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Die WUhelmstrafie In Frieden und Krieg. Erlebnisse, Begegnungen nnd Eindrücke 1928 bis 1945. Von Erich Kordt. Union Deutsche VerlagsgeseHschaft, Stuttgart 441 Seiten

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Die WUhelmstrafie In Frieden und Krieg. Erlebnisse, Begegnungen nnd Eindrücke 1928 bis 1945. Von Erich Kordt. Union Deutsche VerlagsgeseHschaft, Stuttgart 441 Seiten

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Erich Kordt gab vor über Jahresfrist in dem Standardwerk .Wahn und Wirklichkeit“, das in Deutschland die größte Verbreitung der Nachkriegszeit fand, eine erste knappe sachliche Darstellung der deutschen Außenpolitik des Dritten Reiches. Niemand war dazu befähigter als dieser junge Diplomat, der nach mannigfachen Außenstationen durch Jahre das Ministerbüro Ribbentrops leitete und später als letzter Gesandter in China tätig war. Sein neues Buch ist ein persönliches Erinnerungswerk, in dem er in das politische und menschliche Geschehen um ihn Einblick gibt und zum erstenmal auch versucht, die damalige Atmosphäre, die Spannungen, Fehler und Unzulänglichkeiten aller Beteiligten gerecht abzuwiegen.

Erich Kordt und sein Bruder Theo gehörten zu jener Gruppe um Weizsäcker, die als deutsche Opposition in bewußtem Beharren in den Positionen des Staates versuchten, den Irrwahn der Ribbentropschen Außenpolitik zu steuern und den Frieden zu retten. Die Leidensstationen, die packenden Erlebnisse umschließen die Ereignisse, die seit dem Jahre 1933 von außenpolitischer Bedeutung waren. Es zeigt sich klar, daß trotz der Anstrengungen einer Gruppe verantwortlicher Männer, und Kordt konnte auch auf der englischen Seite über eine Reihe von Männern des guten Willens verfügen, wie etwa Con-well Evans, der noch 1940 brauchbare Friedenspläne spann, die Verblendung der übrigen einfach jede vernünftige Entwicklung verhinderte. Auf der einen Seite war Ribben-trop, sein maßloser Ehrgeiz, die unermeßliche Kurzsichtigkeit seiner Politik; auf der anderen Seite konnten sich die Staatsmänner det Westens nie zu einer konstruktiven Friedensidee, die 1940 noch Aussicht auf ein inner-politisches Echo in Deutschland gehabt hätte, durchringen. Deshalb sind die Auseinandersetzungen und Gespräche mit dem von Kordt persönlich hochgeschätzten Lord Vansittart nicht ohne eine gewisse Bitterkeit geschildert unter Berücksichtigung der später in Nürnberg zutage getretenen, sehr merkwürdigen Ableu gnungstaktik Vansittarts im Wilhelmstraßen-Prozeß.

Der Historiker findet in dem Werk unendlich viel Material. Glanzstücke sind vor allem die erstmaligen Schilderungen der Konferenzen im Jahre 1939 im Kreml. Wir erfahren auch zum erstenmal genaue Details über die Staatsstreichpläne vor München und den Beginn der Offensive, wobei Kordt sich nicht scheut, auch selbst die Unzulänglichkeiten, Fehler und verpaßten Gelegenheiten seiner Freunde schonungslos darzulegen. Der letztmalige Versuch, der von Tokio ausging, ein Gespräch zwischen Moskau und Berlin zwecks Abschluß eines Sonderfriedens zustande zu bringen, wird hier durch einen historisch einwandfreien Zeugen beglaubigt, wie überhaupt das an sich schmale Kapitel seiner Tätigkeit in Tokio und China ganz neue und unbekannte Einzelheiten enthüllt.

Kordts Werk ist stilistisch eines der besten Erinnerungsbücher, das wesentlich die Begriffsverwirrung, die heute schon ' in der Schuldfrage der Katastrophe entstanden ist, zu klären vermag.

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