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Marchen der Weltliteratur

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KINDER UND HACSMXBCHEN. Von den Brüdern Grimm. Herausgegeben -von Friedrieh von der L e y e n. t Bände, je :!.“ •{ Selten. Preis je 14.80 DM. — FRANZÖSISCHE MÄRCHEN. Herausgegeben und ubertragen von Re Sonpault. 340 Seiten. Preis 14.80 DM. — FINNISCHE UND ESTNISCHE MÄRCHEN. Herausgegeben von August von L ö w 1 s f M e n a r. 330 Seiten. Preis 14.80 DM. — ZIOEUNERMARCHEN. Herausgegeben von Walter AI c h e 1 e und Martin Block. 388 Selten. Preis 14.80 DM. - MONGOLISCHE VOLKSMÄRCHEN. Aus dem Mongolischen ubbersetzt und mit einem Nachwort von Walter H e i s s I g. 368 Selten. Preis 14.80 DM. — Alle bei Eugen-Diederlchs-Verlag in der Reihe „Die Märchen der Weltliteratur“. Herausgegeben von Friedrich von der L e y e n. — UNGARISCHE VOLKSMÄRCHEN. Herausgegeben von Prof. Dr. Gyula O r t u t a y. Deutsch von Mirza Schüchlng und Geza Engl. Stelngrüben-Verlag, Stuttgart. 361 Selten. Preis in DM.

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KINDER UND HACSMXBCHEN. Von den Brüdern Grimm. Herausgegeben -von Friedrieh von der L e y e n. t Bände, je :!.“ •{ Selten. Preis je 14.80 DM. — FRANZÖSISCHE MÄRCHEN. Herausgegeben und ubertragen von Re Sonpault. 340 Seiten. Preis 14.80 DM. — FINNISCHE UND ESTNISCHE MÄRCHEN. Herausgegeben von August von L ö w 1 s f M e n a r. 330 Seiten. Preis 14.80 DM. — ZIOEUNERMARCHEN. Herausgegeben von Walter AI c h e 1 e und Martin Block. 388 Selten. Preis 14.80 DM. - MONGOLISCHE VOLKSMÄRCHEN. Aus dem Mongolischen ubbersetzt und mit einem Nachwort von Walter H e i s s I g. 368 Selten. Preis 14.80 DM. — Alle bei Eugen-Diederlchs-Verlag in der Reihe „Die Märchen der Weltliteratur“. Herausgegeben von Friedrich von der L e y e n. — UNGARISCHE VOLKSMÄRCHEN. Herausgegeben von Prof. Dr. Gyula O r t u t a y. Deutsch von Mirza Schüchlng und Geza Engl. Stelngrüben-Verlag, Stuttgart. 361 Selten. Preis in DM.

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Die seit vielen Jahrzehnten zugleich angesehensten und verbreitet-sten Märchenpublikationen sind „Die Märchen der Weltliteratur“, die von Friedrich von der Leven im Eugen-Diederichs-Verlag herausgegeben werden. Es spricht für die Güte und Sorgfalt der Editionen, daß sie — vielfach unverändert oder nur auf den neuesten Stand der Forschung gebracht — nach dem Krieg wieder neu aufgelegt werden konnten; selbst die ansprechende äußere Gestalt konnte beibehalten werden.

' 1912, zur Feier des hundertjährigen Bestehens der ersten Grimmschen Märchenausgabe, erschien in dieser Reihe eine Jubiläumsausgabe der „Kinder- und Hausmärchen“. Das Neue an dieser nun im 30. Tausend vorliegenden Ausgabe war die vom Herausgeber besorgte Anordnung der Märchen, die von der der Brüder Grimm abwich: von der Leyen suchte darin Alter, Entwicklung und Wesensart der Märchen anzudeuten. Damit ist dem Leser, der die Märchen nicht nur einzeln lesen will, sondern Zusammenhänge sucht, eine große Hilfe gegeben. Das wird noch mehr der Fall sein, wenn — wie angekündigt — ein dritter Band ausführliche Anmerkungen und Hinweise geben wird. Die Märchenforschung hat sich seit den Brüdern Grimm so gewaltig ausgebreitet und vertieft — ist aber für den Laien nur sehr schwer auffindbar und zu überschauen —, daß hier eine zusammenfassende Darstellung von großem Nutzen sein könnte und auch auf echtes Interesse stoßen wird.

Frankreich besitzt wohl eine alte Tradition des Kunstmärchens, das Volksmärchen jedoch fand erst relativ spät (ein, zwei Generationen nach den Brüdern Grimm) größere Beachtung. Dann allerdings setzte eine intensive Sammler-, Forschungs- und Publikationstätigkeit ein, die das gesamte französische Staatsgebiet ergriff und die mitunter landschaftlich sehr verschiedenen und eigenständigen Märchenausformungen in reicher Anzahl zutage förderte. Re Soupault hat aus diesem Material eine sehr schöne und charakteristische Auswahl getroffen, die vom Artois bis zu den Pyrenäen reicht, und diesen Volksmärchen Kunstmärchen aus der Literatur des 12. und 13. sowie des 17. und 18. Jahrhunderts zum Vergleich vorangestellt. Das französische Märchen unterscheidet sich vom deutschen vor allem durch eine stärkere rationalistische Komponente und tiefere christliche Überformung. Im Nachwort evbt der Herausgeber einen kurzen Uberblick über die Geschichte der französischen Märchenforschung, in einem Anhang Quellenhinweise und wertvolle Anmerkungen zu Thema und Motiv und abschließend eine umfangreiche Bibliographie der einschlägigen Märchensammlungen. Ein sehr sorgfältig gearbeiteter und repräsentativer Band.

