kitsches und aller minderwertigen Produkte und Ersatzwaren gesagt. Jetzt wird die Aufgabe positiv formuliert. Der Ruf nach echter künstlerischer Leistung wird erhoben.

Einfachheit: Der Abschnitt des Liturgieschemas dringt auch auf die Vermeidung von übermäßigem Luxus. Daraus ergibt sich, daß künstlerische Leistung nicht im Maß des äußeren Aufwandes, sondern in der Art des Einsatzes der oft bescheidenen Mittel zu suchen ist. Eine gewisse Schlichtheit ist für das christliche Kirchengebäude wie für die christliche Glaubenshaltung in unserer Zeit charakteristisch. Um so mehr wird sich die Gestaltungskraft des Architekten in der Raumform ausweisen, und der Einsatz künstlerischer Werte vor allem dort erfolgen, wo die Liturgie selbst diese vorsieht.

Bildordnung: Nach Auffassung des Liturgieschemas soll einerseits sentimentale Stimmung, anderseits auch völlige Bildlosigkeit vermieden werden. Die Abweisung jeder Art von Stimmungsmache entspricht ebenfalls einem dringlichen Erfordernis. Man sieht ja, wie mit weit ausgebreiteten farbigen Glasfenstern figürlicher oder abstrakter Art oft eine fragwürdige Dekoration und eine nicht selten sentimentale Einstimmung gesucht wird. Selten gelingt eine echte Zuordnung dieser Bilder oder Farbakzente zum gesamten Raumbild der Liturgie.

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