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Hochschulwochen der Besinnung

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In bescheidenerem Rahmen als im Vorjahr — da der Deutsche Akademikerverband diesmal wieder in Bonn tagte — werden zur Zeit die Salzburger Hochschulwochen abgehalten. Alle Wirkung und Repräsentation nach außen scheint diesmal nach innen genommen. Die Atmosphäre aber wird dadurch dichter, intimer. Vor den alten theologischen Werken rings an den Wänden der Kleinen Aula der alten Universität gewinnt das Gesagte noch mehr Leben und Atem der Gegenwart.

„Wir haben die Gewißheit, daß, was hier erarbeitet wird, weit hineinreicht

in den deutschen Raum und Vorstufe ist für die kommende katholische, vor allem deutsche Universität", sagte Erzbischof Dr. Andreas Rohracher als Präsident der Hochschulwochen bei der Eröffnung. Zu 60 Prozent setzen sich die Hörer aus Deutschen zusammen, viel Jugend ist darunter. Man muß längere Zeit in Deutschland gewesen sein, um zu wissen, wie intensiv und sehnsüchtig die Deutschen nach Salzburg sehen, welche Vorliebe sie gerade für österreichische Art und wieviel Achtung sie vor der geistigen Sendung Österreichs haben.

„Gott lebt." Das Motto des Deutschen Katholikentages könnte auch über den Salzburger Hochschulwochen stehen, über „Gottesrecht und Menschengesetz" hielt Prof. Dr. P. Albert Auer O. S. B. die Hauptvorlesung. Die Hörerschaft stand im Bann seines prononcierten Sprechens, war beeindruckt von der Wucht seiner Persönlichkeit. „Not lehrt beten", sagte Professor Auer, „geistige Not lehrt heute philosophische Grundsätze nicht mehr als überflüssigen Luxus abtun. Nur vom ontologischen Ansatz her läßt sich die Welt als ideales Ordnungsgefüge, wenn je in Unordnung geraten, wieder in Ordnung bringen."

Wahrlich nicht in den „luftleeren, wirklichkeitsfremden Raum der Kathederbetrachtung" stellte Auer seine Thesen über das Naturrecht. Der zeitgeschichtliche Hintergrund wurde ebenso lebendig wie die Härte des Ansatzes fühlbar. (Wer sind denn die, die so leichthin sagen können, die Welt sei ein Kosmos? Ob sie je ein Erdbeben in ihrer Seele erlebt, ob sie je vor dem Nichts

gestanden haben?) Dennoch: Die Welt ist ein Kosmos, und dem Menschen ist das Gesetz in die Brust gegeben. Das Naturrecht ist heute zum Katalysator, zum Virus geworden, der die Geister scheidet. Ich kann mich heute nur mehr zum Naturrecht bekennen — oder ich muß es ablehnen.

„Wir müssen schauen, daß wir wieder auf den gewachsenen Felsen kommen." Der Felsen ist das Naturrecht. Auf der Liebe läßt sich nicht Gesellschaft bauen. Der Positivismus ist die Brandung, die sich am Felsen bricht. Es gibt nur ein Recht, das mit dem Naturrecht in Ein

klang steht, sagt der Christ. „Recht ist Ergebnis der Politik, nicht ist Politik Ergebnis des Rechtes", sagt der Positivist. Und darüber geht der Mensch zugrunde. Der Mensch, der kein Es ist. Er geht zugrunde in der Politik, in der Wirtschaft.

Doch auch hier heißt es die ganze Schwierigkeit sehen, wenn wir etwa eine Lösung der Eigentumsfrage anstreben. So wenig ich einen Hochofen abblasen kann, weil Sonntag ist, so wenig kann jemand die Zusammenballung der Produktionsmittel hintanhalten, weil dies dem alten Eigentums- und Wirtschaftsbegriff widerspricht. Nicht weil Wirtschaft Großraumwirtschaft ist, wird sie zum Tyrannen, sondern weil in ihr der Wurm nagt, das widernaturrechtliche Gebaren. Die Wirtschaft muß sich darüber klarwerden, daß sie nicht zu herrschen, sondern zu dienen hat.

Um das christlich-soziale Verhalten und das Verantwortungsbewußtsein gegenüber den politischen Aufgaben ging es Prof. Dr. Friedrich Glum, München, in seinen sehr hellsichtigen Vorlesungen über „die Grund- und Wirkkräfte der staatlichen Ordnung in den einzelnen Länder n", und in einem Schlußvortrag, mit dem er das Fazit zog: Der Mensch muß sich wieder als Mensch empfinden lernen, nicht als Angehöriger eines Verbandes. Wir müssen aus der Demokratie etwas Lebendiges machen, und man sollte auch in Deutschland das erreichen, was die Schweizer und Amerikaner erreicht haben: daß es keine Klassengegensätze mehr gibt. Die Jugend muß ermutigt werden, in die Politik hineinzugehen, sie hat alle Chancen in der Hand,

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