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Ein Leben mit Dichtern

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Der Autor: Herbert Günther, 1906 in Berlin geboren, studierte in Berlin und Münch i, war . kurze Zeit Schauspieler und Verlagslektor, dann bis zum Ktjege freier Schriftsteller in Berlin. Aus der Gefangenschaft kehrte er nach München zurück und lebt nun seit 1948 in Paris. Er ist Kritiker, Lyriker, Erzähler und Essayist. Von seinen Veröffentlichungen seien hier nur „Hier schreibt Berlin”, „Magisches Schicksal” und „Glückliche Reise” genannt.

Das Werk: Als durchaus musischer Mensch war Günther von Jugend an der Kunst und vor allem der Dichtung tief verbunden. Er hatte das Glück, auf seinem Lebenswege viele bedeutende Menschen kennenzulerneij, von denen die Dichter natürlicherweise Hn der Mehrzahl waren. Diese Kontakte entsprangen seinem inneren Bedürfnis. Im Vorwort zitiert er einen Ausspruch von Wilhelm von Humboldt: „Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben.” Von solchen Verbindungen Erzählt das Buch. Auf der Drehbühne der Zeit treten immer neue Gestalten vor dem wechselnden landschaftlichen und geistigen Hintergrund auf, die Lebenskreise berühren sich, manchmal bleibt es bei Begegnungen, oft aber entstehen Freundschaften. Eine erstaunlich reiche Ernte an persönlichen Jeziehungen! So ergibt sich eine lange Reihe von Porträts aus dem literarischen Deutschland, denn die Literatur ist ja auch für Günther der geistige Raum seines schöpferischen Lebens. Nur einige der ausführlicher Charakterisierten seien hier genannt: Max Dreyer, Artur Kutscher, Kurt Martens, Bruno Frank, Joachim Ringelnatz, Alfred Wolfenstein, Willy, Seidel, Ernst Lissauer, Margarete Windthorst, der Schauspieler und Dichter Friedrich Kayssler, Max Halbe, Kurt Kluge, Heinrich Wolfgang Seidel, Paul Gurk, Wilhelm v. Scholz, Börries v. Münchhausen, Wilhelm Schmidtbonn und Wilhelm Schäfer. Dazu kommen noch Schauspieler, Maler, Bildhauer, Universitätsprofessoren. Manche werden gleichsam nur in Momentaufnahmen gezeigt, wie etwa die berühmten Gäste und Originale des „Romanischen Cafes” in Berlin. Alles, was Günther erzählt, ist interessant, oft amüsant. Es sind „Mosaikbilder von Stücken miterlebter Kultur- und auch Unkulturgeschichte”. Seinen besonderen Rang und Wert erhält aber dieses Erinnerungsbuch durch die vornehme, humane Gesinnung, in der es geschrieben ist, durch die Achtung vor dem schöpferischen Menschen. „Fragt man mich, warum ich so viele ungleiche Menschen mit gleicher Wärme porträtiere, antworte ich mit Hofmannsthal: .Ich achte so gerne” “ (Vorwort). Günther tat manchen Blick hinter die Kulissen der Drehbühne der Zeit, er verschweigt nicht die Schwächen der berühmten Zeitgenossen, aber er ist stets taktvoll, wohlwollend und bemüht, das Beste an jedem herauszustellen. Keine Spur also von jenen „Enthüllungen”, die manche Memoiren aus unserer Zeit so unerquicklich machen. Wir finden auch viele eingehende und verständnisvolle Würdigungen von Dichtern und Küns’tlern. Darunter sind auch solche, von deren Schicksal und Leistungen der Oeffentlichkeit nur noch wenig bekannt ist, denn „die Toten sterben immer rascher”. Da der Autor seine reiche literarische Korrespondenz und sein Archiv bewahrt hat, konnte er viele aufschlußreiche Briefe und Aufzeichnungen seiner Darstellung einfiigen. Von sich selbst spricht er nicht mehr, als für das Verständnis des biographischen Zusammenhanges unbedingt nötig ist. Dieses schöne, sehr lesenswerte Buch gereicht Günther zur Ehre, denn es zeugt von einer heute schon leider sehr selten gewordenen Hingabe an Literatur und Kunst und einem von geistigen Werten geprägten Dasein. Es ist erfreulich, daß eine Fortsetzung geplant ist.

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