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Oper, Orgel, Passion und Psalm

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DIE MUSIK IN GESCHICHTE UND GEGENWART. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Unter Mitarbeit zahlreicher Musikforscher des In- und Auslandes herausgegeben von Friedrich Blume. Band 10. Oper — Rappresentazione. Mit 107 Bildtafeln, einer Farbtafel, 357 Textabbildungen, 128 Notenbeispielen und 17 Tabellen. Bärenreiter-Verlag, Kassel-Basel-London-New York, 1962. 1930 Spalten, XXXI Seiten Inhaltsangabe, Mitarbeiterverzeichnis, Errata usw. Preis: etwa 900 S.

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DIE MUSIK IN GESCHICHTE UND GEGENWART. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Unter Mitarbeit zahlreicher Musikforscher des In- und Auslandes herausgegeben von Friedrich Blume. Band 10. Oper — Rappresentazione. Mit 107 Bildtafeln, einer Farbtafel, 357 Textabbildungen, 128 Notenbeispielen und 17 Tabellen. Bärenreiter-Verlag, Kassel-Basel-London-New York, 1962. 1930 Spalten, XXXI Seiten Inhaltsangabe, Mitarbeiterverzeichnis, Errata usw. Preis: etwa 900 S.

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Mit dem vorliegenden 10. Band nähert Sich das große Werk seiner Vollendung. Wieder nehmen die großen monographischen Artikel einen bedeutenden Platz ein. Das Kapitel Oper mit 89 Spalten ist in drei Teile gegliedert: von den Anfängen bis gegen 1800, die romantische Oper (A. Abert) und die nachromantische Zeit (H. Ehihger). Wie gegenwartsnah der letzte Teil dieses gewichtigen Beitrags ist, erweisen allein schon die (ausgezeichneten) Szenenbilder der Uraufführung von Elektra 1908, Rosenkavalier 1911, Moses und Aron von Schönberg 1959, Intolleranza von Nono 1961, Harmonie der Welt von Hindemith 1957, Ödipus, der Tyrann von Orff 1959, Penthesilea von Othmar Schoeck 1957 und Das Opfer von -Zillich 1960. Daran schließt sich ein sehr lesenswerter Beitrag über die Operette, deren Autor zwar die regieliche Erneuerung dieses Genres unter Duvoisin und Assman in München sowie durch Felsenstein in Berlin, aber leider nicht die von Adolf Rott in der Wiener Volksoper erwähnt. Der Abschnitt über das Musical scheint etwas dürftig geraten.

Der dem Oratorium gewidmete Artikel mit 48 Spalten ist in neun Kapiteln nach Ländern gegliedert. Eine enorme Arbeit steckt in der 16 Seiten umfassenden Tabelle in dem Beitrag Orchester mit insgesamt 26 Spalten, in dem sämtliche bekannte Orchester, von den Anfängen bis auf unsere Tage, mit ihrer genauen Besetzung angegeben sind. An dem umfassenden Beitrag über Orgel, Orgelmusik und Orgelspiel hat ein ganzer Stab gelehrter und wohlinformierter Fachleute mitgearbeitet. Auch hier ist die Aktualität des letzten Abschnittes besonders hervorzuheben. In dem Kapitel Pädagogik der Musik hat Doflein das Grundsätzliche dargelegt, während der zweite Teil des 46 Spalten umfassenden Beitrags den gegenwärtigen Stand der Musikerziehung nach Ländern aufzeigt. Das große Kapitel Palestrina schließt mit 21 Spalten Werkverzeichnis, in die Knud Jeppesen eine wahrscheinlich mehrjährige Arbeit investiert hat. Hans Pfitzner (10 Spalten) wurde zwar von keinem der Pfitzner-Jün- ger (also weder von Abendroth noch von Morgenroth), sondern von Wilhelm Mohr behandelt, aber auch er hat nicht ganz die wünschenswerte Distanz zu seinem

Sujet. Die Schwierigkeit liegt hier auf der Hand, denn weder ist für ein Lexikon der Jünger noch der allzu kritisch Eingestellten der richtige Referent. Erfreulich die kurze, aber treffende Würdigung eines zu unrecht Vergessenen: Felix Pe- tyreks.

Von größtem Wert, wie in den vorausgegangenen Bänden, sind auch im vorliegenden wieder die Monographien einiger großer Musikstädte und -länder, so Paris (43 Spalten), Prag (22 Spalten), Preßburg und andere. Nach dem wichtigen Beitrag über Parodie und Contrafactur folgt der umfassende über die Passion (47 Spalten). Von einem ersten Fachmann ist die Studie über die Posaune geschrieben (C. Karstädt, 18 Spalten), der auch die modernsten Orchesterpartituren sowie die vielfältige Verwendung der Posaune als Soloinstrument und im Jazzensemble behandelt. Eine stolze Bilanz des zeitgenössischen Musiklebens ihres Heimatlandes vermag Zofia Lissa in dem Artikel Polen (26 Spalten) zu ziehen. Für den Musikhistoriker von besonderem Interesse ist auch eine Übersteht der Musikerfamilien der Porta (13 Spalten) und der Praetorius (18 Spalten). Der Bearbeiter dės Beitrags über die Praemonstratenser muß darauf hinweisen, daß deren Rolle in der Musikgeschichte noch nicht erforscht ist (Thema für eine Dissertation!).

Auf 45 Spalten handeln Werner, Stäblein und Pinscher das Thema Psalm ab.

Für das noch wenig erforschte Gebiet der Psychoakustik wurde die allererste Kraft auf diesem Gebiet gewonnen, der bekannte Akustikforscher und -experte Fritz Winckel. Drei Künstlermonographien sind ferner hervorzuheben: Puccini, ein wenig kuz, aber sehr kompetent, von Mosco Car- ner; Prokoffieff, mit sechs Spalten ebenfalls ein wenig knapp, von Guido Waldmann, der anscheinend die sehr verdienstvolle Monographie von Samuel noch nicht benützen konnte; schließlich Peter Rabe, dessen eigenwilliger Persönlichkeit in wenigen Zeilen Gerechtigkeit widerfährt und der als Liszt-Forscher bleibendere Verdienste hat als in seiner Eigenschaft als Präsident der Reichsmusikkammer. Sehr gründlich auch die Studien über die Musikerfamilie der Purcell auf 16 Spalten, sowie die von Rameau durch Pfannkuch, Girdlestone und Jacobi. Den kulturhistorischen Radius des Lexikons erweist das sehr dankenswerte Kapitel über den Dichter Puschkin (Ernst Stöckl, sieben Spalten), der durch seine Werke Boris Godunow, Pique Dame, Russalka, Ruslan und Ludmila, Mazeppa und Mawra von größtem Einfluß auf das russische Opemschaffen von Glinka bis Strawinsky gewesen ist.

Daß auch ein solches Werk wie MGG, trotz der Kompetenz und Akribie der einzelnen Fachreferenten und trotz aller Bemühungen der Redaktion eben doch auch nur Menschenwerk ist, erweisen die 16 Spalten Errata am Schluß des Bandes für die Bände I bis X. Dieses Fehlerverzeichnis zeigt aber auch, daß Autoren und Korrektoren, Leser und Kritiker, auch nach Erscheinen der einzelnen Lieferungen, eifrig am Werk waren, um diese größte deutschsprachige Musikenzyklopädie zu einem echten Standardwerk zu machen.

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