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Böhmens großer Kondottiere

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Vor fünfundzwanzig Jahren ist Josef Pekar tiefgründiges, mit gewissenhafter Objektivität verfaßtes Werk.iüber Wallptis.tejn in deujftche& Ufjber- setzung erschienen. Seither fehlt den Legenden um den Friedländer, die von einer deutsch-nationalistischen, dem Hause Oesterreich feindlichen Historiographie in Umlauf gesetzt worden sind, jede ernst zu nehmende Grundlage. Das künstlich erzeugte Problem Wallenstein ist gelöst; zumindest soweit gelöst, als es überhaupt möglich ist, die innersten Vorgänge in der Seele eines Menschen aus seinem Tun zu erkennen. Der böhmische Kondottiere war ein Verräter; und er übte Verrat aus Motiven, zu denen uns die Diktaturen unserer Tage an Anschaulichkeit nicht zu übertreffende Illustrationen geliefert haben. Für ihn, genau wie dreihundert Jahre später für den deutschen „Führer", war jedes, auch das verwerflichste Mittel „rechtens“, das geeignet schien, seine Ruhmessucht und seinen unbegrenzten persönlichen Machthunger zu befriedigen; und seine Beteuerungen einer Sehnsucht nach Frieden und Freundschaft waren nicht anders gedacht, als heute der reichliche Gebrauch dieser Worte durch die kommunistische Despotie, zu dem Zweck, Gegner und in Aussicht genommene Opfer in Sicherheit zu wiegen und so um so sicherer zu vernichten. Darüber besteht seit den Veröffentlichungen Pekaf’ und anderer Forscher volle Klarheit, ebenso wie über die besonderen Umstände ÜfÄ Einflüsse, die den Friedländer aus der geraden Bahn geworfen und einem unheilvollen Schicksal zugeführt haben. Das uns bekannte Bild des großen Verschwörers weist kaum noch Stellen auf, die einer weiteren Beleuchtung bedürften. Trotzdem ist das hier vorliegende Buch keineswegs bloß irgendein Beitrag zu der überaus reichlichen Wallenstein-Literatur. Gestützt auf eine gründliche Kenntnis der Quellen und eigene archivalische Arbeiten hat Georg Wagner sich die Aufgabe gestellt, auch den Hintergrund des Bildes, die - politischen Zusammenhänge jener Zeit und die wichtigsten Akteure im Drama, in dessen Mittelpunkt der Herzog von Friedland stand, deutlich sichtbar und plastisch zu gestalten. Diese Aufgabe, erschwert durch den eng- gezogenen Rahmen eines schmalen Bandes, ist ihm ausgezeichnet gelungen. Mit dem Erscheinen dieses Werkes, dessen Wert durch die Beigabe zeitgenössischer Briefe und Dokumente, vieler ausführlicher Anmerkungen und einer Zeittafel erhöht wird, hat die „Oesterreichisch-Reihe" eine besonders dankenswerte Bereicherung erfahren.

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