Die „Finnischen und estnischen Märchen“ sind eine unbearbeitete Neuausgabe nach dem verstorbenen August von Löwis of Menar. Friedrich von der Leyen entschuldigt dies mit der Erklärung, daß es nicht gelungen sei, einen ebenbürtigen Kenner der Materie zu finden; bei der gigantischen Fülle der finnischen und skandinavischen Märchenaufzeichnungen wohl auch nicht so leicht möglich. Die einzelnen Märchen sind in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts von verschiedenen Sammlern festgehalten worden und daher in Sprache und Handlungsführung etwas unterschiedlich. Die ursprünglichste Form zeigen die in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts gemachten livischen Märchenaufzeichnungen. Der Band gibt einen guten Überblick, der auch charakteristisch für die Länder ist beziehungsweise charakteristische Varianten zu den auch bei anderen Völkern vorkommenden Typen aufweist. Löwis of Menar hat neben den eigentlichen Märchen auch einzelne Stellen aus den beiden Nationalepen „Kalevala“ und „Kalevipoeg“ in den Band aufgenommen, so daß dem Buch auch etwas vom Beginn des Strebens nach einer eigenständigen Nationalisierung anhaftet.

Die „Zigeunermärchen“ tragen das Signum ihrer Trägerschicht: vielerlei Einflüsse und Entlehnungen sind festzustellen. Wenige der Märchen sind eigene Erfindung; die meisten sind Umformungen, tragen aber die unverkennbaren und reizvollen Ausprägungen der Zigeunermentalität. Die Aufzeichnungen stammen fast durchweg aus Südosteuropa und gehen bis auf das 19. Jahrhundert zurück. Die Herausgeber, Walter Aichele und Martin Block, sind sehr behutsam vorgegangen und haben den Texten, soweit die Verständlichkeit es zuließ, ihre sprachliche Eigenart gelassen. In ihren Nachworten geben sie eine kurze Geschichte der Zigeunerforschung und der um sie verdienten Sammler und Wissenschaftler. Umfangreiche Quellennachweise und Anmerkungen von Johs. Ipsen erweisen sich als besonders hilfreich zum Überschauen dieses vielverschlungenen Gebietes.

Walter Heissig hat, fast durchweg aus mongolischen Publikationen des letzten Jahrzehnts, „Mongolische Volksmärchen“ ausgewählt und übertragen und legt somit praktisch unbekanntes Material vor. Geographisch handelt es sich um den Raum, der heute drei verschiedenen politischen Staatswesen zugehört: der Sowjetrepublik, der mongolischen Volksrepublik und China. Die Aufzeichnungen wurden, der Forschungsgeschichte entsprechend, möglichst im genauen Wortlaut der Erzählung übernommen, wenn auch in der deutschen Übertragung auf den anlautenden Stabreim, die Hauptform der mongolischen Dichtung, verzichtet werden mußte. Die Märchen präsentieren sich dadurch sehr ursprünglich. Dennoch ist Vorsicht am Platz: Ist es wirklich eine Eigenheit der mongolischen Märchen, die Fürsten und Könige immer böse und grausam darzustellen? Schließlich hat man einige Zeit hindurch auch die Märchen der Brüder Grimm dahingehend umzuformen gesucht. Der Herausgeber schlüsselt im Nachwort und im Anhang Motivgruppen auf, weist auf Einflüsse vor allem der indischen Märchenliteratur hin und glaubt in der häufig vorkommenden Gestalt des Fuchses (das Tiermärchen ist eine Hauptgattung) eine Parallele zur ostasiatischen Volksüberlieferung sehen zu können; erstaunlicherweise ist dieser Einfluß ansonsten kaum, spürbar. Der Reiz der Sammlung liegt neben dem unbekannten Material in der ursprünglichen Erzählweise, die besonders deutlich wird im Unterschied zu den letzten drei Märchen, die eine literarische Umformung aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sind.

Auch der Steingrüben-Verlag bemüht sich seit einigen Jahren um Märchenpublikationen. Meist nach Themen gestaltet, ist er diesmal von dieser nur für den Laien bestimmten Zusammenstellung abgewichen und hat sich von dem bedeutenden ungarischen Volkskundler Gyula Ortutay einen Band „Ungarische Volksmärchen“ zusammenstellen lassen. Auch in diesem Fall handelt es sich um durchweg relativ junge Ausformungen alten Erzählgutes, darunter um solche nach Märchenerzählern schon unseres Jahrhunderts. Es lag an der soziologischen Struktur Ungarns, seiner geschlossenen Bauern- und Hirtenwelt, daß sich dort die Tradition des heute natürlich ebenfalls aussterbenden Märchenerzählens länger als sonst irgendwo im westlichen Raum erhalten hat.

In der Sammlung finden sich, der natürlichen Bevölkerung entsprechend, neben eigenständigen ungarischen Motiven und Ausformungen, auch slowakische und deutsche und natürlich solche von Zigeunern. Allen gemeinsam ist die starke folkloristische Ausprägung und eine spezifische Farbigkeit, die den Leser unmittelbar anspricht. Die von Mirza Schüching und Geza Engl sauber übertragene Auswahl erweist sich als behutsame, gediegene Facharbeit, der noch der unzerstörbare Hauch der Natürlichkeit des ursprünglichen Märchenerzählens anhaftet. Imre Reiners Illustrationen sind, wenn auch ein wenig uneinheitlich, so doch geschmackvoll und dem Geist der Gattung entsprechend.

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