Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Das Vermächtnis der Gefallenen
Wen diese Zahlen noch nicht erschüttern, dem könnte man noch etwas erzählen. Der zweite Weltkrieg wurde von beiden Seiten mit der Motivierung geführt: „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben!“ Tatsächlich fielen aber gerade die jungen Jahrgänge bis zu 50 Prozent dem Krieg zum Opfer, und die Überlebenden hatten einen sehr schweren Start ins Leben in der harten Nachkriegszeit. Mit dem Geld, das der zweite Weltkrieg auf beiden Seiten gekostet hat, könnte man zehn Jahrgängen aller jungen Erdenbewohner, also allen heiratsfähigen Jugendlichen, die derzeit 20 bis 30 Jahre alt sind, am Hochzeitstag ein Einfamilienhaus knmt)lett eingerichtet, zum Geschenk machen. Das etwa ist der Gegenwert aller Ausgaben im zweiten Weltkrieg. Diese nüchterne Feststellung widerlegt wohl sehr drastisch die Auffassung, ein Krieg könne einem Volk irgendeinen dauerhaften Vorteil bringen.
Auf dem Fundament der Bergpredigt
Auf jenen, die überlebten, lastet als Vermächtnis der Gefallenen die Verpflichtung, solche Erkenntnisse besonders der Jugend zu vermitteln, damit es nicht noch einmal zu einer Entwicklung kommt, die höchste Werte und Güter des Lebens schamlos vernichtet, den einzelnen vergewaltigt und zwingt, das zu tun, was seinem innersten Gewissen widerspricht oder was Herz und Vernunft nicht zu billigen vermögen.
Hochmut, Herrenmenschentum, Haß- und Gewaltpropaganda führen zum Krieg und damit zu schrecklichen Verlusten an Menschenleben, an geistig-seelischen Werten und an materiellen Gütern. Das Gegenteil vom Herrenmenschentum ist die Nächstenliebe, das Gegenteil von Haß die Feindesliebe. 20 Jahre lang bewahrheitet sich nun schon die einsichtsvolle Prophezeiung Trumans, „ein wirklicher Friede werde nur auf dem Fundament der Bergpredigt Christi aufgebaut werden können“. Soll der verängstigten und so sehnlich einen wahren, ehrlichen Frieden erhoffenden Menschheit eine dritte Tragödie erspart bleiben, dann müßte dieser Erkenntnis bald die Tat folgen, das tägliche Bemühen möglichst vieler um persönliche Verwirklichung des christlichen Grundsatzes: „Was du nicht willst, das man dir tu', das füg auch keinem andern zu!“ (Schluß)
1 Walter Görlitz, .Ich stehe hier auf Befehl “ Verlag für Wchrwesen, Bernard & Graefe. Frankfurt am Main, 1960. Seite 263.
2 Joachim Wieder, „Stalingrad und die Verantwortung des Soldaten.“ Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, München, 1962. Seite 251—253.
3 Alle Berichte, über den Wiederaufbau von Stalingrad wurden aus der Zeitschrift ,.Sowjetunion heute“ übernommen. Globusverlag, Wien, 9. Jahrgang. Heft 5 (385) vom 3. Februar 1963.
Nachtrag zur 3. Fortsetzung: Das Eingeständnil Hitlers, er trage die Verantwortung für Stalingrad, ist abge-lruckr bei: Erich v. Mansiein, „Verlorene Siege“. Bonn, 1955. Seite 395.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!